WIEN. "Als vor rund einem Jahr Corona zur Pandemie wurde und der erste Lockdown begann, hat sich gezeigt, welche Leistungen die heimische Lebensmittelindustrie zu erbringen imstande ist. Die Produktion wurde rasch erhöht, um die Versorgung Österreichs sicherzustellen. Die 200 Unternehmen mit ihren 27.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern produzieren in Österreich tagtäglich sichere Lebensmittel in ausreichenden Mengen und bester Qualität, um verlässlich die Regale des Lebensmittelhandels zu füllen", erläutert Katharina Koßdorff, Geschäftsführerin des Fachverbands der Lebensmittelindustrie. Dass die heimische Lebensmittelindustrie als kritische Infrastruktur verlässlich arbeitet, beweist, wie wichtig es ist, leistungsfähige Betriebe im eigenen Land zu haben.
Bilanz: Ein Jahr Coronakrise bedeutet eine Berg- und Talfahrt für die Lebensmittelindustrie
Die vorläufigen Zahlen für 2020 zeichnen die Hochschaubahn der Nachfrage nach Lebensmitteln und Getränken in der Coronakrise deutlich nach: Die Entwicklung der abgesetzten Produktion zeigt für das erste Quartal 2020 einen coronabedingt deutlichen Anstieg um 5,1%. Ausschlaggebend dafür waren die Hamsterkäufe im Zuge des Lockdowns im März. Dabei handelte es sich großteils um Vorzieh- bzw. Lagerkäufe, wie der Einbruch der Produktion im 2. Quartal 2020 mit – 5,3% wiederum verdeutlicht. Das 3. Quartal 2020 brachte dann wieder einen leichten Anstieg der Produktion um 0,4%. Das 4. Quartal 2020 mit dem neuerlichen Lockdown Anfang November führte zum nächsten Einbruch in der Produktion um rund 5%. Das Jahr 2020 wird die österreichische Lebensmittelindustrie voraussichtlich mit einem Minus von 1,3% abschließen.
Ausschlaggebend für diese Entwicklung bleibt der Wegfall von Gastronomie, Gemeinschaftsverpflegung, Tourismus und der Eventbranche. Dieser verursacht bei vielen Unternehmen der Lebensmittelindustrie mittlerweile große Umsatzeinbußen. Hier wünscht sich die Branche vom Gesetzgeber ein klares Bekenntnis zur heimischen Lebensmittelindustrie im Rahmen des wirtschaftlichen Wiederaufbaus.
Starke Lebensmittelindustrie und stabiler EU-Binnenmarkt
Die weltweite Corona-Pandemie hat das Jahr 2020 geprägt. In dieser Krise haben sich vor allem zwei Dinge bestätigt: Wir brauchen eine leistungsstarke Lebensmittelindustrie und einen stabilen EU-Binnenmarkt. Denn beide zusammen sind Garant für eine funktionierende Wirtschaft sowie die sichere Versorgung der Bevölkerung, im Normalbetrieb wie in Krisenzeiten.
Ein weiteres Learning aus der Krise: 25 Jahre EU-Mitgliedschaft Österreichs bestätigen, wie wichtig sowohl offene Grenzen für Güter und Arbeitskräfte sind als auch ein stabiler und funktionierender EU-Binnenmarkt. Denn nur offene Grenzen ermöglichen Transporte von Rohstoffen, Verpackungen und fertigen Produkten sowie Arbeitskräfte, die aus anderen Ländern in heimische Betriebe einpendeln und hier auch dringend gebraucht werden.
Nur ein starker EU-Binnenmarkt öffnet Türen für heimische Lebensmittel
Welche immense Bedeutung der EU-Binnenmarkt für die österreichische Lebensmittelindustrie hat, bestätigen ebenfalls eindrucksvoll die vorläufigen Exportzahlen für das Jahr 2020.
Die EU (ohne GB) bleibt der wichtigste Markt für österreichische Lebensmittel: Rund 70% der Lebensmittelexporte gehen in die EU 26 (5,3 Mrd. €; + 4,7% gegenüber 2019), rund 30% in Drittstaaten (2,6 Mrd. €;
+ 1,1%). Neben Deutschland (2,7 Mrd. €; + 4,4%) zählen die USA (1,1 Mrd. €; + 5,1%), Italien (502 Mio. €; + 0,8%) und die Schweiz (313 Mio. €; + 9,1%) zu den Top-Exportländern. Bestseller bleiben neben heimischen Getränken (Energy Drinks, Eistee und Limonaden) auch Milchprodukte wie Käse, Süß- und Backwaren sowie eine Vielzahl an Lebensmittelzubereitungen. Heimische Futtermittel sind im Ausland ebenfalls sehr gefragt.
"Recovery": Wiederaufbau durch "Entlasten statt Belasten"
Jetzt gilt es, die Lebensmittelindustrie als starke Säule des Landes weiter zu entlasten, im Export zu fördern und den Standort Österreich im Wiederaufbau nach der Coronakrise fit für morgen zu machen. Denn neben der Bedeutung der regionalen Wertschöpfung ist die internationale Ausrichtung für viele österreichische Unternehmen lebensnotwendig. Zwei von drei im Inland produzierte Lebensmittel und Getränke werden auf über 180 Märkten quer über den Globus verkauft. Der Export sichert die Produktion und Arbeitsplätze in Österreich. Das Ziel muss es daher sein, die Wettbewerbsfähigkeit und das Exportpotenzial der Lebensmittelindustrie weiter zu stärken. Damit verbunden ist ein rasches Wiederhochfahren des österreichischen Tourismus mit einer zügigen Umsetzung der "Covid-19-Test- und Impfstrategie" essenziell für den Wirtschaftsstandort Österreich.
Jobmotor Lebensmittelindustrie besser unterstützen, nachhaltig ankurbeln und so Arbeitsplätze in vielen anderen Bereichen sichern
Viele Betriebe der Lebensmittelindustrie leiden als Zulieferer unter dem coronabedingten Ausfall von Gastronomie, Tourismus und Events. Unterstützungen helfen, die Arbeitsplätze und das Bestehen der Betriebe abzusichern: Jeder Euro, der in der Lebensmittelindustrie erwirtschaftet wird, löst 1,23 Euro an Wertschöpfung in anderen Unternehmen aus. Jeder Arbeitsplatz in der Lebensmittelindustrie bewirkt die Schaffung oder Absicherung von weiteren knapp zwei Arbeitsplätzen in Österreich. Koßdorff abschließend: "Nur eine starke Lebensmittelindustrie im eigenen Land gewährleistet die verlässliche Versorgung der Bevölkerung mit sicheren, guten und ausreichenden Lebensmitteln."
Stellenwert der Lebensmittelindustrie in Österreich
Die Lebensmittelindustrie ist eine der größten Branchen Österreichs. Sie sichert im Interesse der Konsumentinnen und Konsumenten tagtäglich die Versorgung mit sicheren, qualitativen und leistbaren Lebensmitteln. Die rund 200 Unternehmen mit ihren 27.000 Beschäftigten erwirtschaften jährlich ein Produktionsvolumen von deutlich über 9 Mrd. €. Rund 7,8 Mrd. € davon werden in Form von Erzeugnissen der Lebensmittelindustrie im Export in über 180 Länder abgesetzt. Der Fachverband unterstützt seine Mitglieder durch Information, Beratung und internationale Vernetzung. (red)