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Redaktion 29.08.2024

Wien novelliert sein Veranstaltungsgesetz

Verpflichtende Konzepte für mehr Awareness und Belästigungsschutz; auch Umweltschutz und Erhalt historischer Veranstaltungsstätten im Fokus.

WIEN. Wiens Veranstaltungsgesetz wird novelliert. Das Begutachtungsverfahren wird von Ende August bis Ende September laufen, der Beschluss im zuständigen Gemeinderatsausschuss ist für Anfang Dezember geplant, im Landtag soll es Anfang Jänner 2025 auf der Tagesordnung stehen.

„Jeder Wiener hat das Recht auf einen möglichst unbekümmerten Tanzabend im Club“, betont der zuständige Stadtrat Jürgen Czernohorszky. „Deshalb sieht die Novelle des Veranstaltungsgesetzes in erster Linie vor, dass ab einer gewissen Eventgröße künftig Awareness- und Sicherheitskonzepte vorgelegt werden müssen, die Belästigungen vorbeugen und das allgemeine Sicherheitsempfinden im Club steigern sollen.“

„Wir in Wien nehmen Gewaltschutz ernst - überall. Daher haben wir ein Paket für mehr Schutz vor sexueller Belästigung und Übergriffen im Veranstaltungsbereich geschnürt. Zusätzlich zur Novelle gibt es ein umfassendes, neues Schulungsangebot für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Clubs. Es muss selbstverständlich sein, dass Frauen ein Konzert oder eine Party besuchen und unbeschwert genießen können. Lokale, die bei den neuen Workshops der Vienna Club Commission in Kooperation mit dem Wiener ‚Rettungsanker‘ mitmachen, sagen deutlich: Hier ist kein Platz für Sexismus und sexuelle Belästigung!“, so Vizebürgermeisterin und Frauenstadträtin Kathrin Gaál.

 „Mit dem neuen Veranstaltungsgesetz ermöglichen wir, dass die Musik bei genehmigter Sperrstundenverlängerung nun bis 23 Uhr mit derselben Lautstärke weiter gespielt werden kann. Gleichzeitig setzen wir uns mit dem neuen Gesetz für mehr Sicherheit und Awareness ein: Lebensqualität bedeutet, keine Angst vor Drogen im Glas oder sexueller Belästigung zu haben - weder als Gast noch als Mitarbeiter*in. Durch präventive Maßnahmen, innovative Schulungen und Awareness-Konzepte stärken wir Wiens Rolle als internationale Metropole mit pulsierendem Nachtleben,“ so Vizebürgermeister und Jugendstadtrat Christoph Wiederkehr.

Awarenesskonzept und Rettungskette
Konkret müssen in Clubs und bei Konzerten die Veranstalter in Zukunft ab 300 Besucher ein Awarenesskonzept vorlegen, wenn bestimmte Rahmenbedingungen wie Tanzfläche oder Stehplätze vor der Bühne, Alkoholausschank und ein Ende nach 21 Uhr gegeben sind. Das Konzept muss eine festgelegte Anzahl an Awarenessbeauftragten beinhalten, die mit Notrufgeräten ausgestattet sind, sowie eine genau festgelegte Rettungskette sowie Maßnahmen, wie sie ausgelöst wird.
Bei Veranstaltungen mit bis zu 5.000 Besucher müssen Awarenessmaßnahmen in das Sicherheitskonzept einfließen. Auch die Veranstaltungsstätten müssen sicherer gemacht werden - beispielsweise durch ausreichende Beleuchtung bei WC-Anlagen in Freibereichen oder von schwer einsehbaren Bereichen (z.B. Gebüschgruppen).

Schwerpunkt auch auf Umweltthemen
„Gerade bei Großveranstaltungen wird auch der Schutz der Umwelt zum Thema“, ergänzt Stadtrat Czernohorszky. Die Novelle sieht daher für Veranstaltungen mit mehr als 2.000 Besucher Umwelt- und Abfallkonzepte vor. Dabei geht es unter anderem um Anreize für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel oder eines Fahrrads für die An- und Abreise, die Reduzierung des Energieverbrauchs, ein schonender Umgang mit Wasser, die Verwendung von ökologischen Materialien und der Schutz von Boden und Vegetation bei Freiluftveranstaltungen. 

Schutz von bestehenden Veranstaltungsstätten
Eine Lösung gibt es auch für traditionsreiche Wiener Veranstaltungsorte mit einem Fassungsraum von mehr als 1.500 Besucher: Veranstaltungsstätten, die älter als 30 Jahre sind und bedeutenden historischen, kulturellen oder touristischen Wert haben, dürfen auch dann weiter wie bisher betrieben werden, wenn Wohnbebauung „heranrückt“ - sofern es nicht zu einer Gesundheitsgefährdung kommt.

„Safer Nightlife“: Vienna Club Commission führte Umfrage durch Wiener Clubs und Veranstaltungsorte sind für viele Menschen kulturell wichtige Orte des sozialen Austauschs. Im Jahr 2023 wurde von der Vienna Club Commission eine Umfrage zur Verbesserung der Sicherheit und des Wohlbefindens im Wiener Nachtleben mit knapp 2.200 Antworten durchgeführt. Ziel der Umfrage war es, den aktuellen Stand der Sicherheit in Wiener Clubs zu erfassen - sowohl für das Publikum, als auch für die dort beruflich tätigen Personen.

Die Ergebnisse der Umfrage „Sicherheit im Wiener Nachtleben“ zeigen, dass sich etwa 40 Prozent der Befragten bei Veranstaltungen regelmäßig oder gelegentlich unsicher fühlen.
Ein genaueres Bild zeigt sich in Bezug auf Geschlecht, Identifikation und sexuelle Orientierung: Frauen sowie queere Personen fühlen sich laut der Umfrage doppelt bis dreifach häufiger unsicher als Männer. 

