RETAIL
© Florian Wieser

Redaktion 08.11.2023

Handelshermes 2023: Wiener Händler für besondere Leistungen ausgezeichnet

WIEN. Das größte Branchen-Event des Wiener Handels ist am 6. November in den Sofiensälen mit mehr als 500 anwesenden Unternehmerinnen und Unternehmern über die Bühne gegangen. Das Highlight am „Abend des Wiener Handels“ war die Vergabe des Handelshermes, der höchsten Auszeichnung des Wiener Handels. Der Preis wird seit 1986 an Persönlichkeiten und Unternehmen verliehen, die besondere Verdienste um den Wiener Handel erworben haben, heuer erstmalig in fünf neuen Kategorien und mit Live-Publikumsvoting. Auma Obama, Germanistin, Soziologin, Journalistin und Autorin gab mit ihrer Key-Note „Nachhaltigkeit in aller Munde: Sinn und Zweck?“ Impulse für spannende Gespräche.

37.000 Wiener Händler leisten einen wichtigen Beitrag für unsere lebenswerte Stadt
„Der Handelshermes ist ein besonderer Preis, für besondere Leistungen in einer besonderen Branche. Wie kaum eine andere Branche ist der Handel nah am Menschen und prägt das Zusammenleben. Wir haben mit der Auszeichnung die Möglichkeit und die Ehre, persönliche und unternehmerische Erfolgsgeschichten zu erzählen und zu würdigen – Erfolgsgeschichten mit großem Mut, überdurchschnittlichem Engagement und Herz“, so Margarete Gumprecht, Obfrau der Sparte Handel in der Wirtschaftskammer Wien.

Die „Handelshermes“-Sieger stehen fest
Bei der heurigen Preisverleihung konnten die Gäste erstmalig live vor Ort die Sieger in den drei Kategorien „Innovation“, „Tradition“ und „Sortiment“ mitbestimmen. Mit den zwei Sonderpreisen „Lebenswerk“, „Institution“ wurden Unternehmer geehrt, deren Wirken im und für den Wiener Handel besonders hervorzuheben ist.

Gewinner in den drei Kategorien „Tradition“, „Innovation“ und „Sortiment“
Innovation: gurkerl.at, 1230 Wien

Der Handel braucht Unternehmen mit innovativen, visionären, kreativen und zukunftsgewandten Geschäftsideen oder Projekten. In der Kategorie „Innovation“ werden Unternehmen ausgezeichnet, die mit genau solchen Ideen oder Projekten die Branche weiterentwickeln.

Gurkerl.at will mit seinem Zustellservice ohne Filialen den Lebensmitteleinkauf revolutionie­ren. Denn hier muss nur die Nachfrage für das Wiener Zustellgebiet gegeben sein und nicht für einzelne Geschäfte - dadurch können mehr Artikel im Sortiment sein. So kann z.B. eine Pa­lette die Nachfrage von ganz Wien abdecken, würde aber in einer Filiale niemals ausreichend gekauft werden, um gelistet zu sein. Dadurch finden regionale Anbieter von Obst, Gemüse, Eiern und Co. ins Sortiment, der Kunde bekommt Produkte von Hofläden aus der Wiener Umgebung. Die Lieferung mit wiederverwertbaren Taschen und emissionsfreien Fahrzeugen ist nachhaltig, die Abholung von Verpackung und leeren Flaschen inkludiert.

Sortiment: Perzy Sabine „Wiener Schneekugel“, 1170 Wien

Innovative, neue Produkte beleben den Handel und verändern die Nachfrage und sind damit genauso wichtig wie echte Klassiker, die sich einen fixen Platz im Sortiment vieler Händler gesichert haben. Mit der Kategorie „Sortiment“ werden Unternehmen für Produkte ausgezeichnet, die sich auf unterschiedlichste Art und Weise einen wichtigen Stellenwert im Sortiment erarbeitet haben – als Wiener Klassiker oder Impulsgeber.

Erwin Perzy I nannte seine Erfindung „Glasku­gel mit Schneeeffekt”, eine weitere „Wiener Sil­vesterguss”. Aufgrund dieser beiden Ideen wur­de um 1900 der Betrieb gegründet. Heute wird er in dritter und vierter Generation geführt, die Schneekugeln werden auch in Japan, Amerika und der arabischen Welt gerne gekauft. Da jede Schneekugel auch heute noch in Handarbeit hergestellt wird, ist jede so einmalig wie eine Schneeflocke. Bei der Wiener Schneekugel lie­gen Herstellung und Verkauf in einer Hand, Sa­bine Perzy ist Händlerin und Produzentin. Die Schneekugeln sind in all ihren früheren, aktuel­len oder auch immer wieder anlassbezogenen Versionen ein echter Wiener Klassiker und weit über Wien hinaus bekannt.

Tradition: Mohilla Tabakspezialitätengeschäft, 1010 Wien

In der Kategorie „Tradition“ werden Unternehmen ausgezeichnet, die seit vielen Jahren einen festen Bestandteil der Wiener Handelslandschaft bilden und sich dabei einen besonders positiven, bedeutenden Stellenwert und Namen erarbeitet haben - für den Wiener Handel selbst und darüber hinaus.

