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Markus Breitenecker, Geschäftsführer von ProSiebenSat.1-Puls 4, richtet sich gegen eine Gebührenerhöhung des ORF.

Redaktion 29.11.2016

ORF: Privatsender munitionieren gegen Gebührenanpassung auf

Der Auftrag sei ungenügend erfüllt; zu hohe Ausgaben für internationale Sport- und Programmrechte.

WIEN. Die österreichischen Privatsender haben sich am Dienstag erneut und mit Nachdruck gegen eine Erhöhung der ORF-Gebühren ausgesprochen. Untermauert wurde dies mit jeder Menge Zahlenmaterial. Zentrale Botschaft des Verbands Österreichischer Privatsender: Der ORF brauche nicht mehr Gebühren, sondern sollte intelligent sparen - vor allem bei Programmrechten für Film- und Serienware sowie Sport.

"Wir streiten ab, dass es eine Finanzlücke gibt", so Markus Breitenecker, Geschäftsführer von ProSiebenSat.1-Puls 4. Er ortet "gehörige Einsparungspotenziale" im Rechtebereich. Der ORF kaufe im Fiction-Sektor "praktisch alle Rechte vom Markt", beim Sport sei es europaweit sehr unüblich, dass der Öffentlich-rechtliche des Landes fast alle Premium-Events auf sich vereine. Man wolle dem ORF nicht verbieten, Hollywood-Produktionen oder hochkarätigen Sport zu zeigen - aber mit Augenmaß, so Breitenecker. Er ist der Meinung, dass sich für den ORF sogar eine Gebührensenkung locker ausginge, wenn er denn nur die richtigen Schwerpunkte setzte.

Unternehmensberater Alexander Zuser sieht nach dem Studium des Finanzplans 2016 bis 2020 (wie ihn der frühere kaufmännische Direktor Richard Grasl bei seiner Bewerbung einreichte) auch ein paar offene Fragen. Die jährlichen Gehaltssteigerungen seien zu hoch angesetzt, die Finanzerträge etwa aus Kapitel oder Beteiligungen zu niedrig.

Der VÖP hat zudem die Programmkosten je nach Sparte geschätzt und festgestellt, dass diesen Berechnungen zufolge das Sport-Programm am absolut teuersten sei, "Information mit Abstand am günstigsten", so Zuser. Kultur sei "teurer, aber immer noch günstiger als Unterhaltung". Fazit: Würde sich der ORF programmmäßig mehr in Richtung Information und Kultur orientieren, könnte er praktisch automatisch sparen und außerdem noch sein Profil als öffentlich-rechtlicher Sender schärfen.

Damit ist es nach Ansicht der Privatsender nämlich auch nicht mehr sehr weit her. Ein Vergleich der ORF-Jahresberichte 2005 bis 2015 habe ergeben, dass die Ausgewogenheit des Programms "zugunsten von Unterhaltung rückläufig" bzw. überhaupt "nicht vorhanden" sei, so Breitenecker. "Anspruchsvolles Programm" im Hauptabend - eine Vorgabe des ORF-Gesetzes - gebe es gerade einmal zu 36%. Und in den ORF-Radios sei die "Dosierung des Public Value, wie man sie in der Homöopathie gewohnt ist", sagte Ernst Swoboda, VÖP-Vorsitzender und KroneHit-Chef. Dass Ö1 den öffentlich-rechtlichen Auftrag erfülle, stehe außer Streit; doch über alle Sender betrachtet, seien "drei Viertel des Programms Unterhaltung".

Beim ORF-Publikum übrigens komme dieser Kurs immer schlechter an, schließt der VÖP aus ORF-Umfragen. Die jüngeren Altersgruppen würden immer unzufriedener, und der ORF laufe Gefahr, austauschbar und damit verzichtbar zu werden.

Das alles will man nun in einem Schreiben an die ORF-Stiftungsräte darlegen, die schließlich das Interesse der "Begünstigten" der Stiftung ORF - nämlich der Bevölkerung - wahrnehmen müssten, wie Swoboda betonte. Zudem versicherte VÖP-Geschäftsführerin Corinna Drumm: "Das ist keine Kritik am ORF. Zielgruppe ist die Politik." Diese müsse andere Rahmenbedingungen schaffen, um Auftrag und Finanzierung des ORF zeitgemäß zu gestalten. (APA)

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