WIEN. Im September liegt die Inflationsrate in Österreich laut Statistik Austria bei 10,5%. Laut einer Konsumentenbefragung von Mindtake Research im Auftrag des Handelsverbandes (n=1.000) fürchten 86% der Österreicher, dass das Preisniveau in den kommenden Monaten weiter ansteigen wird.
Das Konsumklima befindet sich in ganz Europa im freien Fall: Laut Eurostat stufen die privaten Haushalte in Österreich ihre wirtschaftliche Lage zurzeit noch pessimistischer ein als etwa zu Beginn der Corona-Pandemie. Der Vertrauensindex hat einen neuen Tiefststand von -32 Punkten erreicht. Dieser Negativtrend bei der Verbraucherstimmung manifestiert sich auch im jüngsten Konsumbarometer des Handelsverbandes, das im dritten Quartal 2022 erneut zurückgegangen ist.
Steigende Lebenshaltungskosten und explodierende Energiekosten dämpfen die Konsumlaune der Verbraucher demnach erheblich. Dadurch verringert sich auch der finanzielle Spielraum sowohl für Konsumausgaben als auch zum Sparen: Mittlerweile bewerten nur noch 7% ihre aktuelle Lebensqualität besser als vor dem Ausbruch des Ukraine-Krieges.
Steigende Kreditzinsen verschärfen Kaufkraftkrise
Hinzu kommt: Die jüngsten Zinserhöhungen durch die EZB haben die monatlichen Tilgungsraten bei vielen Kreditnehmern um über 10% verteuert. Kreditnehmer mit längeren Laufzeiten zahlen also aufgrund der Leitzinserhöhung deutlich höhere monatliche Raten. In Verbindung mit den rasant steigenden Energiepreisen tritt damit eine weitere Kostenlawine auf, die das finanzielle Überleben unzähliger privater Kreditnehmer sowie kleiner und mittlerer Unternehmen gefährdet und die Krisenfestigkeit schmelzen lässt. Aktuell kämpfen bereits vier von zehn Bürger mit steigenden Schulden aufgrund der Teuerung (38%), rund ein Fünftel kann Kredite nicht mehr ordnungsgemäß bedienen (18%).
"Die Konsumstimmung der Menschen ist im Keller, das schlägt sich jetzt immer stärker auf die Verkaufszahlen im Handel durch. Vor allem der Möbel-, Elektro-, Schmuck- und Modehandel sowie die Lebensmittelgeschäfte kämpfen inflationsbereinigt mit massiven Umsatzrückgängen. Die steigenden Kreditzinsen verschärfen die Lage zusätzlich", fasst Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will die aktuelle Lage zusammen.
HV pocht auf Energiepreisbremse
Die schlechte Verbraucherstimmung ist für die gesamte Handelsbranche eine Herausforderung. Nach zweieinhalb schwierigen Pandemie-Jahren und sinkender Eigenkapitalausstattung müssen die Unternehmen zudem mit exorbitant steigenden Energie- und Beschaffungskosten zurechtkommen. Das gefährdet laut Will „tausende unternehmerische Existenzen und Jobs“. Laut KSV1870 sind die Insolvenzen im Handel 2022 deutlich im Steigen, sie werden gegenüber dem Vorjahr um 115% höher ausfallen. Bereits jetzt verzeichnet die Branche mehr Pleiten als in den Corona-Jahren 2020 und 2021 zusammen.
Der Handelsverband-Geschäftsführer fordert deshalb „ein rasches, entschlossenes Handeln der Bundesregierung für eine Energiepreisbremse nach deutschem Vorbild". Zudem dürfe der Handel bei den staatlichen Unterstützungsleistungen nicht länger vergessen werden und Förderinstrumente müssten so ausgestaltet werden, „dass alle Betriebe, die von den steigenden Energiekosten existenziell betroffen sind, umfasst sind – immerhin stehen 600.000 Arbeitsplätze im Handel auf dem Spiel“, so Will abschließend. (red)