MARKETING & MEDIA
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Redaktion 22.04.2022

Same procedure as last year

Im Focus.xpert-Ranking der Media-Agenturen gibt es im Vergleich zum Vorjahr kaum Veränderungen.

••• Von Britta Biron

 WIEN. Die Reihenfolge im Focus.xpert-Ranking der Media-Agenturen ist exakt die selbe wie 2020. Geändert haben sich die Summen der Bruttoumsatzspendings – die sind durch die Bank gestiegen. Insgesamt war das zweite Coronajahr für die Media-Agenturen also gut. Über die Details und Erfolgsfaktoren sowie die aktuellen und künftigen Herausforderungen und Trends hat medianet mit Dentsu Austria-Geschäftsführer Jakob Schönherr gesprochen.

medianet: Zuerst einmal: Gratulation. Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung?
Jakob Schönherr: Sehr viel, weil sie erneut die hervorragende Arbeit des Teams und den dazugehörigen Spirit des letzten Jahres unterstreicht. Das andere sind natürlich unsere tollen Kunden, die auf unsere Expertise vertrauen, und davon haben wir, wie diese Auszeichnung zeigt, eine Menge.

medianet:
Wie wichtig sind Preise, sowohl für das Image als auch in wirtschaftlicher Hinsicht?
Schönherr: Sie unterstreichen die Merkmale einer Agentur, sowohl nach intern, als nach extern – damit gewinnen wir zwar keine Pitches oder Mitarbeiter, aber sie können in entscheidenden Situationen den ausschlaggebenden Unterschied ausmachen.

medianet:
Woraus resultiert das Plus bei den Spendings? Aus höheren Werbeaktivitäten bestehender Kunden oder dem Neukundengeschäft?
Schönherr: Beides zu gleichen Teilen. Wir konnten einerseits, trotz des zweiten Jahrs der Pandemie, einen Aufholeffekt bei den Bestandskunden verzeichnen, und andererseits ist auch das Pitchjahr gut für uns verlaufen.

medianet:
Wie im Speziellen?
Schönherr: Als großen Namen dürfen wir besonders Ferrero als neuen Kunden begrüßen, ebenso haben wir die Reed Messe, PSA und die Kering Group überzeugen können. Sehr wichtig war natürlich auch die Verteidigung unserer großen Bestandskunden, wie z.B. die Österreichischen Lotterien, Verbund oder das Bundesministerium für Landesverteidigung.

medianet: Gab es bei der Aufteilung der Spendings nach Kanälen besondere Verschiebungen, und mit welcher Entwicklung rechnen Sie für heuer?
Schönherr: Vor allem TV, Radio und das digitale Business haben sich positiv entwickelt – bei Radio gab es sogar zweistellige Prozentzuwächse. Im selben Maße bestätigt sich auch der seit Jahren anhaltende Abwärtstrend für Print. Für heuer erwarte ich im Grunde die Fortsetzung der Tendenzen der letzten Jahre. Spannend wird der TV-Markt sein; hier sind zuletzt die CPPs aufgrund einiger Preisanpassungen und Reichweiten-Schwankungen in eine für die Kunden negative Richtung gegangen. Noch reagiert der Markt darauf kaum, aber ich würde nicht unterschreiben, dass sich das das Jahr über durchzieht.

medianet:
Wodurch hat sich Ihrer Einschätzung nach das zweite vom ersten Coronajahr unterschieden?
Schönherr: 2020 war ein Schock und geprägt von hoher Volatilität in den Marketingbudgets, was speziell für Media-Agenturen viel Aufwand bedeutet. 2021 ist eine gewisse Normalität in unnormale Zeiten eingekehrt, und gerade das Digitalgeschäft hat gute Zuwächse verzeichnet – weniger in den Spendings auf unserer Seite, sondern mehr in unseren Beratungsleistungen.Dieses Feld zählt gerade durch unserer Tochter Merkle zu unseren Paradedisziplinen.

medianet:
Welche Trends werden in der Werbebranche 2022 und in den nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen?
Schönherr: Nachdem die Medienlandschaft weiterhin mit Reichweitenverlusten und Inflation kämpft, sehen wir einen starken Trend zur Weiterentwicklung des Mediamixes. Der Fokus auf Aufmerksamkeit statt Reichweite lässt neue Gewichtungen und neue Kanäle an Relevanz gewinnen. Gaming ist etwa ein neu entstehendes Spielfeld, das wir mitgestalten möchten.

