WIEN. Der Dezember ist für den Großteil der österreichischen Einzelhändler der wichtigste Monat im Geschäftsjahr, er gilt branchenintern als "5. Quartal". Das Weihnachtsgeschäft entscheidet darüber, ob das Geschäftsjahr erfolgreich endet oder nicht. Im Krisenjahr 2024 gilt dies mehr denn je, wenngleich die Ausgangslage heuer aufgrund der wirtschaftlichen Rezession, unzähliger Insolvenzen und einer unterdurchschnittlichen Konsumstimmung lange Zeit vor allem unter dem Motto der Verlustbegrenzung stand.
Weihnachtsgeschäft 2024 bringt Dezember-Mehrumsatz von 1,15 Mrd. Euro
Die gute Nachricht gleich zu Beginn: Das aktuelle Weihnachtsgeschäft ist weit besser als erwartet angelaufen. Das kalte Wetter dürfte seinen Teil dazu beigetragen haben, die heimischen Shoppingcenter verzeichneten hohe Kundenfrequenzen, auch in den Einkaufsstraßen war der Andrang an den beiden Adventsamstagen groß. Laut Standort + Markt war die zweite Adventwoche sogar die bisher frequenzstärkste Woche des ganzen Jahres.
"Die Umsatzprognose von Handelsverband und WIFO für den österreichischen Einzelhandel geht heuer von einem Dezember-Umsatz von insgesamt 7,5 Milliarden Euro aus, der weihnachtsbedingte Mehrumsatz liegt bei 1,15 Mrd. Euro netto. Im Vergleich zum Vorjahr (7,34 Mrd.) freuen wir uns über eine moderate Steigerung von 2 Prozent", so Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes. Inflationsbereinigt entspricht das einem Plus von 0,6.
Dezember-Mehrumsatz im Non-Food-Handel mit minus 26 Mio. Euro deutlich hinter Vorjahr
"Wir sehen auch heuer deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Branchen. Betrachtet man lediglich den Nichtlebensmittelbereich, liegen die Mehrumsätze im Dezember um 26 Millionen Euro hinter dem Vorjahresniveau, und um rund 84 Millionen Euro hinter 2019 zurück", sagt Jürgen Bierbaumer, Senior Economist am Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO).
Das klassische Weihnachtsgeschäft wird definiert als Mehrumsatz im Dezember, der über den durchschnittlichen Umsätzen der Monate Jänner bis November liegt. Pandemiebedingt gab es hier jedoch seit 2020 zusätzliche Faktoren (z.B. unterjährige starke Umsatzschwankungen aufgrund von Schließungen im Handel), die eine exakte Abgrenzung dieser Mehrumsätze erschwert haben.
Kommende Woche treten im heimischen Handel bereits die Last-Minute Shopper auf den Plan. Immerhin 6% der Konsument:innen sichern sich erst in den letzten Tagen vor Heiligabend die Geschenke für die Lieben. Nach dem 24. Dezember werden dann Geldgeschenke eingelöst und das Gutscheingeschäft hat Hochkonjunktur bis weit in den Jänner 2025 hinein.
Top-Seller zu Weihnachten: Gutscheine an der Spitze, gefolgt von Spielzeug, Bargeld und Süßem
"Im Schnitt werden die Österreicherinnen und Österreicher heuer 386 Euro für Geschenke ausgeben, um 26 Euro mehr als im Vorjahr. Im Bundesländerranking greifen dieses Jahr die Niederösterreicher und Burgenländer mit 423 Euro am tiefsten in die Taschen, gefolgt von Oberösterreich und Salzburg mit 407 Euro. Leicht unterdurchschnittlich liegen die Tiroler und Vorarlberger mit 373 Euro sowie die Wiener mit 364 Euro. Das Schlusslicht bilden die südlichen Bundesländer Steiermark und Kärnten mit 355 Euro", erklärt Rainer Will.
"Gutscheine boomen heuer so stark wie noch nie (42%), auch der Trend zu Geldgeschenken hält an (28%). Die Menschen schenken somit Wahlfreiheit. Vielfach werden damit allerdings auch einfach Rechnungen bezahlt und keine Wareneinkäufe getätigt. Die Hochsaison des Handels hält durch das Einlösen von Gutscheinen, Geld und auch durch Umtausch bis in den Jänner an, ein natürliches Kundengewinnungsprogramm", so Will.
Bei den bevorzugten Waren greifen heuer 29% der österreichischen Christkinder im Einzelhandel zu Spielzeug und 24% zu Süßigkeiten. Immerhin je 23% setzen auf Bekleidung, Kosmetik und Bücher, um die Vorlieben der Liebsten zu treffen. Spannend ist auch der Blick auf die Ausgabenverteilung: Heuer wollen 23% der Österreicher ihre Geschenke ausschließlich im stationären Handel einkaufen und nur 6% ausschließlich Online (Vorjahr: 9%).
Weitere 15% haben geplant, zumindest drei Viertel ihrer Geschenke im eCommerce zu shoppen (Vorjahr: 19%). Die Bedeutung des Onlinehandels für das Weihnachtsgeschäft nimmt also tendenziell eher ab statt zu! Fernost-Plattformen wie Temu oder Shein spielen im Weihnachtsgeschäft keine große Rolle (6%). Heimische Qualität zählt – kaum jemand möchte seinen Liebsten ein Schrottprodukt von dubiosen Fernost-Plattformen unter den Christbaum legen.
Einzelhandel 2024: Umsatz klettert auf 77,2 Mrd. Euro (nominell +2,7%; real +0,7%)
"Aus all diesen Faktoren leitet sich unsere Gesamtjahresprognose 2024 für den österreichischen Einzelhandel von 77,2 Milliarden Euro netto ab. Eine nominelle Steigerung von 2,7% gegenüber 2023", sagt Handelssprecher Will. "Für 2025 erwarten wir, dass die Effekte des heurigen Weihnachtsgeschäfts noch stärker in den Jänner einwirken, insbesondere durch das Gutscheingeschäft sowie die Umtauschphase im stationären Handel nach Silvester. Spätestens im zweiten Quartal 2025 hoffen wir auf eine signifikante Aufhellung der Konsumlaune."
"Die Grunddynamik in der Umsatzentwicklung verlief heuer aufgrund der schwachen allgemeinen Wirtschaftsentwicklung durchwachsen. Das rezessive Konjunkturumfeld hat die Konsumlaune belastet, gleichzeitig ist die Sparquote stark gestiegen. Real liegen die Umsätze aber minimal über dem Vorjahr. Positiv ist auch, dass sich die Inflation in den letzten Monaten normalisiert hat", ergänzt WIFO-Experte Jürgen Bierbaumer. (red)