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© EY/Stefan Selig

Gunther Reimoser, Country Managing Partner bei EY Österreich.

Redaktion 09.05.2023

EY-Studie Top-500 F&E-Unternehmen

US-Konzerne liegen bei Forschungsausgaben deutlich vor Firmen aus Europa und Asien.

WIEN. Die innovativsten Top-Konzerne der Welt investieren stärker in ihre Zukunft: Die Forschungs- und Entwicklungsbudgets der 500 Unternehmen weltweit mit den höchsten F&E-Ausgaben stiegen 2022 im Vergleich zum Vorjahr um 14 Prozent auf umgerechnet 889 Milliarden Euro.
475 Milliarden Euro investierten die 164 Konzerne mit Sitz in den Vereinigten Staaten – ein Plus von 16 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dahinter folgen – mit deutlichem Abstand – Firmen aus Japan (87 Milliarden, plus 6 %) und Deutschland. Die F&E-Ausgaben der 29 deutschen Top-Investoren, die sich im Ranking platzieren, kletterten im Jahr 2022 um elf Prozent und lagen bei 68 Milliarden Euro.

Unter den Top-Investoren weltweit finden sich zudem immer mehr US-Konzerne – und immer weniger europäische Unternehmen. So zeigt der Langzeitvergleich, dass seit dem Jahr 2018 die Zahl der US-Unternehmen im Top-500-Ranking von 140 auf 164 stieg, während der Anteil Europas von 142 auf 133 Unternehmen schrumpfte. Auch Asien verlor an Gewicht: Die Zahl der asiatischen Konzerne im Ranking ging von 213 auf 191 zurück.

Das sind Ergebnisse einer Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY, für die die weltweit 500 börsennotierten Unternehmen mit den größten F&E-Budgets untersucht wurden.

Gunther Reimoser, Country Managing Partner bei EY Österreich: „Die technologische Leistungsfähigkeit und Innovationskraft von Unternehmen ist ein klarer Indikator für die heutige und zukünftige Wettbewerbsfähigkeit. Der Wettlauf ist allerdings im vollen Gange – und Firmen aus Europa drohen den Anschluss an die von den USA dominierte Weltspitze zu verlieren.“

Drittel der F&E-Investoren mit Sitz in den USA – voestalpine unter Top 500
164 der 500 analysierten Unternehmen kommen aus den USA, dahinter folgen Firmen aus Japan (98) und China (38). Damit sitzt ein Drittel der Unternehmen mit den weltweit höchsten F&E-Ausgaben in den Vereinigten Staaten, Deutschland stellt sechs Prozent der Top-Investoren. Aus Österreich reiht sich die voestalpine AG unter die Top 500-Unternehmen der Welt mit den höchsten Forschungs- und Entwicklungsausgaben.

Reimoser: „Im internationalen Vergleich weist Österreich aktuell mit 3,2 Prozent hinter Schweden und Belgien die dritthöchste Forschungsquote innerhalb der EU auf. Hohe Energie- und Produktionskosten, schwierig zu beschaffende Rohstoffe mit unsicheren Lieferketten und erhebliche geopolitische Spannungen sind jedoch herausfordende Faktoren. Die Innovationskraft das Landes weiter voranzutreiben ist jedoch von zentraler Bedeutung für den Wirtschaftsstandort. Schon seit einigen Jahren beoachten wir aber, dass es vor allem US-Unternehmen sind, die massiv in Innovation investieren.“

Sieben US-Unternehmen in den Top 10 – Technologiekonzerne an der Spitze
Sieben Unternehmen in den weltweiten Top Ten der Unternehmen mit den höchsten Innovationsausgaben sitzen in den Vereinigten Staaten, sechs von ihnen sind Digitalkonzerne. Amazon hatte 2022 das größte Innovationsbudget – umgerechnet knapp 70 Milliarden Euro* (plus 31 %). Auf dem zweiten Platz folgt die Google-Muttergesellschaft Alphabet mit Entwicklungsausgaben von 38 Milliarden Euro (plus 25 %), vor Meta Platforms (u.a. Facebook, WhatsApp und Instagram) mit 34 Milliarden Euro an Forschungs- und Entwicklungsausgaben (plus 43 %).

Auch die digitalen Pioniere Apple (25 Milliarden, plus 20 %), Microsoft (23 Milliarden Euro, plus 18 %), Samsung Electronics (18 Milliarden, plus 10 %) und Intel (17 Milliarden Euro, plus 15 %) investierten überdurchschnittlich stark in ihre Zukunft.

