INGOLSTADT. Audi macht bei der Entwicklung von Neuwagen Tempo und will so den Rückstand bei Elektroautos insbesondere in China wettmachen. „Wir sind dabei, unseren gesamten Entwicklungsprozess einem Review zu unterziehen“, sagte Audi-Chef Markus Duesmann der Nachrichtenagentur Reuters in einem Interview. „Speziell was die Themen Bordnetz und Software betrifft.“ In diesen Bereichen könne man nicht mehr in den alten Zyklen arbeiten, man brauche neue und bedeutend kürzere.
„Und wir schauen uns auch intensiver an, wie dies in China läuft, wo dort Entwicklungen anders gemacht werden. Ich gehe davon aus, dass wir uns über die Zeit den 30 Monaten Entwicklungszeit nähern“, so Duesmann weiter. Damit reagiert Audi auch auf die rasch steigende Nachfrage nach Elektrofahrzeugen. „2030 dürfte der BEV-Anteil am Pkw-Premiummarkt bereits zwischen 60 und 70 Prozent liegen, je nach Region.“ In China könnte es sogar noch schneller gehen. „Darauf müssen wir reagieren, wenn sich ein Markt plötzlich so schnell wandelt.“
Audi verfügt derzeit über eine im Vergleich zu BMW und Mercedes-Benz alte Modellflotte, neue Fahrzeuge waren in den vergangenen beiden Jahren weitgehend Fehlanzeige. Der Q6 e-tron – ein wichtiges Modell für Audi – kommt wegen Verzögerungen bei der Softwareentwicklung mit Verspätung auf den Markt. Er macht Ende des Jahres den Auftakt für die Produktoffensive, bei der bis 2025 mehr als 20 neue Autos auf den Markt kommen sollen, etwa die Hälfte davon Elektrofahrzeuge. Audi hat angekündigt, ab 2026 keine neuen Verbrenner mehr aufzulegen.
Vor allem auf dem wichtigsten Einzelmarkt China bekommt Audi das zu spüren. „Bei den Batterie-elektrischen Fahrzeugen haben wir heute noch nicht die für die chinesischen Bedürfnisse optimalen Fahrzeuge im Markt, deshalb sind die Verkaufszahlen bisher unter unseren Ansprüchen“, räumte Duesmann ein. Von Jänner bis März verkaufte Audi in der Volksrepublik gerade einmal gut 3.000 Elektroautos, während chinesische Hersteller aufholen. BYD etwa verdrängte im ersten Quartal mit einem Marktanteil von elf Prozent am Gesamtmarkt, also einschließlich der nach wie vor dominierenden Verbrennerautos, die seit Jahrzehnten dort führende Marke VW vom ersten Platz.
Duesmann hat das China-Geschäft zur Chefsache erklärt. Allein seit März reiste der 53-Jährige dreimal in die Volksrepublik, weitere Besuche stehen an. Audi arbeitet in China mit den Herstellern FAW und SAIC zusammen; derzeit wird zusammen mit FAW ein Werk in Changchun für Elektroautos gebaut. Teil der China-Strategie sei es, einige elektrische Modelle dort früher zu lokalisieren als ursprünglich geplant. „Wir reagieren damit auf die enorme Dynamik im Markt“, sagte Duesmann. (red)