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© ORF/Thomas Ramsdorfer

Programgeschäftsführer Peter Schöber

Redaktion 06.03.2020

Vorhang auf für die Kulturnation Österreich

Am Donnerstag präsentierte ORF III das Programm für 2020 – Senderchef Peter Schöber im Interview.

••• Von Nadja Riahi

Anlässlich der Präsentation der ORF III- Highlights 2020 am Donnerstag bat ­medianet Programgeschäftsführer Peter Schöber zu einem ausführlichen Interview.

medianet: Herr Schöber, mit den Ereignissen rund um das Coronavirus stehen viele Medien vor einer herausfordernden Zeit. Wie geht ORF III damit um?
Peter Schöber: Wir decken den Bereich Kultur und Information in gleicher Weise ab – und in beiden Bereichen gibt es zwischen langfristig planbaren Inhalten auch kurzfristige, aktuelle Ereignisse, die wir in Form von Breaking News, Sonder- und Spezialsendungen wahrnehmen. Wir haben hier das Glück, dass Ingrid Thurnher und ihr Team sehr rasch und kompetent reagieren – Sondersendungen auf die Beine stellen, Diskussionen organisieren und dem Publikum Liveübertragungen von Pressekonferenzen und wichtigen Ankündigungen im öffentlichen Interesse sowie jetzt zum Coronavirus bieten. Der ORF informiert die Bevölkerung in all seinen Medien umfassend. Die Zusammenarbeit über alle Konzernbereiche hinweg funktioniert hier erstklassig – zwischen Radio, Fernsehen, Online, Teletext und den ORF-Landesstudios. Außerdem arbeiten wir eng mit den staatlichen Institutionen zusammen, wie etwa mit dem Krisenstab im Innenministerium und den verschiedenen Gesundheitsbehörden. Unsere Inhalte werden von der Bevölkerung sehr gut angenommen. ORF III erreicht jeden Tag zehn Prozent der Bevölkerung. Das freut uns, weil es eine Bestätigung unserer Arbeit ist und wir unsere Reichweite seit Senderbestehen jedes Jahr maßgeblich steigern konnten, wiewohl Quotenmaximierung nicht im Vordergrund von ORF III steht, denn unser höchstes Gut ist die Glaubwürdigkeit.

medianet: Im Interview vom vorherigen Jahr haben Sie erwähnt, dass Sie Themen wie Bildung und Zeitgeschichte noch mehr auf Sendung bringen wollen. Inwiefern haben Sie das heuer umgesetzt?
Schöber: Im Bereich ‚Bildung' haben wir ein Schulquiz gestartet, mit dem wir versucht haben, eine neue Zielgruppe zu erschließen, und das mit gutem Erfolg; wir überlegen, ob wir damit in die zweite Runde gehen. Die Auseinandersetzung mit der Zeitgeschichte ist uns bisher schon gut gelungen. Das wollen wir heuer mit einem umfassenden Schwerpunkt zu den Republiksjubiläen weiter steigern. Wir möchten damit den Menschen näherbringen, dass die Zweite Republik noch gar nicht so alt ist. Gemeinsam mit Universitäten haben wir ein großes Zeitzeugenprojekt gestartet, für das Studierende quer durch Österreich fahren, um Zeitzeugen zu interviewen. Die große Überraschung: Auf unseren Aufruf haben sich Hunderte Menschen gemeldet!

medianet: ORF III erreicht zehn Prozent Prozent der Bevölkerung – wie schätzen Sie das Verhältnis zwischen Jung und Alt ein?
Schöber: Das Erstaunliche ist, dass Zeitgeschichte unser jüngster Slot ist. Das ist auch meine persönliche Wahrnehmung. Zeitgeschichte und politische Bildung zählen zu den wichtigsten Themen, die die junge Generation sehr gut erreichen. Die Mediennutzung ist generell eine hohe Gewohnheitsnutzung. Während zum Beispiel Menschen meiner Generation in der Früh ihr Smartphone checken, um die neuesten Nachrichten abzurufen, scrollt ein Jugendlicher durch Instagram. Aber die Frage, wie wir jüngeres Publikum erreichen, gibt es schon länger und begleitet uns nicht erst seit dem technologischen Wandel. Und die Mediennutzung verändert sich auch mit der Zeit und dem Alter – ob man will oder nicht (lacht). 

