Wien. Der geförderte Wohnbau in Wien schreibt Rekorde: Im Vorjahr wurden an die 7.300 Wohnungen fertiggestellt, jede Woche wurden im Schnitt 140 neue Wohnungen übergeben. Geht es nach Wiens Wohnbaustadtrat Michael Ludwig, wird das Tempo beibehalten: „Knapp 200 Projekte mit mehr als 20.000 Einheiten sind derzeit in Bau oder Vorbereitung”, sagt Ludwig im Gespräch mit medianet; sie werden in den nächsten zwei bis drei Jahren sukzessive realisiert.
Diese Neubauleistung ist auch nötig, denn der Zuzug bis 2030 wirdauf 200.000 geschätzt, womit Wien unter Europas Städten prozentuell am stärksten wachse; andernorts zeichnen sich gegenläufige Trends ab, etwa in Italien, aber auch in Metropolen im Norden, etwa Riga. Wien ist gefragt – kein Wunder: Zahlreiche Studien und Rankings attestieren der Bundeshauptstadt eine ausgezeichnete Positionierung im globalen Kontext (s. Textkas-ten). Ludwig: „Wien ist außerdem die größte Universitätsstadt imdeutschsprachigen Raum, gemessen an der Zahl der Studenten, ebenweil der Wohnraum für Studierende leistbar ist; zudem ist Wien Konferenzstadt Nr. 1 weltweit.” Dabei verknüpft die Stadt Wien auch öffentliches Interesse mit privatem Kapital: Seit 2011, dem Start der „Wiener Wohnbauinitiative”, wird weiterer leistbarer Wohnraum auch durch die Bereitstellung von städtischen Grundstücken und günstigen Darlehen in Kooperation mit privaten Bauträgern und Finanzdienstleistern wie Banken und Versicherungen geschaffen. Ludwig: „Dieses Modell erregt international Aufsehen. Es gibt genügend Kapital, das veranlagt werden will, beim Wohnbau in Wien schießen die Renditen zwar nicht in den Himmel, es ist aber eine sichere Veranlagung.” 2014 seien über dieses Pionierprojekt sechs Vorzeigeprojekte mit 655 Wohnungen fertiggestellt worden.
Verknüpfung mit Privaten
Weitere 3.488 Wohnungen mit 484 Mio. Euro Gesamtbaukosten seien derzeit in Bau, präzisiert Ludwig, heuer erfolgt zudem der Baustart für noch einmal 1.000 Einheiten. Das Wohnbau-Paket sieht zusätzliche 100 Mio. Euro für den Bau von weiteren 1.800 Wohnungen vor.Speziell für Menschen mit geringem Einkommen hat die Stadt Wien im Vorjahr die „Smart-Wohnungen” aus der Taufe gehoben; pro Quadratmeter Nutzfläche sind nicht mehr als 60 Euro Eigenmittel erforderlich, denn hier werde ein zusätzlicher Zuschuss von 200 Euro gewährt. Mehr als 2.500 dieser Wohnungen sind in Bau oder Bauvorbereitung.„Es wird aber nicht nur neu gebaut, der Großteil in Wien lebt ja im Bestand”, erklärt Ludwig. Deshalb will man ca. 10.000 Wohnungen im Jahr gefördert sanieren. Der Stadt Wien wäre es nicht gelungen, in den diversen Rankings Spitzenplätze zu belegen, wenn neben der Quantität (nicht nur bezüglich Einheiten, auch bezüglich der Quadratmeter pro Kopf) nicht auch auf die Qualität geschaut werde – und zwar schon bei Baubeginn: Bei den großen Stadt-erweiterungsgebieten wird gleich auch die Infrastruktur mitgedacht und mitgebaut. „Beispiel Seestadt Aspern”, so Ludwig, „hier konnten die Bauarbeiter gleich auch mit der U-Bahn zur Baustelle fahren.”
Zweiteilung verhindern
Ein Anliegen sei es auch, zu verhindern, dass der private und geförderte Markt allzusehr auseinanderdriften, spricht Ludwig die anhaltende Mietrechtsdebatte und die Preisschere an: „Allen Akteuren ist bewusst, dass ein neues, transparenteres und handhabbareres Mietrecht kommen muss. Die gesetzliche Neuregelung zu den Thermen und zum Wohnungszubehör war ein erster Schritt, der zeigt, dass man aufeinander zugehen kann. Der private Markt soll jedenfalls eingebunden werden.”Die ambitionierten Pläne sieht Ludwig von fiskalpolitisch anderweitigen Interessen nicht bedroht: „Investitionen im Wohnbau sind nötig. Wer mehr für das Wohnen ausgeben muss, hat weniger für den privaten Konsum.” Das leuchte ein. Zudem schaffe der Neubau Beschäftigung für 20.000 Menschen in Wien und den benachbarten Bundesländern.
Künftige Schwerpunkte
Die Ziele für die kommenden Jahre lauten weiterhin einerseits „möglichst viele leistbare Wohnungen auf hohem Niveau – auch für den (gehobenen) Mittelstand, zwecks sozialer Durchmischung”, andererseits Innovationen bei den Baumaterialien. „Wir beschäftigen uns viel mit Holzbau, auch Ziegel- und Massivbauweise. Gewonnene Erkenntnisse bezüglich des sinnvollen Einsatzes in Abhängigkeit der Bauhöhe, Funktionsweise, etc. könnten zum Exportschlager werden”, erwartet Ludwig.Dass der Stadt Flächen ausgehen, diese Angst scheint Ludwig nicht zu kennen: „Der Wohnfonds Wien hat derzeit rund 2,2 Mio. m2 im Portfolio, diese können wir schrittweise entwickeln und dem geförderten Wohnbau zuführen, wobei angesichts beschränkter Baugründe selbstverständlich sinnvolle regionalübergreifende Siedlungspolitik im Fokus liegt.” (lk)