WIEN. Die Landwirtschaft ist Betroffene und Treiberin des Klimawandels gleichzeitig, doch birgt sie auch ein großes Potenzial: Sie kann im Klimawandel zur Zukunftsgestalterin werden. Der Verein "Land schafft Leben" hat nun nach langer Recherche den ausführlichen Hintergrundbericht „Landwirtschaft und Klimawandel“ veröffentlicht.
Seit Beginn vergangenen Jahres recherchiert Land schafft Leben zum Thema Landwirtschaft und Klimawandel. Der Verein sammelt Ergebnisse zahlreicher Studien und führt Interviews mit Experten der Universität für Bodenkultur (BOKU) Wien sowie der Höheren Bundeslehr- und Forschungsanstalt (HBLFA) Raumberg-Gumpenstein. Aktuelle Forschungsergebnisse sind nun in Form eines Hintergrundberichts online gegangen. Auf der Webseite www.landschafftleben.at sind alle Fakten mit anschaulichen Infografiken zu finden. Hannes Royer, Obmann des Vereins Land schafft Leben wird das Thema in Zukunft in Vorträgen für die breite Öffentlichkeit zugänglich machen:
„Das Thema Landwirtschaft geht uns alle etwas an; sie sichert unsere Ernährung und gestaltet unseren Lebensraum. Daher sollten alle ihre Rolle als Zukunftsgestalterin im Klimawandel kennen.“
Die österreichische Landwirtschaft im EU-Durchschnitt
Österreichs Landwirtschaft wird oft als Positivbeispiel im Klimawandel kommuniziert, an dem sich andere EU-Länder orientieren können. Tatsächlich nimmt sie eine zentrale Rolle als Kohlenstoffspeicher ein. Die Böden des Grünlands und der Äcker und auch die Wälder speichern etwa dreimal so viel CO2 wie in der gesamten österreichischen Landwirtschaft ausgestoßen werden. Seit 1990 ist der Ausstoß zudem um 13 Prozent gesunken. Gemessen wird der Ausstoß in CO2-Äquivalenten. Der klimaschädliche Effekt anderer Gase wie zum Beispiel Methan oder Lachgas wird so mit dem von CO2 gleichgesetzt und vergleichbar gemacht.
Die Rindfleischproduktion, die in der Klimadiskussion stark in der Kritik steht, liegt mit etwa 14 kg CO2-Äquivalenten unter dem EU-Durchschnitt. Dieser liegt bei zirka 22 kg. Schweinefleisch liegt ebenfalls mit 6 kg CO2-Äquivalenten unter dem EU-Durchschnitt von 7,5 kg. Auch die Geflügelwirtschaft tut sich im EU-Vergleich positiv hervor: Mit 3,5 kg liegt sie deutlich unter dem EU-Durchschnitt von beinahe 5 kg. Wenn es um die Klimabilanz von Schweinefleisch geht, spielt vor allem der Sojaimport eine Rolle. Soja ist zu etwa einem Fünftel im Kraftfutter österreichischer Schweine enthalten und wird zu einem großen Teil aus Nord- und Südamerika importiert. Dort geht der Anbau mit Landnutzungsänderungen einher. Vor allem die Abholzung des Regenwaldes steht im Zusammenhang mit dem Klima in der Kritik.
„Klima-fit“ durch standortgerechte Landwirtschaft
Standortgerechte Landwirtschaft bedeutet, sich in der Produktion von Lebensmitteln an den regionalen Möglichkeiten zu orientieren und diese bestmöglich zu nutzen. So wird der weite Transport von Tierfutter und auch von Dünger für den Anbau des Tierfutters eingedämmt oder zumindest minimiert. Dadurch sinkt der CO2-Ausstoß und natürliche Kreisläufe werden unterstützt. Das ist ein klimafreundliches Ideal und als Konzept global anwendbar. Österreich bietet gute Voraussetzungen und hat zum Beispiel in der Schweinefleischproduktion bereits Maßnahmen getroffen: Der regionale Anbau von Soja für das Kraftfutter der Schweine rückt stärker in den Fokus. Dies hat bereits zu Rückläufen in den Importen geführt. So sanken die Nettoimporte von Soja im Zeitraum 2003 bis 2018 um zirka 37 Prozent. Für die Zukunft der Landwirtschaft und ihre Rolle im Klimawandel ist jedoch ein Punkt zentral: die Kaufentscheidung im Supermarkt für regionale und „klima-fitte“ Produkte. Mehr Fakten zu Landwirtschaft und Klimawandel sind im Hintergrundbericht auf der Webseite www.landschafftleben.at zu finden. (red)