••• Von Dinko Fejzuli
WIEN. Am Mittwoch, den 4. August 2021, erreichte die heimische Medienbranche die traurige Nachricht vom plötzlichen Ableben des Kronehit-Geschäftsführers Ernst Swoboda. Er verstarb nach längerem Leiden im Alter von 62 Jahren. Swoboda führte den Sender ab 2004 und war federführend für die Erfolgsstory des bis vor Kurzem einzigen bundesweiten Privat-Radiosenders. Die Agenden von Ernst Swoboda übernimmt Prokurist Mario Frühauf. In einer Mitteilung des Senders hieß es: „Unsere Zusammenarbeit war stets von Vertrauen, Respekt und Freundlichkeit geprägt. Es ist eine große Ehre, dass Ernst Swoboda mich als seinen Nachfolger vorgeschlagen hat, ich werde den Sender in seinem Sinne weiterführen.”
medianet bat nun den neuen Kronehit-Geschäftsführer zu einem ersten Interview.
medianet: Herr Frühauf, Sie haben nach dem Tod des langjährigen und sehr erfolgreichen Geschäftsführers Ernst Swoboda nun dessen Agenden übernommen und angekündigt, den Sender in seinem Sinne weiter-zuführen. Was genau meinen Sie damit?
Mario Frühauf: Dr. Swoboda hat stets die Interessen des Unternehmens vertreten, ohne dabei verbrannte Erde zu hinterlassen. Innerhalb des Unternehmens waren Respekt, Freundlichkeit und Unterstützung keine leeren Worthülsen, sondern gelebter Alltag. Diese Kombination habe ich immer sehr geschätzt und in diesem Sinne möchte ich das Unternehmen auch weiterführen.
medianet: Trotzdem hat der Neue auch immer neue Ideen – welche dürfen wir von Ihnen erwarten?
Frühauf: Wir sind sehr gut aufgestellt und haben in allen Abteilungen die führenden Köpfe in unseren Reihen. Seit Jahren setzen wir die Standards in der Branche. Das Mediennutzungsverhalten hat sich verändert, wird sich weiter verändern und an Dynamik zulegen, darauf müssen wir uns gut vorbereiten und rechtzeitig Maßnahmen ergreifen. Dazu habe ich diverse Ideen und Vorstellungen, die wir im Zuge eines internen Strategieprozesses jetzt aufarbeiten und in Umsetzung bringen werden.
medianet: Kronehit ist ein Sender, für den es in den vergangenen zehn Jahren nur eine Richtung gab – aufwärts. Nun haben sich die Zahlen – wenn auch zugegebenermaßen auf hohem Niveau – in Wahrheit etwas eingependelt. An welchen Kennzahlen kann man den Erfolg von einem Sender, wie es Kronehit ist, derzeit messen?
Frühauf: An erster Stelle stehen die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen. Diese wiederum stehen auch in Abhängigkeit zu den ausgewiesenen Reichweiten und Marktanteilen laut Radiotest. Da stoßen wir gleich auf ein massives Problem: Der Radiotest war fast ein Vierteljahrhundert die Reichweitenerhebung der österreichischen Radiosender und lieferte eine in vielerlei Hinsicht starke, verlässliche ‚Währung'. Allerdings hat sich seit etlichen Jahren ein immer stärker werdendes Problem entwickelt: Eine immer größere und insgesamt sehr erhebliche Gruppe von Menschen erreicht man heute nicht mehr mit einer ausschließlich telefonisch geführten Erhebung. Immer mehr Menschen sind einfach grundsätzlich nicht bereit, ein fast halbstündiges Telefoninterview zu geben, schon gar nicht zu so etwas, aus ihrer Sicht, Belanglosem wie ihrer Radionutzung.
Diese Verweigerung zieht sich über alle Altersgruppen, wird aber immer stärker, je jünger die Respondenten sind. Das hat mit vielen Gründen zu tun, von mangelnder Zeit, über die prinzipielle Ablehnung langer Telefongespräche als nicht mehr zum Lifestyle passend – viele junge Menschen telefonieren heute fast gar nicht mehr. Der Trend in der Marktforschung geht sehr deutlich in Richtung Onlinebefragung. Es ist meiner Ansicht nach unbedingt nötig, dass der Radiotest auf einen Methodenmix aus Telefon und Onlineinterviews umgestellt wird – nur so ist es möglich, ein genaues Bild der Radionutzung zu liefern. Mein diesbezüglicher Vorschlag lautet 30% Web- und 70% Telefoninterviews im Jahr 2022, in weiterer Folge erhöht sich der Webanteil pro Jahr um zehn Prozentpunkte, sodass wir ab dem Jahr 2024 ein ausgewogenes Verhältnis haben. Die Webinterviews sollten im genannten Zeitraum ausschließlich in der Zielgruppe bis 49 Jahren Verwendung finden, Personen über 50 Jahre sind nach wie vor in ausreichender Anzahl für Telefoninterviews erreichbar.
medianet: Lange war Kronehit der einzige bundesweite Privatsender am Markt. Nun gibt es mit Radio Austria seit fast zwei Jahren einen direkten Mitbewerber. Wie hat sich dessen Markteintritt auf Ihr Haus ausgewirkt?
