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© BKA/Andy Wenzel

reinhard krémer 26.01.2018

An ihren Taten sollt ihr sie erkennen

Das denken die Kapitäne der heimischen Finanzflotte über das Regierungsprogramm zum Kapitalmarkt.

••• Von Reinhard Krémer

Die neue Regierung hat allerlei Pläne für den Finanzmarkt. So soll ein Kapitalmarktbeauftragter kommen, Pensionskassen in Risikokapital gehen und die Börse offener werden (siehe Seite 9: „Das plant die Regierung Kurz”). medianet fragte Größen der rot-weiß-roten Finanzszene, was sie davon halten. „Auch wenn derzeit noch keine konkreten Maßnahmen zum Thema Vorsorge und Versicherungen aus dem Regierungsprogramm zu entnehmen sind, so ist dennoch ein klares Bekenntnis zur Förderung der Altersvorsorge und Verbesserung der Rahmenbedingungen enthalten”, meint Elisabeth Stadler, Vorstandsvorsitzende der Vienna Insurance Group (VIG).

Positives Signal …

„Das ist ein begrüßenswertes und sehr positives Signal, zumal Österreich im europäischen Vergleich immer noch enormen Nachholbedarf in der Durchdringung der privaten und betrieblichen Altersvorsorge hat”, so Stadler weiter.

… und erfreuliche Aussichten

„Wenn im Programm zum Beispiel auf die besondere steuerliche Bedeutung der Zukunftssicherung hingewiesen wird, so sei diesbezüglich betont, dass der dafür vorgesehene Steuerfreibetrag von 300 Euro im Jahr 1975 festgelegt  und seither nicht einmal inflationsangepasst wurde. Sehr erfreulich sind auch die Aussichten zu einer angekündigten Stärkung des Kapitalmarkts und dazu nötiger Reformen und Modernisierungen des Kapitalmarktrechts”, sagt die VIG-CEO.

„Spannende Ansätze”

Andreas Zakostelsky, Generaldirektor der VBV-Gruppe, sieht die Chance auf eine Zusatzpension für alle: „Ich sehe im Regierungsprogramm spannende Ansätze für das Pensionssystem. Gleich zu Beginn des Kapitels ‚Pensionen' bekennt sich die Regierung zu einem Pensionssystem, ‚das den Lebensstandard im Alter aufrechterhält und für die einzelnen Generationen einschätzbar bleibt'. Genau um diese Absicherung des während der beruflichen Tätigkeit gewohnten Lebensstandards in der Pension geht es der VBV-Gruppe als führender Anbieter betrieblicher Altersvorsorge”, sagt Zakostelsky.

„Butter auf’s Brot”

„Wir sehen die staatliche Pension als solide Existenzsicherung; aber die zusätzliche betriebliche Altersvorsorge als ‚Butter auf`s Brot' wird für den Einzelnen sowie aufgrund der Kaufkraft einer großen Bevölkerungsgruppe volkswirtschaftlich zunehmend unverzichtbar”, meint der VBV-General.

„Zu dieser betrieblichen Altersvorsorge gibt es im Regierungsprogramm ein klares Bekenntnis. Die Bundesregierung spricht sich für die ‚Förderung des Ausbaus der betrieblichen Altersvorsorge' aus. Noch ohne viele Details zu nennen, finden sich erste Ansätze: In Aussicht gestellt wird zum Thema Pensionskassen die ‚stärkere Gleichstellung der steuerlichen Absetzbarkeit bei Beiträgen von Arbeitnehmern in Pensionskassen und der Beiträge der Arbeitgeber', sagt Andreas Zakostelsky. „Als VBV-Gruppe begrüßen wir diese Attraktivierung der betrieblichen Altersvorsorge im Sinne der Bevölkerung sehr. Es wird aber – aufgrund der Vorlaufzeit für Neuregelungen – wichtig sein, diese Maßnahmen rasch in die Tat umzusetzen”, so der Generaldirektor der VBV-Gruppe.

Hürden hierzulande zu hoch

Herta Stockbauer, Vorstandsvorsitzende der BKS Bank, findet es begrüßenswert, dass die neue Regierung einen international gut vernetzten Finanz- und Kapitalmarkt als wichtig erachtet und entsprechende Modernisierungsschritte setzen will: „Für klein- und mittelständische Unternehmen sind derzeit in Österreich die Hürden zur Kapitalgenerierung am Finanzmarkt im internationalen Vergleich noch recht hoch. Ein Börsengang erschließt neue Eigenkapitalquellen und ermöglicht Unternehmen damit ein stärkeres Wachstum, als es z.B. innerhalb von familiären Strukturen möglich wäre. Die angekündigten Erleichterungen im Prospektrecht für KMU oder die Öffnung des Dritten Markts der Wiener Börse sind ein Schritt in die richtige Richtung”, ist Stockbauer überzeugt.

Green Bonds werden forciert

Manche angedeutete Änderungen, wie z.B. „Reform der Finanzmarktaufsicht” oder „Banken- und Versicherungsrecht reformieren” bestehen bislang aber nur aus Überschriften, meint die BKS-Vorstandsvorsitzende: „Daher ist hier noch nicht absehbar, was tatsächlich wie neu geregelt werden soll. Da in anderen Themenfeldern des Regierungsprogramms die Deregulierung und Entbürokratisierung einen hohen Stellenwert hat, hoffe ich aber auch hier auf einige Fortschritte. Positiv finde ich zudem die im Kapitel ‚Umwelt' formulierte Forcierung von Green Bonds und anderen nachhaltigen Veranlagungsformen, genauso wie den Ausbau der zweiten und dritten Säule der Pensionsvorsorge.”