Zwei europäische Unternehmen belegen ebenfalls Platzierungen in den Top Ten: Roche aus der Schweiz liegt auf Platz acht (16 Milliarden Euro, plus 8 %), Volkswagen auf Rang neun (14 Milliarden Euro, plus 12 %). Dahinter folgt der US-Pharmakonzern Johnson & Johnson (14 Milliarden Euro, minus 1 %) – das einzige Unternehmen der Top Ten, bei dem die Innovationsausgaben sanken.

Reimoser dazu: „Sieben Unternehmen aus den USA, nur zwei aus Europa und eines aus Asien – geht es um den Faktor Innovation, sind die Top-Technologiekonzerne offenbar das Maß der Dinge. Es ist allerdings nicht so, dass alle Firmen aus den Vereinigten Staaten per se mehr Geld für Forschung ausgeben.“ Im Gegenteil: Die europäischen Pharma-Unternehmen investieren im Durchschnitt mit 17,4 Prozent einen höheren Umsatzanteil in F&E als die US-Unternehmen, bei denen die sogenannte F&E-Intensität nur bei 14,9 Prozent liegt. Und auch bei den europäischen Automobilunternehmen liegt die F&E-Intensität mit 5,9 Prozent höher als bei den US-Wettbewerbern (3,6 %).

Im Vergleich zu Europa gibt es aber in den USA einen völlig anderen wirtschaftlichen Branchenmix. So lassen sich in Europa 17 Prozent der Unternehmen, die es ins Top 500-Ranking schaffen, dem forschungsintensiven Technologiesektor (einschließlich E-Commerce) zuordnen, während in den USA der Anteil mit 35 Prozent mehr als doppelt so hoch ist. Gleichzeitig sind in Europa klassische Industriebranchen wie Autoindustrie, Maschinen- und Anlagenbau mit einem Anteil von 47 Prozent deutlich stärker gewichtet als in den USA, wo ihr Anteil nur bei 30 Prozent liegt. Die F&E-Intensität liegt bei Industrieunternehmen generell deutlich niedriger als bei Technologiekonzernen.

Der spezifische Branchenmix könnte sich in den kommenden Jahren als gravierender Nachteil für die europäische Wirtschaft erweisen, fürchtet Remoser: „Die Herausforderungen einer immer digitaleren Welt machen vor keiner Branche und keinem Unternehmen halt. Alle Branchen müssen sich mit der Digitalisierung und technologischen Umbrüchen beschäftigen und hier kräftig investieren. Wer diese Investitionen vernachlässigt oder es verpasst, auf die richtigen Trends zu setzen, den bestraft der Markt.“

Große Forschungsausgaben, hohe Margen
In zahlreichen Branchen ist ein deutlicher Zusammenhang von einer hohen Intensität bei Forschung und Entwicklung auf der einen und einem hohen Gewinn auf der anderen Seite zu beobachten. Beispiel Informationstechnologie: In dieser Branche liegt die EBIT-Marge bei überdurchschnittlich stark investierenden Unternehmen bei 21,6 Prozent. Bei den IT-Firmen, die relativ wenig Geld in die eigene Entwicklung stecken, liegt sie hingegen nur bei 11,9 Prozent. Ein ähnliches Bild zeigt sich im Bereich Medizintechnik (21,2 % gegenüber 13,1 %) und E-Commerce (9,6 % gegenüber -0,1 %).

Reimoser abschließend: „Aktuelle F&E-Investitionen brauchen je nach Branche mitunter Jahre, um sich niederzuschlagen, und sie sind zudem keine Garantie für dauerhaften Markterfolg und Innovationskraft. Doch die Zahlen zeigen: Erfolgreiche Unternehmen investieren in Forschung und Entwicklung. Firmen, die dies nicht können oder nicht wollen, dürfen auch keine großen Durchbrüche am Markt erwarten. Im Gegenteil, sie drohen gegenüber der Konkurrenz ins Hintertreffen zu geraten.“

*Amazon macht keine Angaben zum Posten „Ausgaben für Forschung und Entwicklung“. Als Annäherung werden hier die Zahlen zu Ausgaben für „technology and content“ verwendet, die allerdings höher ausfallen als die tatsächlichen Ausgaben für Forschung und Entwicklung

 

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