WIEN. Die Menge an Gütesiegeln, die einen "guten" Konsum versprechen, hat in den vergangenen Jahren relativ unübersichtliche Ausmaße erreicht. Einen Überblick in das aus Siegeln, Zertifikaten, Titulierungen oder sonstigen Merkmalen bestehende Sammelsurium, das Produkte oder Produktionsprozesse als "nachhaltige" kennzeichnen will, versucht der Südwind-Gütesiegel-Check zu bieten. 63 Gütesiegel und Initiativen für Lebensmittel und Bekleidung wurden untersucht.
Die österreichische Menschenrechtsorganisation Südwind hat in Kooperation mit der NGO Global 2000 und der deutschen Romero Initiative (CIR) ein 127-Seiten umfassendes Booklet erstellt, die darin enthaltenen Ergebnisse können auch direkt beim Einkauf in Form eines Online-Tools abgerufen werden. Der Fokus auf die Bereiche Ernährung und Bekleidung erfolgte aufgrund der besonders hohen Anzahl an unterschiedlichen Qualitätszeichen, hieß es. "Die große Auswahl an Siegeln macht es Konsumentinnen und Konsumenten schwer, zwischen strengen Standards und reiner Selbstvermarktung zu unterscheiden", sagte Angelika Derfler, Südwind-Koordinatorin des Gütesiegel-Checks, zur Motivation dahinter.
In einem ersten Schritt wurden die Label nach deren Gründungsinitiative, Zielgruppe und die Untersparten Qualitätssiegel, Eigenmarken von Unternehmen, Unternehmens- sowie Multi-Stakeholder-Initiativen unterteilt. 40 davon wurden dann per Ampelbewertung in den drei Kategorien "Ökologie", "Soziales" und "Transparenz und Wirksamkeit" bewertet. Jene Eigenmarken, die sich auf andere Siegel beziehen und Siegel mit spezifischen Fokus wie "ohne Gentechnik hergestellt" wurden schon zuvor aus der Ampelbewertung ausgeschlossen.
Am Ende waren es neun Siegel und Initiativen, also fast ein Viertel, die in mindestens einer Kategorie mit dem Maximum "anspruchsvoll" (grün) bewertet wurden, vier Siegel erhielten in mindestens einer Kategorie hingegen die schlechteste Wertung "mangelhaft" (rot). Mit dem Check könne nun jedes Siegel in den drei bewerteten Kategorien differenziert betrachtet werden, hieß dazu von Südwind.
"Ein perfektes, allumfassendes Gütesiegel gibt es nicht, trotzdem sind Gütesiegel ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung", so das Resümee von Sprecherin Derfler. Es brauche aber auch gesetzliche Verpflichtungen für Unternehmen, wie etwa ein effektives Lieferkettengesetz. Aus Sicht von Global 2000 sind die vielen Label jedoch auch eher irreführend als richtungsweisend. "Wir begrüßen die Bemühungen der EU diesen Wildwuchs mit der sogenannten Green Claims Richtlinie zu regulieren", wurde Martin Wildenberg, der Nachhaltigkeitsexperte der NGO zitiert, der für den Gütesiegel-Check die ökologische Nachhaltigkeit der Labels untersucht hat. Insgesamt offenbare sich, dass freiwillige Unternehmensrichtlinien oft weniger gut abschneiden würden, wie sie sich selbst darstellen: "Gütesiegel sind kein Allheilmittel, wenn es um Nachhaltigkeit geht“.
Infos unter: https://siegelcheck.suedwind.at