Neues Workshopprogramm zur Prävention 
Auf diesen Umfrageergebnissen basiert die neu geplante Workshopreihe der Vienna Club Commission in Zusammenarbeit mit dem „Wiener Rettungsanker“, die im Auftrag des Frauenservice der Stadt Wien und der Abteilung für Bildung und Jugend ab September durchgeführt werden soll. Die gesamte Workshopreihe dauert ein halbes Jahr. Die in Summe sechs Module der Workshopreihe werden sich intensiv mit dem Umgang und der Prävention von Diskriminierungs- und Gewaltformen in Clubs und bei Veranstaltungen beschäftigen. Insgesamt umfasst die Workshop-Reihe 24 Stunden pro teilnehmende Person (6 Workshop-Termine).Sie wird innerhalb eines halben Jahres von bestehenden Servicestellen sowie erfahrenen Workshopleiter und Experten zu folgenden Hauptthemen durchgeführt: 

• Vermittlung Basis: Sensibilisierung und Deeskalation,
• Umgang mit Sexismus, 
• Umgang mit Rassismus, 
• Umgang mit Queerfeindlichkeit,
• Umgang mit Barrieren und
• Umgang mit Rausch.

Eines der Module der Workshopreihe wird der „Wiener Rettungsanker“ abdecken - ganz unter dem Motto „Safer Feiern“: gemeinsam mit dem Verein Rote Karte wird der Wiener Rettungsanker das Modul „Umgang mit Sexismus“ erstellen, planen und durchführen.

Außerdem werden Organisationen wie AWA*, Rote Karte, ZARA Training, Checkit!, FullAccess und Pride Biz Module übernehmen. Die Workshopreihe ist thematisch in unterschiedliche Diskriminierungsformen gegliedert, um einen ganzheitlichen Ansatz zur Verbesserung der Sicherheit im Wiener Nachtleben zu bieten. 

Die Zielgruppe der Workshopreihe umfasst das Club- und Veranstaltungspersonal, einschließlich Betreiber und Veranstalter, Booker, Barpersonal, Techniker sowie das angestellte Sicherheits- und Awarenesspersonal. Alle Absolventen der Module erhalten eine Teilnahmebestätigung. 

"Die Safer Feiern Workshopreihe ist das Ergebnis vieler kreativer Köpfe aus der Wiener Club- und Veranstaltungsszene, die sich in den VCC Fokusgruppen engagiert haben. Dass die Stadt Wien die Workshopreihe finanziert, zeigt ebenso den Willen, um die Clubkultur im Wiener Nachtleben zu stärken“, betont Martina Brunner, Geschäftsführung VCC. „An dieser Stelle möchten wir uns bei allen, die dazu beigetragen haben herzlich bedanken und rufen Akteure aus der Club- und Veranstaltungsszene auf, sich anzumelden, damit wir gemeinsam weiter daran arbeiten können, das Wiener Nachtleben sicherer für uns alle zu gestalten“, so Micòl Gilkarov-Masliah, Projektmanagement Safer Feiern Workshopreihe."

Anmeldung bei der Vienna Club Commission unter www.viennaclubcommission.at

„Ich bin dein Rettungsanker“: Bereits 1.500 Mitarbeiter* geschult
Die Initiative „Ich bin dein Rettungsanker“ wurde am Donauinselfest 2018 auf Initiative von Vizebürgermeisterin und Frauenstadträtin Kathrin Gaál gestartet. Die erfolgreiche Aktion des Frauenservice Wien zeigt, dass sexuelle Belästigung in Wien keinen Platz hat. In der Zwischenzeit sind Partner der Initiative neben dem Donauinselfest, den Wiener Bädern, den Wiener Linien auch die mobilen Inselteams der Wiener Gewässer und bestimmte Wiener Lokale, wie zum Beispiel das U4 oder der Volksgarten. Das Motto des Rettungsankers: „Wir schauen aufeinander und die Stadt schaut auf dich.“ 
Herzstück der Initiative sind spezielle Schulungen für Mitarbeiter, die für die Sicherheit der Wiener sorgen. Darüber hinaus stellt das Frauenservice Wien auch E-Learnings, Schulungsvideos, Plakate und Flyer zur Verfügung sowie Sticker mit dem Symbol des Rettungsankers, die von geschultem Personal getragen werden können. Bislang wurden bereits mehr als 1.500 Mitarbeiter im Rahmen der Kampagne geschult.

Interessierte Organisationen können sich unter rettungsanker@wien.gv.at für ein Erstgespräch über eine mögliche Teilnahme anmelden. 

Zusätzlich bietet das Frauenservice Wien seit 2022 kostenlose Rettungsanker-Workshops für Zivilcourage in Kooperation mit ZARA an. Auch 2024 werden Workshops für interessierte Wiener angeboten: Bezirksvertretungen können bei Interesse einen kostenlosen Workshop über rettungsanker@wien.gv.at anfragen, die zwei öffentlichen Workshop-Termine, die sich ausschließlich an Frauen richten, finden am 30. September um 15:00 Uhr und am 25. November um 16:00 Uhr statt. Anmeldung unter frauen.wien.gv.at

Die Workshop-Reihe der Vienna Club Commission in Zusammenarbeit mit dem „Wiener Rettungsanker“ im Auftrag der Stadt Wien baut dieses bestehende Angebot jetzt noch weiter aus - damit Mitarbeiter im Veranstaltungs- und Clubbereich sensibilisiert werden.

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