Frühauf: Radio Austria unterscheidet sich von seiner Ausrichtung sehr deutlich von Kronehit, sowohl bei den Hörerinnen und Hörern, als auch am Werbemarkt stelle ich bis dato keine Auswirkungen fest.
medianet: Erwarten Sie den Eintritt weiterer Konkurrenten?
Frühauf: Bezogen auf Privatradios, bin ich mir sicher, dass es im Markt konkrete Überlegungen bzw. Bemühungen gibt. Angst davor habe ich nicht, eventuell ergeben sich dann auch Synergien und Interessenskoalitionen.
medianet: Kommen wir zum Thema Digitalisierung. Hier setzt Kronehit auf zum Teil zeitlich bezogene Themen- und Eventsender. Wie hat sich diese Sparte entwickelt und welchen Beitrag zum Gesamterlös des Hauses bringen diese Tätigkeiten?
Frühauf: Ein Vorteil der digitalen Ausspielung liegt darin, dass wir minutengenau messen können, wie unsere Programme angenommen und genutzt werden. In den letzten zwölf Monaten ist die Reichweite im Streaming um 33% gestiegen. Ein wichtiger Teil davon ist unsere kronehit smart App, die erste Radio-App, die es dem User ermöglicht, Hits zu bewerten, zu überspringen und Kanäle zu wechseln! Der Anteil digitaler Euros am Gesamtumsatz liegt bei rund zehn Prozent.
medianet: Indirekt mit dem Thema Digitalisierung hängen auch die Vorgänge beim ORF zusammen. Die Branche wartet hier auf ein neues ORF-Gesetz, welches ihm hier mehr Möglichkeiten bieten soll, wohl auch im Audio-Bereich. Frage dazu: Wo ist für Sie als Privatradio-Vertreter die rote Linie?
Frühauf: Ja, es ist richtig, dass das Thema Digitalisierung auch den ORF und dessen Angebot betrifft. Es ist aber sicher nicht so, dass die Privatsender auf eine Änderung des ORF-Gesetzes warten. Wenn, dann wartet ausschließlich der ORF auf Änderungen des Gesetzes zu seinen Gunsten, die ihm (noch) mehr Möglichkeiten geben. Meine Sicht dazu am Beispiel Ö3: Wie wir alle wissen, ist der Programmauftrag des ORF im Radiobereich sehr sehr weit. Aus meiner Sicht zu weit, weil der Auftrag erlaubt, mit Gebührenmitteln ein kommerzielles Radioprogramm zu machen. Ich denke, man kann unter Umständen evtl. über mehr ORF-Freiheiten im Online-Bereich reden, allerdings nur dann, wenn gleichzeitig auch der Programmauftrag für den linearen Bereich deutlich nachgeschärft wird – denn sonst könnte der ORF ja alle wenig massentauglichen Inhalte irgendwo im Online-Angebot verstecken oder gar nicht mehr machen. Oder umgekehrt die ORF-Gebühren für Online-Inhalte verwenden, die rein gar nichts mit dem öffentlich-rechtlichen Auftrag zu tun haben. Jemandem 650 Mio. Euro Gebührengeld in die Hand zu geben und nicht klar zu definieren, was damit zu leisten ist, das geht einfach nicht. Ich betrachte die Medienregulierung als bewegliches System: Dreht man an einer Schraube, bewegt sich das Gesamtsystem. Daher muss der Gesetzgeber bei jeder Änderung auf die Gesamtbalance achten.
medianet: Auf DAB+ setzt Kronehit, wie der ORF, nicht. Ist hier unter Ihnen als neuem Geschäftsführer eine Änderung der Sichtweise zu erwarten?
Frühauf: Dieses, wie auch viele andere Themen, wurde intern in unseren Reihen diskutiert und dies gilt auch weiterhin.
medianet: Eine Nachfolge in der Führung eines Unternehmens, die aus dem eigenen Hause kommt, gilt meist als die optimalste Lösung. Was zeichnet Sie als Radiomanager besonders aus?
Frühauf: Ich möchte mich nicht selbst beurteilen, das überlasse ich lieber anderen. Dass mich Dr. Swoboda als seinen Nachfolger vorgeschlagen hat, ehrt mich sehr, er hatte immer ein gutes Gespür für die richtigen Entscheidungen.