BRÜSSEL. Trotz aller Warnungen aus der Wirtschaft wird die Europäische Kommission wohl schon bald Strafzölle für Elektrofahrzeuge aus China bekanntgeben. Die EU-Kommission unter Ursula von der Leyen wirft der Volksrepublik vor, mit Subventionen für E-Autobauer den Wettbewerb zu verzerren. Analysten rechnen mit Zollaufschlägen von zehn bis 25% auf den geltenden allgemeinen Zollsatz von zehn Prozent.
Angst vor den Folgen
Aus der europäischen Autoindustrie gibt es dafür wenig Unterstützung. Insbesondere die deutschen Autobauer sind stark vom Absatz in China abhängig – und fürchten daher Vergeltungsmaßnahmen aus Peking. Spitzenmanager von BMW, Mercedes und VW haben davor gewarnt, Importzölle auf Fahrzeuge aus China zu erheben. Die deutschen Hersteller erwirtschaften in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt nach Schätzungen von HSBC 20 bis 23% ihrer Gewinne. Außerdem stammt ein Großteil der Autos, die aus China in die EU importiert werden, von europäischen Herstellern.
USA mit 100% Aufschlag
Kommissionspräsidentin von der Leyen sieht Europa unter Handlungsdruck, China daran zu hindern, den europäischen Markt mit subventionierten E-Fahrzeugen zu überschwemmen. Laut der Kommission liegen die Preise in der Regel um etwa 20% unter den in der EU hergestellten Modellen. Die EU würde damit dem Beispiel der USA folgen, voraussichtlich aber weitaus geringere Strafzölle für Importe chinesischer Hersteller wie BYD und Geely sowie westlicher Hersteller wie Tesla, die Autos aus China nach Europa exportieren, verhängen. Die USA hatten jüngst die Zölle für chinesische Elektrofahrzeuge auf 100% vervierfacht.
China hat die EU wegen der Anti-Subventionsuntersuchung zwar gerügt, auf Zusammenarbeit gedrängt und bei einzelnen EU-Ländern Lobbyarbeit betrieben. Die Volksrepublik ließ aber im Unklaren, wie sie auf die Zölle reagieren würde.
„Wenn es zu einer Provokation kommt, könnte die Reaktion zu einem Handelskrieg führen, der verheerend für eine Region wäre, die immer noch stark von chinesisch dominierten Lieferketten abhängig ist”, sagte Will Roberts, Leiter der Automobilforschung bei der Beraterfirma Rho Motion.
Viele westliche Importeure
Die Einfuhren von in China hergestellten E-Fahrzeugen werden bisher von den westlichen Autoherstellern Tesla, Renault, Dacia und BMW dominiert. Zu den chinesischen Export-Modellen nach Europa gehören der Atto 3 von BYD, der MG von SAIC und der Volvo von Geely. (APA)