Die Finstere Brille
••• Von Christian Novacek
SCHULE DER KADAVER. Diesmal wirklich ziemlich finster: Ich fürchte, das nächste große, schwarze Ding düstert herauf – und während die Krise 2008 im forsch fehlgeleiteten Bankensystem ihren Ursprung hatte, sind diesmal alle schuld. Das Vierergespann Handel-Industrie-Marketing-Medien marschiert nicht mehr in eine Richtung; jeder der widerspenstigen Esel schnappt auf seiner Seite nach der Karotte, die da verlautet: Ich will mehr, mehr, mehr! Ungleichgewichtungen im Verhältnis zwischen Handel und Produzenten sind jetzt zwar nix ganz Neues, und die überzogene Gewinnorientierung von Konzernen mäanderte schon immer in den zweistelligen Bereich hinein, aber die Aggressivität, mit der heutzutage auf den eigenen Vorteil geschaut wird – die ist von einem neuen, ganz großen Kaliber.
Das hat zur Folge, dass es das bis dato halbwegs solide Gespann zerreißt. Dazu passt die aktuelle Umfrage von Market, dass jeder zweite Bauer schwarz sieht. Dazu passt die zugenommene Intensität in der Medienkrise. Dazu passen die stagnierenden Umsätze im Handel, und natürlich hat auch die rasante Entwicklung der Eigenmarken bei den Händlern damit zu tun.
Während früher der eine den anderen, wenn auch vielleicht widerwillig, so doch durchaus und prinzipiell, am Leben ließ, geht nun das Begehr nach dem eigenen Vorteil über Leichen. Die ersten, die es nun betrifft, sind die elementarsten: die Bauern; Lebensmittelindustrie und Medien folgen. Der Handel wird am längsten und weitesten galoppieren – die Frage ist aber auch hier: Wohin und mit oder ohne Scheuklappen? Eigentlich sollte allen klar sein, dass mit denen, die tot am Boden liegen, auf Dauer kein blühendes Leben zu machen sein wird. Ein Umdenken ist angesagt, wie selten zuvor.
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