Wien. Die Rahmenbedingungen für 2016 sind durch unterschiedliche Einflüsse geprägt, heißt es in einem Kommantar der WKÖ-Stabsabteilung Wirtschaftspolitik. Einerseits unterstützen der niedrige Ölpreis, der schwache Euro und die expansive Geldpolitik die moderate Erholung in Europa. Andererseits werden die divergierenden Geldpolitiken der US-Notenbank Fed und der EZB zu einem Zinsvorsprung von US-Wertpapieren führen. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind wie Anfang 2015 immer noch günstig, ihr positiver Effekt auf die Konjunktur klingt jedoch allmählich ab.
Öl- und Rohstoffpreise
Die Ergebnisse der Analyse im Detail: Die Talsohle bei Öl- und Rohstoffpreisen ist erreicht. Nach dem starken Ölpreisverfall 2014 hat sich der Ölpreis gegen Mitte 2015 wieder etwas stabilisiert, fiel jedoch in der zweiten Jahreshälfte wieder auf knapp 40 USD pro Barrel. Damit sollte aber die Talsohle allmählich erreicht sein. Die Förderung von Schieferöl in den USA und die Entscheidung der Organisation erdölexportierender Länder (OPEC), an der bisherigen Ölfördermenge festzuhalten, sorgen nach wie vor für ein Überangebot auf dem Ölmarkt. Allerdings hat der niedrige Ölpreis in Kombination mit den hohen Kosten der Schieferölgewinnung bereits zu einem Ausbleiben neuer Investitionen in Fracking-Projekte in den USA geführt.
Mit der unverminderten Fördermenge der OPEC, dem technologische Fortschritt in der Schieferölförderung in den USA sowie den nun aufgehobenen Sanktionen gegen den Iran dürfte für den Beginn des Jahres mit keinen großen Veränderungen im Ölpreis zu rechnen sein. Kurzfristig kann es durch geopolitische Unsicherheiten zu höherer Volatilität kommen. Durch eine verminderte Produktion und eine Reduktion der Weltlagerbestände im Jahresverlauf ist mit einem moderaten Ölpreisanstieg für 2016 zu rechnen.
Geldpolitik
Schwacher Euro: Der Euro verlor seit seinem letzten Höchststand gegenüber dem US-Dollar im März 2014 bereits rund 22 % seines Wertes. Auch gegenüber anderen Währungen (CHF, GBP, YEN) hat der Euro im Jahresverlauf weiter an Wert verloren. Die Gründe für den schwachen Euro sind dieselben wie im Jahr 2015: Die Wachstumsaussichten für die Eurozone bleiben moderat, zusätzlich hat die EZB ihre expansive Geldpolitik ausgeweitet.
Aufgrund der divergierenden Geldpolitiken in den USA und der Eurozone wird der Euro gegenüber dem US-Dollar weiter abwerten und könnte im Jahresverlauf sogar die Parität erreichen. Der niedrige Außenwert des Euro begünstigt die Exporte in Länder außerhalb der Eurozone. Die Effekte auf die österreichische Exportwirtschaft sind überschaubar, da ein Großteil der heimischen Exporte in die Eurozone geht.
Getrennte Wege von EZB und Fed: Die Entscheidung der US-Notenbank, den Leitzins Ende 2015 seit Ausbruch der Wirtschaftskrise erstmalig wieder anzuheben, läutet ein Ende der Niedrigzinspolitik in den USA ein. Der Schritt war aufgrund des robusten Wachstums und der guten Arbeitsmarktentwicklung in den USA bereits seit Längerem erwartet worden. Währenddessen hat die EZB angesichts der niedrigen Inflation und des nach wie vor moderaten Wachstums Anfang Dezember eine weitere Lockerung ihrer Geldpolitik beschlossen.
Ab 2016 bewegen sich die Leitzinsen der EZB und der US-Notenbank erstmals seit Jahren in unterschiedliche Richtungen. Die EZB wird ihre expansive Geldpolitik fortsetzen. Höhere Zinsen in den USA werden zu einem Zinsvorsprung US-amerikanischer Wertpapiere führen und weiterhin zu einem steigenden Kapitalfluss in die USA beitragen, mit möglichen negativen Auswirkungen auf die Schwellenländer und die globale Wachstumsdynamik. Möglich ist, dass auch die Bank of England 2016 die Zinswende einleitet.
Weiterhin niedrige Inflation: Die EZB ist von ihrem Inflationsziel von knapp unter 2 % trotz expansiver Maßnahmen weit entfernt. Für 2015 lag die Inflation in der Eurozone bei 0,1 %. Die Inflation wird von den außergewöhnlich niedrigen Ölpreisen und den weiterhin moderaten Wachstumssausichten in Europa gedrückt. Österreich bildet in der Eurozone mit einer überdurchschnittlich hohen Inflationsrate von 0,9 % eine Ausnahme.
Die Inflationserwartungen für 2016 dürften sich einhergehend mit einem anziehenden Wirtschaftswachstum dem Ziel der EZB annähern. Die Europäische Kommission geht von 1,8 % für Österreich und 1,0 % für die Eurozone aus. Mit einem Anstieg der Rohölpreise dürfte auch die Inflation allmählich anziehen.
Aktienmärkte
Europäische Aktien entwickelten sich 2015 besser als US-Aktien. Der europäische Index EuroSTOXX50 profitierte im ersten Halbjahr von der Ausweitung expansiver geldpolitischer Maßnahmen durch die EZB, verlor in den letzten Monaten allerdings wieder etwas. Der Dow Jones hat im Jahresvergleich sogar etwas verloren. Im September gab es Einbrüche auf den Aktienmärkten aufgrund des VW-Skandals und der aufkeimenden Unsicherheiten in Bezug auf China. Im Jahresvergleich konnte der deutsche DAX dennoch um rund 8,7 % zulegen. Der ATX verzeichnet ein etwas stärkeres Plus von 9,6 %. (Dezember 2015: 2.396,02)
Die europäischen Aktienmärkte sollten 2016 weiterhin vom Niedrigzinsumfeld der EZB profitieren. Globale Unsicherheiten und andauernde Krisen stellen ein Risiko dar, allerdings scheint dieses Umfeld mittlerweile auch auf den Aktienmärkten zur neuen Normalität geworden zu sein.
Fazit: Mit einiger Verzögerung unterstützen die im Vorjahr eingesetzten positiven Konjunkturimpulse nun verstärkt die wirtschaftliche Erholung in Europa. Die österreichische Wirtschaft konnte die günstigen Rahmenbedingungen vergleichsweise wenig nutzen und hinkt im europäischen Vergleich hinterher. Mit einem Abklingen dieser Konjunkturimpulse werden 2016 umso mehr wirtschaftspolitische Anstrengungen notwendig sein, um die Voraussetzungen für Investitionen und Wachstum in Österreich zu schaffen.
wko.at
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