PRIMENEWS
18.02.2015

Beim Streaming stehen die Künstler im Regen

Musikmarkt 2014 Aktuelle Bilanz der IFPI Austria – Verband der österreichischen Musikwirtschaft

Der digitale Musikmarkt boomt; Google saugt per Gratisangebot von YouTube-Umsatz ab.

Wien. Schon im vergangenen Sommer galt nach damals aktuellsten Zahlen das Musik-Streaming als der Boomsektor am heimischen Musikmarkt – laut Angaben des Verbands der Österreichischen Musikwirtschaft (IFPI Austria) waren die Umsätze im 1. Halbjahr 2014 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 60(!)% gestiegen, der Anteil am Online-Musikmarkt auf mehr als 25%. Jetzt scheint der Online-Musikmarkt in Österreich insgesamt – vorerst – einen Plafond erreicht zu haben. Die Tendenz, dass sich innerhalb dieses Segments die Umsätze nach wie vor von Download- zu Streaming-Plattformen verlagern, bleibt aufrecht, wie IFPI-Präsident Hannes Eder in einer Mitteilung des Verbands zitiert wird.

Downloads geben nach

Insgesamt verzeichnete der heimische Musikmarkt 2014 laut IFPI-Daten einen Umsatz von 145,5 Mio. €; das entspricht einem Minus von drei Prozent im Vergleich zu 2013. Im gesamten Online-Sektor wurden 30,2 Mio. € (2013: 31 Mio. €) umgesetzt, wobei Streaming mit einem neuerlichen Plus von 33% für 8,9 Mio. € zuständig war. Rückläufig zeigte sich hingegen der Download-Markt, der bei einem Minus von zwölf Prozent auf 20,6 Mio. € kam. Der Rest entfiel auf Einnahmen für Klingeltöne. „Der digitale Musikmarkt boomt dank Streaming-Abo-Anbietern wie Spotify und Deezer nach wie vor, hat aber einen wesentlichen Schönheitsfehler”, betont Eder: „Musikrechte werden nicht von allen fair abgegolten. Die mit Abstand meistgenutzte Musikquelle ist noch immer das Gratisangebot von YouTube. Davon profitiert primär dessen Eigentümer Google, während von Künstlern und Labels Umsatz abgesaugt wird.” Ein seit Langem von YouTube angekündig-ter Premium-Service, so Eder, bei gleichzeitigem Einschränken des Gratisangebots, wäre „ein großer Fortschritt – auch im Sinne des fairen Wettbewerbs unter den legalen Streaming-Diensten”.Für IFPI-Geschäftsführer Franz Medwenitsch stand der heimische Musikmarkt 2014 im Zeichen einiger „Verschiebungen” – „nicht nur vom physischen zum Online-Markt, sondern auch vom Download zum Streaming-Abo”. Würden sich Technologie- und Kommunikationsfirmen „besser mit den Labels vernetzen und einen fairen Deal machen”, dann sei noch „viel Wachstum” drin.Als nach wie vor stabiles Standbein sieht man bei der IFPI die physischen Tonträger: CD und Co sorgten im Vorjahr für 84,3 Mio. € Umsatz, wobei das Minus von vier Prozent dem geringsten Rückgang seit elf Jahren entspreche. Zum Vergleich: Im Jahr 2009 war der physische Markt noch für 162,5 Mio. € Umsatz verantwortlich. Die Lizenzeinnahmen über die Verwertungsgesellschaft LSG lagen 2014 bei 23 Mio. €, Merchandising und Synch-Rechte (Lizenzierung von Musik für Filme, etc.) steuerten weitere acht Mio. € zum Gesamt-ergebnis hinzu.

Mehr Vinyl in den Regalen

Auch der seit Jahren zu beobachtende Aufwärtstrend beim Verkauf von Vinyl-Schallplatten hält 2014 ungebrochen an. Der Umsatz mit Vinyl ist, wenn auch von niedrigem Niveau ausgehend, um satte 60% auf vier Mio. € gestiegen. Innerhalb der letzten drei Jahre hat sich der Vinyl-Umsatz verdoppelt. Die Schallplatte ist, so beschreibt es die IFPI, „endgültig wieder zu einem trendigen Lifestyle-Produkt geworden”. Neben den traditionell gut sortierten Vinyl-Fachhändlern setzen auch Elektronik-Großhändler verstärkt auf Schallplatten. Die Brancheninitiative Playvinyl (www.playvinyl.at) hat sich nach Eigenangaben zum Ziel gesetzt, „die Vinyl-Schallplatte von einem Nischenprodukt zu einem langfristig stabilen und weiter wachsenden Marktsegment zu entwickeln”.

Thema Festplattenabgabe

Über die gemeinsame Verwertungsgesellschaft der Künstler und Musiklabels LSG wurden im Jahr 2014 Einnahmen von 23 Mio. € erzielt. Bei der Vergütung für die Privatkopie auf digitale Speichermedien sind aufgrund der nach wie vor ungelösten Frage der so-genannten Festplattenabgabe, heißt es in der IFPI-Aussendung, massive Einnahmenrückgänge zu verzeichnen. Die LSG habe dies zwar durch Steigerungen in anderen Segmenten abfedern und „das letztjährige Ergebnis gerade noch halten können”, dennoch habe „das ungerechtfertigte Vorenthalten der Urheberrechtsabgabe auf Festplatten in PCs, Notebooks, Tablets und Smartphones für österreichische Kunstschaffende und Produzenten beträchtliche Einnahmenverluste zur Folge”.Die geplante Novelle des Urheberrechtsgesetz lässt in regelmäßigen Abständen die Wogen hochgehen; zuletzt war im vergangenen Dezember im Nationalrat eine „kleine Urheberrechtsreform” beschlossen worden, die die Digitalisierung und Verbreitung europäischen Kulturerbes über das Internet durch Bibliotheken oder Archive erleichtert, konkret bei Werken, deren Rechteinhaber unbekannt oder nicht auffindbar sind. Themen wie Festplattenabgabe oder Leistungsschutzrecht wurden weiterhin aufgeschoben.Die Plattform für ein modernes Urheberrecht, die sich gegen die Einführung einer Festplattenabgabe stark macht, hatte dies schon als „Absage an die Steuer auf Speichermedien” gefeiert. Noch ein Nachtrag zu den verkauften „Produkten”: An Helene Fischer kam als unangefochtener Topsellerin des Jahres 2014 niemand vorbei: Sie führt die Alben- und die Single-Charts der Jahreswertung 2014 an. Als erfreulich aus österreichischer Sicht ist zu werten, dass 24 Alben heimischer Künstler im Vorjahr in den Top 100 platziert waren – von Rapper Nazar bis zum traditionellen Neujahrskonzert. (red)

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