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christian novacek 10.03.2017

Leichte Nachbeben der Schleckerpleite

Fünf Jahre nachdem der erste kühle Hauch vom Konkurs dem Schlecker ins Gesicht blies, stehen die Schleckers vor Gericht.

••• Von Christian Novacek

Anton Schlecker hat dran geglaubt. Rudolf Haberleitner hat dran geglaubt. Und Lars Schlecker wollte es glauben: Dass die Drogeriekette, in welcher Form auch immer, zu retten gewesen wäre. Aktuell sind nun solche Vorwürfe aufgepoppt, die nahelegen, dass zwar nicht Schlecker, aber ein paar um die Drogeriekette herumschwirrende Milliönchen noch zu retten waren. Anton Schleckers Verteidiger Norbert Scharf verlautete im Sinne seines Mandaten Anton Schlecker eingangs dieser Woche: „Die Insolvenz seines Unternehmens war für ihn schlicht nicht vorstellbar. Die Firma war sein Lebenswerk – und blieb es bis zuletzt.”

Die Staatsanwaltschaft beschuldigt den heute 72-Jährigen, vor der Insolvenz Millionen aus der einst größten deutschen Drogeriemarkt-Kette gezogen zu haben – Geld, das überwiegend seinen Kindern zugutekam, den Gläubigern indes fehlte. Das Unternehmen sei spätestens Ende 2009 insolvenzreif gewesen – also gut zwei Jahre bevor Schlecker wirklich die Insolvenz anmeldete.

Gesundschrumpfen

Dafür, dass die Schleckers an die Sache glaubten, spricht nicht zuletzt die damalige (Jänner 2012) Einschätzung von Branchenkennern: Handelsexperte Peter Schnedlitz von der WU Wien rechnete mit einem „Gesundschrumpfungsprozess”.

Und selbst einen Monat später, also im Februar 2012, bekannte die Schlecker Österreich-Crew unter der Obhut von Lars Schlecker vollmundig: „Wir sind top motiviert, wir geben alles!” Das Team bezog sich damit auf Schleckers Aktivitäten außerhalb Deutschlands, die man als nicht gefährdet einstufte. Lars Schlecker formulierte es so: „Das Auslandsgeschäft hat die beste Perspektive für den Konzern, und Österreich ist unser bestes Land.”
Ja, glückliches Österreich: ­Alles schien im „grünen Bereich”, und alles, das waren zum Zeitpunkt stolze 930 Filialen mit einem vergleichsweise (geschätzten) geringen Erlös von 300 Mio. €. Da lag genau das Problem: Schlecker hatte sich kaputtgespart, quasi innen und außen. Derart geringe Umsätze entsprachen letztlich zusehends einer Drogerieleiche mehr als dem lebendigen Drogisten. Zum Vergleich: dm drogeriemarkt machte zuletzt (Geschäftsjahr 2016) 852 Mio. € mit nicht einmal 400 Geschäften.
Lars Schlecker hatte allerdings die Krux damals durchaus erkannt. Er setzte auf ein Restrukturierungsprogramm: „In Österreich funktioniert, was in Deutschland nicht funktioniert, weil wir hier sehr zeitgerecht mit der Restrukturierung begonnen haben”, äußerte er sich zuversichtlich.

Betrügerischer Bankrott?

Und jetzt: Auf betrügerischen Bankrott in einem schweren Fall, wie er Schlecker vorgeworfen wird, steht eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Lars und Meike Schlecker sowie ihre Mutter sind u.a. wegen Beihilfe zum Bankrott angeklagt. Die Anklage umfasst außerdem Insolvenzverschleppung, Untreue und eine falsche eidesstattliche Erklärung vor dem Insolvenzrichter. Auch zwei Wirtschaftsprüfer von EY (Ernst & Young), die falsche Bilanzen von Schlecker abgesegnet haben sollen, stehen vor Gericht. Bei der Pleite haben mehr als 23.000 meist weibliche Mitarbeiter – die sogenannten Schlecker-Frauen – ihre Arbeit verloren. Die Gläubiger blieben auf mehr als einer Mrd. € sitzen.

Logistischer Millionenschub

Der Kern der Vorwürfe kreist übrigens darum, dass Schlecker jahrelang Millionen auf die Logistik-Gesellschaft LDG umgeleitet haben soll, die die Filialen mit Waren aus dem Zentrallager belieferte. Die gehörte aber nicht zum Konzern, sondern Schleckers Kindern Lars und Meike. Die Staatsanwaltschaft glaubt, dass Schlecker „zum Wohle seiner Kinder” bewusst überhöhte Preise an die LDG gezahlt und sein Unternehmen damit massiv geschädigt hat.

Wie eine Pointe zum Abschluss der traurigen Schlecker-Story passt hier das Ende der dayli-Episode: Nach der Insolvenz des Schlecker-Nachfolgers in Österreich wurden ähnlich gelagerte Vorwürfe (Gläubigerschädigung) gegen den früheren dayli-Chef Rudolf Haberleitner zwei Jahre lang geprüft – nun sind die Ermittlungen abgeschlossen, und die Ergebnisse werden gesichtet. Wie immer die Nachbeben um den ehemaligen Drogeriediscount-Riesen auch enden werden – die Arbeitsplätze sind definitiv, die Erlöse nahezu verpufft.

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