Wo bleibt Bankomatgebühr?

Nicht berücksichtigt, so Stockbauer, „wurde leider das Thema Bankomatgebühr. Die von der vorigen Regierung im letzten Abdruck beschlossene Regelung, dass Banken ihren Kunden die von anderen Anbieten verrechneten Gebühren ersetzen müssen, ist wettbewerbsverzerrend und sachlogisch völlig unverständlich und sollte unbedingt aufgehoben werden”, moniert die BKS-CEO.

Lebensstandard bewahren

Kurt Molterer, Vorstandsvorsitzender Nürnberger Versicherung AG Österreich, denkt vor allem an die Altersvorsorge: „Die beiden Regierungsparteien bekennen sich im Regierungsprogramm zu einem Pensionssystem, ,das den Lebensstandard im Alter aufrechterhält und für die einzelnen Generationen einschätzbar bleibt'. Ich halte dieses Ansinnen für sehr lobenswert. Was mit diesem „Lebensstandard im Alter” allerdings konkret gemeint ist, bleibt offen”, so Molterer.

„Ich denke, dass es auch in Zukunft in der Alterspension nicht ohne finanzielle Abschläge im Vergleich zum aktiven Berufseinkommen gehen wird. Das staatliche Pensionssystem wird immer für eine gewisse Grundversorgung der Menschen eintreten. Möchte man aber die finanzielle Pensionslücke schließen, so muss man auf die private und/oder betriebliche ­Altersvorsorge zurückgreifen”, ist der Nürnberger-Boss überzeugt.

„Riesiger Nachholbedarf”

Die Regierungsparteien haben sich auch darauf verständigt, die zweite und dritte Säule der Alterspensionen zu fördern, sagt Kurt Molterer: „Dazu ist im Regierungsprogramm vorgesehen, die bestehenden Modelle für die steuerliche Förderung von Alters- und Pflegevorsorge zu prüfen und im ‚EStG 2020' neu zu regeln. Das ist ein Schritt, den die Versicherungswirtschaft schon seit Langem fordert und der nun dringend umgesetzt werden sollte, denn hier haben wir einen riesen Nachholbedarf. Zwei Beispiele: Die Gehaltsumwandlung – bekannt auch unter § 3 Abs. 1 Zif. 15 lit. a EStG; hier müssen sich Österreichs Arbeitnehmer mit einem seit den 1970er-Jahren unveränderten möglichen Jahresbetrag von 300 Euro zufriedengeben”, schlägt er in die gleiche Kerbe wie VIG-CEO Elisabeth Stadler.

Dem Nachbarn folgen

„Oder die Forderung nach einer nachgelagerten Besteuerungsmethodik (EET-Prinzip) in der Rentenbezugsphase bei Altersrenten; hier würden wir uns wünschen, dass Österreich dem deutschen Beispiel folgt”, sagt Kurt Molterer, CEO der Nürnberger Versicherung AG Österreich.

„Es ist wichtig, dass die neue Regierung für die Arbeitnehmer und natürlich auch für die Unternehmen Anreize schafft, um die betriebliche und private Altersvorsorge attraktiver zu machen”, sagt Christoph Obererlacher, CEO von Swiss Life Select Österreich.

Freibetrag erhöhen

Eine Erhöhung des Freibetrags für die Zukunftssicherung und für die Mitarbeiterbeteiligung sowie die bessere Förderung für die prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge, wie im Regierungsprogramm vorgeschlagen, können helfen, die Pensionslücke im Alter zu schließen, ist Obererlacher überzeugt: „Denn eines ist klar: Wenn die Lebenserwartung und der Lebensstandard der Menschen steigen, reicht die Sozialversicherungsrente nicht mehr. In einer kürzlich von uns durchgeführten Studie gaben 75 Prozent der 25- bis 45-Jährigen an, dass sie künftig mit ihren Pensionen ihren Lebensstandard nicht halten können.”

„Unterschätzte Risiken”

Spannend und gut im Auge zu behalten ist auch die angekündigte Reform der Invaliditäts- bzw. Berufsunfähigkeitspensionen, sagt der Swiss Life Select-CEO: „Denn bekanntlich ist das Bewusstsein über die – unterschätzen – Risiken der Berufsunfähigkeit und ihrer finanziellen Konsequenzen für die Betroffenen hierzulande in der Bevölkerung noch immer unterrepräsentiert.”

Kurz zusammengefasst meint Christoph Obererlacher: „Wir brauchen ein nachhaltiges Pensionssystem. Die Gründe liegen auf der Hand: Die Lebenserwartung steigt und damit auch die Zeit, die man in der Pension verbringt. Der Arbeitsmarkt hat sich gravierend verändert: Es gibt immer mehr Menschen, die Teilzeit arbeiten und entsprechend weniger in die Pensionskasse einbezahlen; es gibt viele geringfügig Beschäftigte, der Niedriglohnsektor wächst.”

Rücklagen ermöglichen

Was ist zu tun, fragt sich also nicht nur der CEO von Swiss Life Select: „Wir müssen sicherstellen, dass aus allen Erwerbseinkommen Rücklagen fürs Alter gebildet werden können. Wir brauchen staatliche Anreizmodelle für die Privatvorsorge. Dazu gehört auch, langfristige Investitionen im Privatbereich von der Wertpapier-KESt zu befreien, um so einen privaten Vermögensaufbau – insbesondere zur Altersvorsorge – nachhaltig zu fördern. Aktuell macht die Wertpapier-KESt 27,5 Prozent aus, während das Sparbuch nur mit 25 Prozent besteuert wird”, meint Christoph Obererlacher.

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