••• Von Dinko Fejzuli und Sascha Harold
Fragt man Corinna Drumm, Geschäftsführerin des Verbands Österreichischer Privatsender (VÖP), nach ihrem Resümee zur Medienenquete vor wenigen Wochen, wird schnell klar: Die Zeichen der Zeit stehen auf partnerschaftlicher Kooperation zwischen privaten Medien und einem klarer fokussierten ORF.
„Bei der Enquete gab es breiten Konsens, dass das öffentlich-rechtliche System erhalten werden soll, gleichzeitig aber erheblicher Änderungsbedarf besteht. Die Strukturen im Markt müssen so verändert werden, dass echte Kooperation im Sinne einer gleichberechtigten Partnerschaft möglich wird.”
Für Drumm kann diese Zielsetzung insbesondere durch zwei wesentliche Maßnahmen erreicht werden: „Einerseits bedeutet dies eine Rückbesinnung des ORF auf die Kernwerte seines Auftrags: Jedes einzelne ORF-Angebot muss unzweifelhaft öffentlich-rechtlichen Charakter haben und klare Schwerpunkte auf Österreich und Eigenproduktionen legen. Andererseits wurde bei der Enquete auch klar, dass Digitalprojekte in Zukunft stärker gefördert werden müssen: Damit Österreichs Medien im globalen Medienmarkt wettbewerbsfähig bleiben, müssen nicht nur die Rahmenbedingungen für globale Anbieter geändert werden, sondern die Kräfte österreichischer Anbieter müssen durch öffentliche Mittel gestärkt werden.”
Positive Politik-Impulse
Drumm erhofft sich vor allem vom Medienminister Gernot Blümel positive Impulse für die österreichische Medienpolitik: „Der Medienminister hört wirklich zu und ist an nachhaltigen Lösungen interessiert. Die Lösungen sind noch nicht da, aber ich erkenne sein sehr ernsthaftes Bemühen um den Medienstandort”, führt Drumm aus.
Auf Österreich bezogen, ortet sie Probleme vor allem im Verhältnis zwischen dem ORF und den Privatsendern. „Ich glaube, dass die Medienpolitik in Österreich über Jahrzehnte in die falsche Richtung zielte, und das sieht man an der Marktdominanz des ORF in allen Märkten, in denen er tätig ist”, so die VÖP- Geschäftsführerin weiter.
Gerade in den massenattraktiven Segmenten dürfe der ORF nicht in Konkurrenz zu den Privaten stehen.
Weg von den Werbeerlösen
Genau hier sieht Drumm ein grundlegendes Problem: „Die Abhängigkeit des ORF von den Werbeerlösen führt zu einem Zielkonflikt mit seinem öffentlich-rechtlichen Auftrag. Hier braucht es eine neue Weichenstellung für den ORF.”
Wie die Alternative zur derzeitigen Finanzierung konkret aussehen soll, lässt Drumm bewusst offen – sie habe bei der Wahl zwischen Haushaltsabgabe, Budgetfinanzierung oder einer anderen Alternative keine spezielle Präferenz. „Zunächst muss man sich die Frage stellen, was der ORF eigentlich machen soll und was nicht. Die zweite Frage ist dann, was das kosten darf, und erst die dritte Frage, wo das Geld dafür herkommt.”
Ein Vorschlag, den sie unterstützt, wäre etwa die Einrichtung eines unabhängigen Expertengremiums, das den Budgetvorschlag des Generaldirektors prüft und anschließend eine Empfehlung an die entsprechende politisch verantwortliche Instanz abgibt. Erst durch so einen zweistufigen Genehmigungsprozess, so Drumm, könne man zu sauberen und transparenten Zahlen kommen.
Host-Provider-Privileg
Angesichts einer zunehmend angespannten Situation im internationalen Medienmarkt sei es aber ohnehin wünschenswert, dass der Konkurrenzgedanke zwischen Privatsendern und ORF in den Hintergrund tritt. Vielmehr sollte der ORF, dem bereits von Medienminister Blümel geäußerten Gedanken folgend, den Auftrag erhalten, den gesamten Medienstandort zu fördern.
Gerade der Verlust von Werbegeldern, die aus Österreich an große internationale Player wie Google oder Facebook abfließen, wird für heimische Medienunternehmen zunehmend zum Problem. Ein Grund, warum dagegen auf europäischer Ebene noch wenig dagegen getan wird, ist unter anderem das Host-Provider-Privileg. „Doch diese Unternehmen sind keine reinen Host-Provider-Plattformen mehr, sie müssen als Tech-Publisher, also als Medien, betrachtet werden, denn sie erfüllen so gut wie alle Voraussetzungen. Daher müssen sie auch gleichen Spielregeln unterworfen werden wie die anderen Spieler am Medienmarkt.”
Gegen Fake News & Co.
Gerade wegen Phänomenen wie Filterblasen, Fake News oder wegen automatisierter Algorithmen wird vielfach argumentiert, diese Plattformen als Medienunternehmen zu klassifizieren – auch weil das sogenannte Host-Provider-Privileg strengere Regeln in Bezug auf die gehosteten Inhalte verhindert. Drumm zeigt sich überzeugt: „Wir werden smarte und effektive Instrumente für die Regulierung dieser neuen Plattformen brauchen – man muss diese wesentlich stärker in die Verantwortung nehmen, weil sie in der Lage sind, die europäische Demokratie zu zersetzen.”
Auf EU-Ebene ist derzeit noch kein Konsens über die Besteuerung digitaler Konzerne absehbar. Den Vorschlag der EU-Kommission, auf Digitalumsätze eine dreiprozentige Umsatzsteuer einzuführen, begrüßt Drumm und fordert eine Umsetzung auf Ebene der Mitgliedsstaaten, wenn eine europäische Einigung nicht möglich ist. „Generell gilt: Einer europäischen Lösung ist der Vorzug zu geben.