Die Finstere Brille
••• Von Natalie Oberhollenzer
SCHÖNER SHOPPEN. An zweierlei Dinge erinnere ich mich, wenn ich an Einkaufserlebnisse in den vergangenen Wochen denke: Das eine Mal wars eine gute, in Wahrheit eine zu gute Beratung. Das andere Mal war sie so grottenschlecht, dass es auch was für sich hatte. Zuerst die schlechte. Meine Schwester wollte sich was Neues für Obenrum leisten. Ergo gingen wir in ein Hutgeschäft im 16. Wiener Gemeindebezirk, das einen verstaubten 50er-Jahre-Schick ausstrahlte. Und fragten direkt bei der Verkäuferin, wo sich die Damenmodelle befinden. Die sah uns an, als ob sie schon seit Längerem mit keinem Menschen mehr zu tun gehabt hätte. Mit großen erstaunten Augen, mit einem Blick, als ob sie sich über eine Anmaßung wundern würde, die für sie offenbar an Dreistigkeit nicht zu überbieten war. Dann zeigte sie wortlos nach rechts. Ein wenig aufgeschmissen gingen wir in die angezeigte Richtung und schauten uns um. Dann wollte es meine Schwester nochmal wissen und ging nochmal zur Servicedame. „Was sind denn so die Trends heuer?“, fragte sie. Die Antwort, die sie bekam, war denkbar komprimiert. „Verschiedene“, entgegnete das Mädel. Woraufhin wir das Projekt Hut erstmal ad acta gelegt haben.
Mamma mia, che bel vestito!
Das andere Mal trug sich ebenfalls mit meiner Schwester in einer Boutique in Verona zu, in die wir spontan hineingeraten sind, weil die Sneakers in der Auslage so schön waren. Eine Signora, die aussah, als ob sie gerade aus der Vogue gehüpft wäre, mit feuerrotem Mund und einem hippen Nude-Kleidchen, beobachtete uns eine Weile, zupfte an ihren eingedrehten, zurechtgemachten Wellen herum ... und dann schlug sie zu. „Ein wunderschöner Pullover. Neu, brandneu, eine gute Wahl!“ schmierte sie mir Honig ums Maul, während ich einen Rolli betrachtete. Sie erklärte mir, dass das die Herbstfarbe schlechthin sei. Dann, händefuchtelnd, warum sie zu mir passt, aus welchem Material das Stück besteht und wozu ich es am besten kombiniere. Sie scharwenzelte zu meiner Begleiterin und tat dasselbe bei ihr. Bis sie uns schließlich zu den Umkleiden bugsierte und uns dazu brachte, einen Berg an Bekleidung anzuprobieren. Dabei schüttete sie regelmäßig Lobeskaskaden über unsere Outfits aus. „Belle, belle!“ Und das würde zu dem passen und da noch die Tasche dazu. Es war ein Riesenspaß, ein grandioser Shoppingrausch. Nur: Mit der Kreditkartenabrechnung kam denn auch der große Kater. Mein lieber Schwan! Ein Wunder, dass die Karte beim Bezahlen nicht verglüht ist! Dazu die Erkenntnis: Gute Verkäuferin = schlecht fürs Börserl.
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