1692 gegründet, ist der einstmalige K&K-Hof­lieferant seit 1858 als Familienbetrieb in der nunmehr siebten Generation mit Firmenchefin Maria Mohilla im Einsatz, um Wiens Rauchkultur zu wahren. Mohilla war bis vor einigen Jahren der einzige Ort in Wien mit begehbarem Humidor. Unter Zigarrenfans gilt das Tabakspezialitätengeschäft als eine der tra­ditionsreichsten Institutionen der Welt. Neben fast allen in Österreich erhältlichen Zigarren ist Mohilla Anlaufstelle für hochwertigste Rauch­requisiten, Pfeifen und alles andere, was man für vollendeten Tabakgenuss braucht. Wo an ei­ner der bekanntesten Geschäftsstraßen Wiens - dem Kohlmarkt - die unterschiedlichsten Men­schen aufeinandertreffen, steht Mohilla für den bedachten Genuss sensibler Tabakprodukte.

Gewinner der Sonderpreise „Lebenswerke“ und „Institution“
Lebenswerk: Gerhard Fischler (Wilhelm Neuber's Enkel Dr. Brunner & Kolb), 1060 Wien

Menschen, die dem Wiener Handel nachhaltig ihren eigenen Stempel aufgedrückt, dabei fair, sozial und stets über die eigenen wirtschaftlichen Interessen hinaus gehandelt haben, soll mit diesem Preis eine Danksagung des gesamten Wiener Handels ausgesprochen werden.

Der Handelshermes-Preisträger in der Kategorie „Lebenswerk“ Gerhard Fischler begann seine Karriere 1957 als Lehrling bei der Neuber und trat 1977 als Gesellschafter ein. 1978 übernahm er mit Johanna Kristen zu gleichen Teilen das Unternehmen. Er brachte es nicht nur zum Geschäftsführer einer der bekanntesten Drogerien von Wien, sondern auch zum engagierten Spitzenfunktionär in der Wirtschaftskammer Wien und im Österreichischen Drogistenverband. Auch heute engagiert er sich noch für seinen Beruf. Gerhard Fischler hat in seinem unternehmerischen Tun fair, sozial und stets über die eigenen wirtschaftlichen Interessen hinaus gehandelt. Insbesondere mit dem Drogistenmuseum, der Drogistenstiftung und seiner Tätigkeit in der WK Wien und im Drogistenverband hat er außerordentliche Leistungen und Verdienste für den Wiener Handel erbracht.

Institution: Margareta Turecek (Viktor-Adler-Markt), 1100 Wien

Der Sonderpreis Institution wird an Menschen verliehen, die in ihrem Betrieb, ihrem Grätzl, vielleicht sogar in ihrer gesamten Branche durch jahrelanges Wirken einen besonderen Status erlangt haben. Menschen, die sich den Ruf einer „guten Seele“ oder einer exzellenten Branchenkenntnis aufgebaut haben, die „Urgesteine“ sind, die aus ihrem Umfeld einfach nicht wegzudenken sind.

Die Handelshermes-Preisträgerin in der Kategorie „Institution“ Margareta Turecek ist ein echtes Wiener Original, die den Wiener Handel mit ihrem Wirken über Jahrzehnte vielfältig bereichert hat. Bereits als Vierjährige stand Margareta Turecek im neu eröffneten Geflügel-Stand der Mutter am Viktor-Adler-Markt und drehte aus Zeitungspapier Stanitzel. Zu dieser Zeit im Jahr 1947 gab es noch keine Eierkartons, sondern es wurde stückweise verkauft. Über viele Jahrzehnte fand man die engagierte Händlerin am Markt in Favoriten zwischen Hühnern, Enten und Gänsen. Die persönliche Note war neben dem vielfältigen Angebot, das auch Straußenfleisch und Straußen-Eierlikör beinhaltet, wohl auch der Grund, warum die Kunden ihr die Treue hielten. Denn beim Preis konnte sie mit den Supermärkten nicht mithalten. Margareta Turecek hat mehrere Generationen von Marktstandlern miterlebt hat und den Wandel im Markthandel nicht nur mitgelebt, sondern auch mitgestaltet. Gerade kleinere Originale mit Herz und Charakter, wie Margareta Tureceks Marktstand, machen die Wiener Vielfalt und Regionalität aus und bilden das Rückgrat der Wiener Handelslandschaft.

Handelsobfrau Gumprecht: „Händler der Zukunft müssen auf digitale und nachhaltige Lösungen setzen“

Im Anschluss an die Preisverleihung hatten die Gäste die Möglichkeit, über die Herausforderungen der Branche und die wichtigen Zukunftsthemen zu diskutieren. „Die Rahmenbedingungen für die Wiener Händler sind derzeit alles andere als leicht“, beschreibt die Handelsobfrau die aktuelle Lage. „So scheint die Pandemie überstanden, aber die Teuerungen, besonders bei der Energie, und der Fachkräftemangel verlangen den Unternehmern viel ab. Es steckt sehr viel Mut, Geschick und Können hinter der täglichen Leistung der Wiener Unternehmerinnen und Unternehmer. Mit wie viel Herzblut, Eifer und Enthusiasmus sie ihre Geschäftsmodelle weiterentwickeln und ihre individuellen Angebote und Services den Marktbedingungen anpassen, ist beeindruckend.“ Händler der Zukunft müssen weiterhin auf digitale und nachhaltige Lösungen setzen, so die Obfrau weiter: „Wer nachhaltig mit Ressourcen, Energie und Umwelt umgeht und effizient wirtschaftet, hat mehr Erfolg.“

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