MAILAND. Erst die Unruhen in Hongkong, nun das Coronavirus in China: Der Glanz und Glamour gewohnten Luxusgüterbranche rund um Marktführer LVMH, Burberry oder Estee Lauder droht ein tristes Jahr 2020. Experten erwarten für den zuletzt boomenden Sektor bestenfalls ein geringes Wachstum, vielleicht auch gar keins. Jefferies-Analyst Flavio Cereda senkte seine Wachstumsprognose für heuer von fünf auf ein Prozent.
"Das Rückstand liegt bei rund zwölf Milliarden Euro, und das Risiko besteht darin, dass dieses Jahr de facto ein Totalausfall wird", beschrieb er die Aussichten für die Luxusgüterbranche. Für das erste Quartal prognostizierte er einen Rückgang der chinesischen Luxusausgaben um mehr als ein Drittel.
"Da die Chinesen ein Drittel des Luxuspublikums ausmachen, bedeutet jeder Prozentpunkt, der beim Verkauf verloren geht, eine beträchtliche Auswirkung auf den Gewinn", erläutert David Perrotta, Manager beim britischen Berater Planet. Gerade die Nachfrage der Chinesen hat die globale Luxusgüterbranche im vergangenen Jahrzehnt beflügelt. Das Beratungsunternehmen Bain & Company schätzt, dass das Land 2019 mit einem Anstieg der Ausgaben um 26% auf 30 Mrd. € 90% des weltweiten Wachstums auf 281 Mrd. € getragen hat. Dabei geben die Chinesen am meisten Geld bei Einkäufen im Ausland aus – in Europa durchschnittlich 790 € pro Einkauf. Laut den Berechnungen von Planet kann dieser Betrag aber auf 2.800 € steigen, wenn Schmuck ins Spiel kommt.
Doch die Reiselust ist nun gebremst: Um die Ausbreitung des Coronavirus in Grenzen zu halten, sind ganze Städte in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt abgesperrt und Flüge gestrichen worden. Einige Länder, einschließlich der USA, verbieten Besuchern, die kürzlich in China waren, den Zutritt. Der Ausbruch des Coronavirus brachte auch schon die Geschäfte rund um das chinesische Neujahrsfest zum Erliegen - im vergangenen Jahr hatten die Chinesen in dieser Zeit noch rund 150 Mrd. USD (137 Mrd. €) für Reisen und Restaurants ausgegeben.
Zuletzt hatte die britische Modefirma Burberry über Einbußen in der Volksrepublik geklagt. Von den eigenen 64 Filialen in Festland-China wurden 24 geschlossen. Die noch geöffneten Geschäfte verzeichneten deutlich weniger Kundschaft und verkürzten ihre Öffnungszeiten. Das Geschäft mit chinesischen Touristen in Europa und anderen Regionen außerhalb Chinas sei zwar noch nicht betroffen, erklärte der Konzern. Wegen der Reisebeschränkungen werde aber damit gerechnet.
Auch die Kosmetikfirma Estee Lauder, der Coach-Handtaschen-Hersteller Tapestry und Capri, Eigentümer von Michael Kors, Versace und Jimmy Choo, kürzten wegen des Virusausbruchs ihre Gewinnprognosen. Ralph Lauren schloss die Hälfte seiner 110 Geschäfte im Land der Mitte, und der Schmuckhersteller Pandora erklärte, das Geschäft in China sei zum Erliegen gekommen.
Der Louis Vuitton-Eigentümer LVMH, weltweit größter Luxuskonzern, ist durch sein florierendes US-Geschäft zwar besser gewappnet. Der Vorstand erklärte, eine Eindämmung der Virusausbreitung bis Ende März werde keine allzu starken Auswirkungen auf das Gesamtgeschäft haben. In Hongkong brach der Umsatz im vierten Quartal allerdings um 40% ein, und die Virus-Epidemie dürfte das Geschäft weiter beeinträchtigen. (red)