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Redaktion 20.11.2015

Unternehmen haben es in der Hand

Baumwolle ist die wichtigste Naturfaser – eine Bestandsaufnahme über Produktionsbedingungen, Fashion und bio-faire Gütesiegel

••• Von Daniela Prugger

Biobaumwolle hat sich längst ihren Weg in die Sortimente der großen Textiler C&A, Nike und Puma gebahnt. Der größte Abnehmer für Biobaumwolle weltweit ist der schwedische H&M-Konzern: 2013 waren 10,8% der von H&M verwendeten Baumwolle bio-zertifiziert. „Doch bio ist nicht gleich fair und fair ist nicht gleich bio“, kommentiert Gabriele Homolka, Leiterin des Bereichs Chemie und Konsum bei der umweltberatung Wien. Baumwolle ist die wichtigste Naturfaser, so Homolka. Das wichtigste Argument für Biobaumwolle: kein Einsatz von Pestiziden und synthetischen Düngermitteln. Homolka: „Ich bin der Meinung, wenn so ein großer Konzern auf bio umstellt, dann ist das definitiv ein Fortschritt. Die textile Kette hat aber noch ganz, ganz viele andere Schritte.“ 


In der Bekleidungsindustrie ist Baumwolle der weltweit am häufigsten verwendete Rohstoff. Das hat neben historischen auch viele  pragmatische Gründe – der Tragekomfort etwa. Schätzungen zufolge werden die führenden Anbauländer China und Indien im Erntejahr 2015/16 jeweils auf eine Erntemenge von 29,5 Mio. (konventionelle) Baumwollballen kommen – und verwenden dafür reichlich Kunstdünger und Pestizide. Laut dem Institut Südwind werden für den Baumwollanbau zwei Prozent der globalen Ackerfläche, aber 16% der weltweit eingesetzten Pestizide genutzt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass jährlich 20.000 Menschen an den Folgen des Pestizideinsatzes sterben.

Dagegen werden die Fasern für ein Shirt aus Biobaumwolle komplett ohne Agrargifte produziert; das verbraucht im Gegensatz zu Polyester, Wolle und Viscose am wenigsten Energie (siehe Grafik).  „1-2 Prozent des Baumwollmarkts sind bio-zertifiziert und das ist, finde ich, erschreckend wenig“, so Homolka, und weiter: „Und das liegt irgendwie an uns allen, also sowohl an den Konsumenten, mehr Biobaumwolle zu kaufen, als auch an den Unternehmen, mehr Biobaumwolle anzubieten.“ Marktstudien zeigen immer wieder: Konsumenten wollen es bequem haben. Im stationären Handel außerhalb der Filialen von H&M haben es Bio-Textilien in der Regel schwer. Gerade in diesem Fall könnte der Onlinehandel eine Lösung sein. „Ich glaube nur, dass Biobaumwolle dafür noch bekannter werden und irgendwie mehr bei den Menschen landen muss“, so die Expertin.

Fast Fashion

Wir leben in einer Zeit, in welcher „fast“ das Gebot der Stunde ist, auch bei Fashion. Darunter wird das schnelle Kopieren von Laufstegmode und Trends verstanden, die Zahl der Kollektionen und Auslieferungstermine fällt immer höher aus: Sechs bis acht innerhalb eines Jahres sind inzwischen normal. Laut Greenpeace haben Verbraucher heute vier Mal so viel Kleidung wie noch 1980 im Schrank, darunter im Schnitt 20 Teile, die nie getragen werden. Niedrige Preise und schlechte Qualität fördern die Wegwerfmentalität auf der einen und die Kauflust auf der anderen Seite. Die Massenproduktion von Kleidern ist vielen Verbrauchern nicht bewusst. Laut Greenpeace werden pro Jahr weltweit rund 80 Mrd. Kleidungsstücke produziert. Textilien im Wert von 2,51 Mrd. € wurden in Österreich allein im ersten Halbjahr 2015 importiert – ein Plus von 6,9 Prozent. Exportiert wurde dagegen für 1,16 Mrd. €.
Für die vor allem in Asien gelegenen Herstellungsländer bedeutet dies neben immer knapper werdenden Lieferterminen, Lohnkürzungen und ökologisch unverantwortlichen Praktiken einen hohen Chemikalien­einsatz. Ganz zu schweigen vom Schutz in der Schwangerschaft – die meisten Personen, die in den asiatischen Textilindustrien beschäftigt sind, sind Frauen. „Arbeitssicherheit, Gebäudesicherheit – sie sind ja doch ständig im Kontakt mit Chemikalien und auch mit Staub in einer Näherei zum Beispiel“, fügt die Expertin an. Mittlerweile verlegen viele Konzerne ihre Produktionsstandorte von China nach Vietnam, Bangladesch, Indonesien – „weil China mittlerweile schon wieder zu teuer geworden ist. Das heißt sie sind dorthin ausgewichen, wo eben die Gesetze nicht so streng kontrolliert werden, wo das Grundeinkommen noch niedriger ist und die Menschen für noch weniger arbeiten“, erklärt Homolka.

Die Rolle der Unternehmen

Oft werden in den Herstellerländern etwa nationale Gesetzgebung und internationale Mindeststandards gegeneinander ausgespielt, kritisiert die NGO Clean Clothes- Kampagne. Auch Kinderarbeit ist noch immer ein Thema – sowohl in der Baumwoll- als auch Textilproduktion. „Es können wirklich nur alle zusammenhelfen. Es ist gut, dass es die NGOs gibt, also gerade in dem Bereich wirklich auch Clean Clothes, die da immer wieder aufzeigen und anonym in die Firmen reingehen“, führt die Expertin aus und findet es persönlich auch gut, „dass immer mehr Reporter darüber berichten und das immer mehr in den Medien kommt, wo auch wirklich undercover gezeigt wird, wies wirklich läuft, weil ich denke, die Bilder sind einfach am eindruckvollsten.“ Es handle sich einfach um eine Industrie, „die aus unseren Augen weg ist, weil das so weit weg produziert wird, dass wir uns darüber keine Gedanken machen. Die Unternehmen sind primär die Verantwortlichen, die haben es eigentlich in der Macht, die Situation zu verbessern.“

Orientierungshilfe Gütesiegel

Um Konsumenten die Orientierung, Informationsbeschaffung und Kaufentscheidung zu erleichtern, empfiehlt Homolka, auf Gütesiegel und Zertifikate zu achten. „Man muss immer unterscheiden, zwischen den eigenen Firmenlabels und den firmenunabhängigen Labels“, erklärt Homolka. Das im Lebensmittelbereich schon stark etablierte FairTrade-Zertifikat gibt es auch für Baumwolle „und bedeutet, dass die Bauern immer einen fairen Preis bezahlt bekommen, der über dem Welthandelspreis liegen muss.“ Auch das Label der FairWear-Foundation findet man immer häufiger und wird von Herstellern wie Patagonia verwendet. „Das allerwichtigste ist eigentlich das GOTS-Label (Global Organic Textile Standard), welches nämlich für eine Zertifizierung der ganzen textilen Kette steht.“ C&A hat genauso wie dm mittlerweile schon einige GOTS-Produkte. „Also das ist auch das, was wir, die umweltberatung, immer versuchen, den Konsumenten mitzugeben: Schaut’s auf dieses Zeichen.“

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