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© Four Paws (vier-pfoten.at)

Redaktion 31.05.2022

Mogelpackung Tierschutz-Novelle: Das sind die größten Baustellen

„Vier Pfoten“ fordert Nachbesserung.

WIEN. Die Begutachtungsfrist der von der Regierung vorgelegten Novelle des Tierschutzgesetzes, der
1. Tierhaltungsverordnung und des Tiertransportgesetzes wird mit 1. Juni 2022 auslaufen. Die Tierschutzorganisation Vier Pfoten hat eine umfassende Stellungnahme abgegeben und fordert eine deutliche Nachbesserung des Pakets.

„So, wie die Novelle derzeit aussieht, darf sie keinesfalls Gesetz werden. Das wäre ein echter Rückschritt für Österreichs Tierschutz und eine Bankrotterklärung für die Herausforderungen der Zukunft. Mit dem neuen Landwirtschaftsminister wurden die Karten auf dem politischen Spielfeld neu gemischt – wir erwarten konkrete Nachbesserungen“, erklärt Vier Pfoten-Kampagnenleiterin Veronika Weissenböck.

Welche Änderungen müssen unbedingt vorgenommen werden? Vier Pfoten fasst die größten Baustellen zusammen.

Vollspaltenböden
Der Skandal: Sämtliche bestehende Ställe mit Vollspaltenböden - immerhin die vorherrschende Haltungsform in Österreich - dürfen weitermachen wie bisher. „Solange wir kein Ausstiegsdatum aus dieser Praxis definieren, wird sich nichts ändern; die grausamen Bilder werden uns weiterhin begleiten! Auch für die Landwirte braucht es eine klare Ansage der Politik, wie sie die Schweinehaltung in Österreich in die Zukunft führen möchte“, sagt Weissenböck.

Die Neuregelung sieht lediglich für Neu- und Umbauten in der Schweinehaltung eine Minimaländerung vor (mehr Platz und nur etwas weniger Spalten für einen Teil der Bucht), bei der man allerdings von keiner Verbesserung für das Tier sprechen kann: „Das grenzt an Konsumententäuschung“, so Weissenböck.

Wie wichtig ein absolutes Verbot der Vollspaltenböden wäre, zeigen Zahlen einer aktuellen veterinärmedizinischen Forschungsarbeit. Demnach wurde bei über 20% der österreichischen Schlachtschweine eine Lungenentzündung festgestellt – eine direkte Folge der schädlichen Ammoniakdämpfe, denen die Tiere auf Vollspalten permanent ausgesetzt sind.

Betäubungslose Ferkelkastration
Dieses Thema wurde nicht einmal diskutiert – und das, obwohl von dieser Tierquälerei in Österreich jährlich 2,7 Mio. Ferkel betroffen sind. Weissenböck: „Länder wie Deutschland machen es vor – dort ist die Kastration ohne Betäubung schon verboten. Es ist untragbar, eine solche Barbarei weiter zuzulassen.“

Schwanzkupieren bei Schweinen
Auch so eine Augenauswischerei: Das gegenseitige Verletzen der Tiere ist eine direkte Folge der katastrophalen Haltungsbedingungen. Um aus dem brutalen Eingriff endlich auszusteigen, bedarf es einer völligen Umstellung der Haltungsbedingungen. Stattdessen darf weiterhin routinemäßig der Schwanz kupiert werden, wenn innerhalb eines Jahres bei mehr als zwei Prozent der Schweine Verletzungen an Schwanz und Ohren auftreten. „Wenn sich die derzeitigen Haltungsbedingungen nicht massiv ändern, wovon keine Rede sein kann, bleibt es aber beim Status quo. Wir plädieren einmal mehr: Die Haltungsbedingungen müssen an die Tiere angepasst werden und nicht umgekehrt. Nicht umsonst wurde Österreich von der EU Kommission schon mehrfach gerügt“, meint Weissenböck.

Tiertransporte
Nicht weniger ärgerlich sind die „Neuerungen“ beim Tiertransportgesetz: Kälber dürfen künftig ab drei Wochen statt ab zwei Wochen Lebensalter transportiert werden, doch das ist immer noch viel zu früh. Für Vier Pfoten ist es frühestens ab zwölf Wochen tragbar.

Die angeblichen Verbesserungen bei Exporten in EU-Drittstaaten sind eine Farce. Zwar dürfen Schlacht- bzw. Masttiere nicht mehr in EU-Drittstaaten transportiert werden. „Was dabei aber unter den Teppich gekehrt wird: Das passiert jetzt praktisch auch nicht mehr, weil vor allem Rinder einfach regelmäßig als Zuchttiere deklariert werden, auch wenn sie am Bestimmungsort dennoch nach kurzer Zeit unter grausamen Bedingungen geschlachtet werden. Auch dürfen Zuchttiere weiterhin in Drittstaaten transportiert werden, wenn die Transportzeit max. 82 Stunden beträgt. Wir wünschen uns eine konkrete Regelung gegen den Transport per Schiff und Klarheit beim Exportverbot nach Nordafrika und in den Nahen Osten – das ist derzeit viel zu schwammig im Entwurf formuliert“, erklärt Veronika Weissenböck.

Anbindehaltung bei Rindern
Seit Jahren sind die Probleme um die permanente Anbindehaltung bekannt. Eine Übergangsfrist bis 2030 ist daher unverhältnismäßig lang. „Da muss sich viel schneller etwas tun“, fordert Weissenböck.

„Hecken für Hühner“
Ein Detail der Novelle, das weitreichende Auswirkungen auf Legehennen haben würde, ist in der medialen Berichterstattung bisher völlig untergegangen. Es geht um das Vorhaben, den Auslauf für Legehennen von bisher 8 m² pro Tier auf 4 m² pro Tier zu halbieren, wenn eine sogenannte Biodiversitäts-Weide, eine Art Hecke für die Hühner, angebracht wird.

„Wir sind ziemlich verärgert, dass mit dem Vorwand einer Verbesserung der Haltungsbedingungen durch mehr Strukturierung einfach klammheimlich der Auslauf für die Tiere halbiert wird. Ja, es gibt derzeit zu wenig Auslaufstruktur für die Legehennen. Aber eine Verbesserung von Strukturen darf doch nicht auf der anderen Seite erst recht wieder zu einer Verschlechterung für die Tiere führen! Gerne mehr Hecken, aber bitte ohne Reduzierung des Auslaufs“, sagt Weissenböck. (red)

www.vier-pfoten.at

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