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panthermedia. net / Sebastian Duda

Redaktion 28.03.2017

Werbung für Sportwetten - Gericht hob Gewista-Strafe auf

Werbevermittler müssen nicht genau prüfen, ob werbende Firma womöglich etwas Illegales macht.

WIEN. Die Wiener Werbefirma Gewista musste Strafe zahlen, weil sie Plakate von zwei großen Sportwettenanbietern aufgehängt hat. Laut Behörde bieten die Wettunternehmen nämlich im Internet auch verbotenes Glücksspiel an, daher sei Gewista mit in der Haftung. Der Außenwerber beschwerte sich bei Gericht und bekam recht. Die rechtskräftigen Urteile sind richtungsweisend für die gesamte Branche.

In beiden Fällen hob das Verwaltungsgericht Wien die Geldstrafen von je 5.500 € auf, zu denen Gewista verdonnert worden war. Das Glücksspielgesetz (GSpG) sei nicht dahingehend auszulegen, dass ein Anbieter von Werbeflächen genau prüfen muss, ob es irgendeine Glücksspiel-Seite gibt, die der beworbenen Seite sehr ähnlich ist. Eine vergleichbare Überwachungsobliegenheit habe der Gesetzgeber bereits früher als unzumutbar erachtet, heißt es in einem der Urteile, das der APA vorliegt.

Gewista-Chef Franz Solta spricht von einer wichtigen rechtlichen Errungenschaft auch für andere Mediengattungen: "Im Speziellen positiv hervorzuheben ist die Erkenntnis des Verwaltungsgerichts, dass Anbieter von Werbeflächen nicht für Inhalte verantwortlich gemacht werden können, die aus dem Werbesujet selbst nicht ersichtlich sind und erst durch Anklicken einer Internetseite aufscheinen."

"Die Werbevermittelnden können nicht in die Haftung gezogen werden", sagte Gewista-Anwalt Georg Zanger zur APA. Er sieht eine wichtige juristische Lücke geschlossen. Werbevermittler, also auch Zeitungen oder Fernsehsender, seien nunmehr in einer ähnlichen rechtlichen Position wie Provider. Sie hafteten für Rechtsverstöße ihrer Auftraggeber nur dann, wenn sie von einer Behörde oder Dritten konkret auf Gesetzesübertretungen aufmerksam gemacht und aufgefordert werden, bestimmte Inhalte nicht weiter zu veröffentlichen.

Lediglich bei offensichtlichen Verstößen etwa gegen das Verbotsgesetz der Kinderpornografie oder Gewaltdarstellung müsste der Werbevermittler von sich aus handeln. Damit, so der Anwalt, sei auch klargestellt, dass Werbevermittler wegen Links auf Plakaten oder anderen Werbemitteln keine weiteren Recherchen anstellen müssen. Für Gewista-Chef Solta ist das eine "große Erleichterung bei der Prüfung künftiger Werbeplakate und anderer Werbeankündigungen".

In der Praxis bekommen Werbevermittler die Werbemittel erst ganz knapp vor der Veröffentlichung; sie haben also nur wenige Stunden Zeit, um beispielsweise palettenweise angelieferte Plakate zu bearbeiten und aufzukleben. Jedes Sujet eingehend zu prüfen, wäre kaum möglich.

In den beiden rechtskräftig entschiedenen Fällen ging es neben der Haftungsfrage wieder einmal um das Glücksspielgesetz und die Frage, wie verboten Online-Glücksspiel wirklich ist. Laut GSpG darf nur der teilstaatliche Casinos-Austria-Konzern im Internet Casinospiele anbieten, denn nur die Lotterien, eine Tochter der Casinos, haben für die Plattform win2day.at die Konzession. In der Praxis können die Österreicher aber auf unzähligen anderen Internetseiten ebenso um Geld spielen. Die Anbieter stehen auf dem rechtlichen Standpunkt, sobald sie in einem EU-Land - im Glücksspielbereich ist das aus steuerlichen Gründen oft Malta - eine Lizenz haben, dürften sie in jedem Mitgliedsstaat aktiv sein.

Was die Sache verkompliziert: Viele dieser Firmen bieten neben Online-Glücksspiel auch Sportwetten an. Wetten sind in Österreich nicht als Glücksspiel klassifiziert und erlaubt. Diese Vermischung hat schon oft für rechtlichen Ärger gesorgt, auch im Zusammenhang mit Werbung. Der ORF etwa wurde mehrmals kritisiert, weil er bei wichtigen Fußballspielen große Wettanbieter werben ließ, die auch Glücksspiel anbieten; Zeitungen erging es ebenso. Neben dem Außenwerber Gewista haben auch andere heimische Medien deshalb Verwaltungsstrafen ausgefasst.

In einem der nun entschiedenen Fälle ging es um ein 2015 zu sehendes Werbeplakat einer Wettfirma, auf dem ein bekannter österreichischer Fußballer zu sehen war und Wetten anpries. Die Landespolizeidirektion Wien sah darin eine Umgehung des Werbeverbots für verbotene Ausspielungen, denn wer im Internet nach der Wettfirma suche, komme auf eine Seite, auf der auch Casinospiele angeboten werden. Daher habe die Gewista gegen eine Bestimmung im Glücksspielgesetz verstoßen: Wer verbotene Ausspielungen im Inland bewirbt oder deren Bewerbung ermöglicht, ist mit einer Verwaltungsstrafe zu belegen.
Dem Wiener Verwaltungsgericht geht dieser Schluss der Behörde viel zu weit, daher gab es der Beschwerde der Gewista Folge. Es sei auf den gesamten Werbeinhalt des Sujets einzugehen. Das inkriminierte Plakat "bezieht sich nach ihrem eindeutigen Inhalt auf Wetten in Bezug auf Sportereignisse", stellte das Gericht fest.

Ähnlich gelagert war der zweite Fall: Ein Spielanbieter warb in Wien auf einem sogenannten Rolling Board der Gewista für seine österreichische Homepage, auf der um virtuelles Geld gezockt werden kann. Die Behörde meinte, das sei nur ein Lockangebot für die .com-Seite, auf der um echtes Geld gespielt werden kann. Die .at-Seite und die .com-Seite seien sehr ähnlich, daher liege ein Verstoß gegen das Glücksspielgesetz vor. Auch dazu sagte das Gericht: Njet. Würde man das Glücksspielgesetz so verstehen wie die Behörde, "würde die Strafbarkeit über das dem Gesetzgeber zusinnbare Maß ausgedehnt werden. Dies würde nämlich bedeuten, dass Anbieter von Werbeflächen (sowohl im Internet als auch in der realen Welt) bei der Bewerbung von Internetseiten zu jedem Zeitpunkt, an dem die Werbung geschaltet ist (und nicht bloß zum Zeitpunkt, an dem die Werbung erstmals veröffentlicht wird), prüfen müsste, ob eine Seite im Internet existiert, die der beworbenen Seite in hohem Maße ähnlich ist und auf der verbotene Ausspielungen angeboten werden."

Beide Urteile sind am 27. Jänner ergangen und rechtskräftig (VGW-002/022/2477/2016 und VGW-002/022/2486-2016-5). Auf die Frage, ob die jeweiligen Wettanbieter gesetzeskonform gehandelt haben, ging das Gericht nicht ein. Das österreichische Glücksspielgesetz ist immer wieder Gegenstand juristischer Streitigkeiten; derzeit sind deswegen drei Vorlageverfahren beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) anhängig. (APA)

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