••• Von Daniela Prugger
Die fleischverarbeitenden Betriebe sind von der Coronakrise unterschiedlich stark betroffen: Solche, die überwiegend den Lebensmittelhandel beliefern, schreiben weniger Verluste als jene, die die Gastronomie beliefern. Ähnlich verhält es sich bei den verschiedenen Geschäftsfeldern der Marcher-Unternehmensgruppe, erzählt Geschäftsführer Norbert Marcher. Mit umfangreichen Maßnahmen innerhalb der Produktionswerke und einer aktiven Kommunikationsstrategie nach außen versucht das Unternehmen durch die Krise zu kommen. Immer wieder wurde in den vergangenen Monaten über Corona-Ausbrüche in deutschen Schlachthöfen berichtet – was auch hierzulande nicht spurlos an der Branche vorbeigegangen ist.
medianet: Herr Marcher, hat die Wurst- und Fleischindustrie in den vergangenen Monaten einen Imageschaden erlitten?
Norbert Marcher: Die Berichterstattung über deutsche Verhältnisse war für das Image der Branche sicherlich nicht förderlich. Aus unserer Sicht ist in den Medien aber auch zum Ausdruck gekommen, dass besonders, was die Arbeitsverhältnisse betrifft, aber auch das Entstehen von Corona-Clustern, die Situation in Österreich mit jener in Deutschland nicht vergleichbar ist.
medianet: Mit welcher Strategie lässt sich das Image verbessern?
Marcher: Unser Zugang ist es, z.B. solche Interviews wie das jetzige zu führen, d.h. aktiv mit Botschaften, wenn nötig auch Richtigstellungen, nach außen zu gehen. Wir investieren viel Zeit in Transparenz, versuchen Rede und Antwort zu stehen. Wir arbeiten mit der Organisation ‚Land schafft Leben' zusammen, die auch bemüht ist, über die Herstellung von Lebensmitteln Aufklärungsarbeit zu leisten bzw. den gesamten Produktionsprozess zu zeigen.
medianet: Welche Auswirkungen des zweiten Lockdowns zeigen sich in der Fleischbranche?
Marcher: Natürlich ist die Fleischwirtschaft vom Lockdown in der Gastronomie betroffen, zumal ja mehr als 50 Prozent des Fleischs in Österreich außer Haus verzehrt werden. Insgesamt kann der Mehrabsatz im LEH das Minus des Außer-Haus-Verzehrs nicht ausgleichen. Zwischenzeitlich ist sowohl bei Schweinen wie auch bei Rindern und hier speziell bei Kühen ein Angebotsstau entstanden; der daraus resultierende Preisdruck belastet unseren Wirtschaftszeig zusätzlich.
medianet: Ist es automatisch so, dass billige Preise im Wurst- und Fleischsegment der Supermärkte schlechte Qualität und Arbeitsbedingungen bedeuten?
Marcher: Nein, das ist nicht der Fall. ‚Billigfleisch' im Sinne von minderer Qualität gibt es in Österreich nicht. Die Vorstufen aus Landwirtschaft und Fleischwirtschaft produzieren immer nach denselben hohen Maßstäben, und es ist zum Zeitpunkt der Produktion in der Regel nicht bekannt, ob das Fleisch zum Standardpreis oder in Aktion verkauft wird.
medianet: Was haben Betriebe aus den vergangenen Skandalen wie etwa jenen rund um Tönnies dazugelernt?
Marcher: Der ‚Skandal' in Deutschland waren Arbeits- und Wohn-Bedingungen sowie prekäre Beschäftigungsverhältnisse, die durch ein weit verbreitetes intransparentes Subunternehmertum gefördert wurden und im Übrigen seit Jahren hinlänglich bekannt waren. Diese Verhältnisse gab und gibt es bei uns nicht. In Österreich gibt es Mindestlöhne und Kollektivverträge für Arbeiter, auch 13. und 14. Gehalt. Dem Vernehmen nach werden diese Subunternehmerverhältnisse ab 2021 auch in Deutschland verboten. Das ist erfreulich, weil damit nicht nur die prekären Verhältnisse beendet sind, sondern auch eine jahrelange Wettbewerbsverzerrung zu Ende geht.
medianet: Vor welchen Herausforderungen steht Marcher bezüglich der von Ihnen beschäftigten Leiharbeiter?
Marcher: Mehr als 90 Prozent der bei uns Beschäftigten sind auch fest bei uns angestellt, wohnen überwiegend in Österreich oder sind Pendler, die täglich oder wöchentlich aus dem angrenzendem Ausland zu uns kommen. Diese Pendler kommen zum größten Teil aus Ungarn, Slowenien und Tschechien. Die von Ihnen angesprochenen Leiharbeiter sind Leasingarbeiter, werden in unseren Betrieben überwiegend für saisonale Spitzen wie z.B. in der Grillsaison benötigt. Beim ersten Lockdown im Frühjahr waren vor allem unsere Pendler immer wieder von drohenden und tatsächlichen Grenzschließungen betroffen, was für die Aufrechterhaltung der Schlachtung und Zerlegung problematisch war.
medianet: Wie hat sich denn das Konsumverhalten der Österreicher in den vergangenen Monaten und Corona-bedingt verändert? Welche Rolle spielt Biofleisch?
Marcher: Naturgemäß wurde in der Phase des Lockdowns weniger außer Haus verzehrt und mehr im Lebensmitteleinzelhandel eingekauft. Der Trend zu Regionalität und Biofleisch hat schon seit Jahren an Bedeutung gewonnen und hat sich während der Coronakrise noch zusätzlich verstärkt. Die Österreicher haben auch vermehrt zu Dauerwurst und Salami gegriffen - und lieber und mehr gekocht.