medianet:
Welche Bedeutung hat ORF III für die Medienlandschaft in Österreich?
Schöber: Wir bespielen ein wichtiges Programmsegmet – ich sage bewusst nicht Nische, weil wir uns als Kulturnation bezeichnen, die wir auch sind – und versuchen dabei, Kunst und Kultur auf allen Ebenen zu vermitteln. Wir sind gestartet als Archiv- und Abspielsender, haben im ersten Jahr zwei oder drei Klassikproduktionen verwirklicht. Jetzt sind wir im neunten Jahr und realisieren über 50 Produktionen heimischer Kulturbühnen.

medianet:
Wie gelingt diese Vermittlung für ein, wie von Ihnen bereits angesprochen, breit gefächertes Publikum?
Schöber: Wir möchten das Kulturengagement in Österreich verstärkt nach außen zeigen, indem wir 3sat und Arte in einer Hauptabteilung für alle Kultursender-Aktivitäten zusammengeführt haben. Da gibt es natürlich Synergien, die wir bestmöglich nutzen, um so die Kulturnation Österreich international noch besser zu verankern. Das ist uns letztes Jahr schon gut gelungen, etwa mit der Liveübertragung des Festkonzerts anlässlich 150 Jahre Staatsoper, gemeinsam mit Arte, mit der wir europaweit ein Millionenpublikum erreicht haben.

medianet: Welche anderen Projekte realisiert ORF III noch?
Schöber: Sie haben vorher auch das Thema Bildung angesprochen; hier ist es eine wesentliche Aufgabe von ORF III, wie ein Inkubator für unsere Partner zu sein. Wir realisieren viele Projekte mit österreichischen Universitäten und Kunsthochschulen, etwa ‚Pixel, Bytes & Film – Artist in Residence', den Fritz-Kreisler-Wettbewerb oder auch unser Zeitzeugen-Projekt. Darüber hinaus arbeiten wir eng mit kulturellen Leuchtturm-Institutionen wie der Ars Electronica zusammen, aber auch mit dem Verein T.I.W., der benachteiligte Jugendliche dazu motiviert, Kulturangebote zu nutzen und – ja, auch das – cool zu finden. Ein Ergebnis dieser Zusammenarbeit ist das Projekt ‚Bühne, Oida!'. Hier besuchen Jugendliche unterschiedliche Konzert- und Theaterveranstaltungen und gestalten in weiterer Folge mit ihren eigenen kreativen Mitteln einen Beitrag darüber.

medianet: Wien kann als Österreichs Kunst- und Kulturzentrum gesehen werden. Wie sehr binden Sie die anderen Bundes­länder in das Programm mit ein?

Schöber: Die Bundeshauptstadt hat natürlich einen besonderen Stellenwert, aber wir präsentieren aus jedem Bundesland allein in der Klassik zumindest ein bis zwei Events pro Jahr. Welcher andere Sender macht das schon? Gleichzeitig kommt dieses Programmschema bei unserem Publikum sehr gut an. Mit rund 800.000 Zuseherinnen und Zusehern täglich sind wir mittlerweile mit Abstand der erfolgreichste Kultur- und Informationssender in Europa – und das in nur neun Jahren und mit überschaubaren Mitteln. Möglich ist das nur dank eines motivierten Teams, meiner tollen Geschäftsführungskollegin Eva Schindlauer, die sehr sorgfältig auf unsere Budgets achtet, und durch die Unterstützung des Gesamtkonzerns, allen voran des Generaldirektors Alexander Wrabetz und des Kaufmännischen Direktors Andreas Nadler.

medianet:
Was sind für Sie persönlich die Highlights des neuen Programms?
Schöber: Ich freue mich auf das ganze Programm, ein großes Highlight wird der Schwerpunkt rund um die zeitgeschichtlichen Anlässe und Jubiläen.

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