Aber auch die Customer Journey befindet sich gerade in einem spannenden Wandel in der breiten Masse: Beschleunigt durch die Pandemie, erobern E-Commerce und das D2C-Business jetzt auch bisher noch stark offline-getriebene Branchen. Das digitale Kauferlebnis stellt Kommunikation dabei vor neue Aufgabenstellungen, wie etwa den kontinuierlichen Beziehungsausbau statt des Kaufimpulses vor dem Regal.

medianet: Welches Thema spielt beim E-Commerce noch eine wichtige Rolle?
Schönherr: Mit dem Shift ins Digitale drängt sich natürlich auch Cookieless Future auf. Die kommenden Jahre werden stark entscheiden, wie wir in Zukunft mit Daten und den Menschen hinter den Datenpunkten umgehen. Ich sehe es als die Gelegenheit, das Vertrauen zwischen Marken und Verbraucherinnen und Verbrauchern rund um Daten und ihren Mehrwert in beide Richtungen wieder aufzubauen.

medianet:
Was ist für heuer Dentsu Austrias größtes Ziel?
Schönherr: Die Integration unserer drei Teilbereiche (Media, Creative und CXM). Dass Media nicht alleine Marketing macht, ist klar, doch wir schreiben eben die Zwanziger, und da ist es auch mit guter Kreation nicht getan. Kunden brauchen heute möglichst nahe 1:1 Zielgruppenkommunikation, bestmöglich personalisiert über Daten. Das war lange Wunschdenken, doch wir können das als einziger Player in Österreich jetzt wirklich ganzheitlich anbieten.

medianet:
Hat sich Ihre Einschätzung des heurigen Geschäftsverlaufs seit dem Beginn des Ukrainekriegs geändert bzw. rechnen Sie mit negativen Auswirkungen?
Schönherr: Bisher haben sich unsere Ziele nicht geändert – Österreich ist langsam, und wir sind durch Corona sicherlich auch etwas ‚krisenabgestumpft'. Einen direkten Impact erwarte ich nicht, die offene ­Frage ist, wie sich der Krieg bzw. die Sanktionen auf die Welt und speziell auf Europa auswirken wird. Hier kann alles passieren, und ich würde mir derzeit keine Prognose abzugeben trauen.

medianet:
Viele Unternehmen haben in ihrer Kommunikation auf den Ukrainekrieg reagiert, nicht immer erfolgreich. Ist ein Krieg überhaupt ein Thema, das man in der Werbung aufgreifen sollte?
Schönherr: Marken haben auch eine gesellschaftliche Verantwortung zu tragen. Tagespolitik spielt da natürlich keine Rolle, aber ein Krieg, der unser westeuropäisches Sicherheitsverständnis in Mark und Bein erschüttert hat, muss sich in der Kommunikation widerspiegeln. Wenn Werbung als bunte Bilder verstanden wird, dann passt das schwer zusammen. Wenn Werbung als Kommunikation begriffen wird, dann muss es Facetten geben, die das Thema aufgreifen und zeigen, wo das Unternehmen steht.

medianet:
Kommen wir abschließend zu einem anderen ‚Krieg', nämlich dem War for Talents. Längst sind nicht mehr nur IT-Spezialisten knapp, sondern Fachkräfte in vielen anderen Bereichen, auch in der Werbe- und Kommunikationsbranche. Wie leicht oder schwer fällt es Dentsu Austria generell, offene Stellen zu besetzen bzw. mit welchen Strategien und Konzepten sorgen Sie dafür, dass das Unternehmen als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen wird?
Schönherr: Es dreht sich wie in jeder Beziehung (und auch ein Arbeitsverhältnis ist eine solche) um Respekt. Das Problem betrifft nicht nur die Werbebranche, aber eben auch, weil es jahrzehntelang Usus war, die Leute auszubeuten und sie als Ausgleich an einer Scheinwelt teilhaben zu lassen. Respekt in der Arbeit heißt für mich Kommunikation auf Augenhöhe, Probleme ernst nehmen und vor allem ein Angebot schaffen, das Feuer entfacht. Bei den Youngsters ist das unser Traineeprogramm, welches wir jetzt in Kooperation mit der FH St. Pölten neu launchen werden und von Beginn an die Möglichkeit bieten, mit einem erfahrenen Team an den ganz großen Projekten und Kunden zu arbeiten.

Im Seniorbereich ist es noch stärker die visionsgetriebene Aufgabe an sich, die die Menschen zu uns bringt – wir denken bei Dentsu Kommunikation anders und das spricht sich herum. Wenn ich Kandidaten treffe, dann nicht wegen einer Position, sondern wegen der Person, also sie oder ihn als ‚Typen'. Denkt man in die gleiche Richtung? Will man an dem Projekt ‚Dentsu' mitarbeiten und es mitgestalten? Und, ganz wichtig: Bringt die Person eine neue Facette in das Team? Diversität zahlt sich nämlich definitiv aus. Damit bekommt man ein gutes Team und ein solches haben wir.

Zur medianet X night 2022 TV-Show: https://tv.medianet.at/video/xnight-22-die-besten-agenturen-osterreichs

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