••• Von Daniela Prugger
Schichtdienst, individuelle Bürozeiten und eine transparente Unternehmensführung gab es bei Vöslauer schon vor der Coronakrise. Und es war eben diese Flexibilität, die das Unternehmen gut durch die vergangenen Monate gebracht hat. Mit einem Umsatz von rund 106 Mio. € im Jahr 2019 und einer Exportquote von 18% gehört das Unternehmen zu den erfolgreichsten des Landes und möchte auch als Arbeitgeber ein Vorbild sein. Geschäftsführerin Birgit Aichinger sprach mit medianet über das Vöslauer-Kernthema Nachhaltigkeit, Zukunftsperspektiven und die Lehren aus der Krise. Eines sei klar, so Aichinger: Die ökologischen, sozialen und ökonomischen Ziele müssen nun erst recht vorangetrieben werden, und zwar nicht nur vonseiten der Konsumenten.
medianet: Frau Aichinger, was haben Sie persönlich aus der Coronakrise gelernt?
Birgit Aichinger: Wie viele habe auch ich mir manchmal gedacht, dass weniger Stress ganz gut ist und gleichzeitig die regelmäßigen Reisen und die damit verbundenen Eindrücke vermisst. Ich habe die Krise als einen Verstärker für sehr vieles erlebt. Was man vorher verabsäumt hatte, hat sich doppelt gerächt. Was man vorher gut gemacht hat, hat sich doppelt ausgezahlt. Die wesentlichen Trends haben sich verstärkt, und auch die Gegensätze, die jeder von uns in sich trägt, sind eher größer als kleiner geworden.
medianet: Wie ist das Geschäftsjahr für- Vöslauer bisher gelaufen?
Aichinger: Unsere Pläne für 2020 waren sehr ehrgeizig. Bis zum 12. März lief es auch sehr gut, dann hat sich mit Corona natürlich vieles verändert. Als Versorgerunternehmen blieb unsere Produktion immer aufrecht. Was wir sehr stark spüren, sind die Auswirkungen auf die Gastronomie und den ‚on-the-go'-Bereich. Es fallen immer noch viele Konsumanlässe weg, wie der Kongresstourismus, Events oder Schulausflüge. Zudem sind weniger Touristen im Land, und generell sind die Menschen in ihrer Mobilität eingeschränkt. Es sind einfach weniger ‚Durstige' unterwegs.
medianet: Seit Anfang 2020 bestehen alle Mineralwasser PET-Flaschen zu 100 Prozent aus rePET. Gleichzeitig setzen Sie wieder verstärkt auf die Glasflasche. Welches Material ist nachhaltiger?
Aichinger: Unser Prinzip lautet, dass jedes Produkt besser und nachhaltiger sein soll als sein Vorgänger. Wir haben unsere Vöslauer-Gebinde hinsichtlich ihrer Umweltauswirkungen genau unter die Lupe genommen. Am besten bewertet wurden dabei die rePET-Pfandflaschen. Die pfandfreien 100% rePET-Flaschen und die Glas-Mehrweg-Gebinde lagen nahezu gleichauf. Beide Verpackungen sind umweltbewusst und haben daher ihre Berechtigung. Uns ist nicht nur wichtig, dass die Kunden nachhaltig einkaufen können, sondern auch, dass sich die Flaschen gut in ihren Alltag integrieren lassen. Wir wollen für jeden Konsumanlass ein hervorragendes Produkt in umweltgerechter Verpackung anbieten – manchmal ist das Glas, manchmal rePET.
medianet: Inwiefern bietet das turbulente Jahr 2020 Chancen, den Nachhaltigkeitsgedanken noch klarer an die Konsumenten zu kommunizieren?
Aichinger: Die Aufmerksamkeit für mehr Umwelt- und Klimabewusstsein ist definitiv gegeben und zwar mehr als je zuvor. Für uns ist klar, dass der wirtschaftliche Aufschwung, der jetzt dringend notwendig ist, keinesfalls auf Kosten der Umwelt oder des Klimas gehen darf. Wir sollten diese Krise lieber als Chance begreifen und die Wirtschaft in Zukunft nachhaltig und krisensicher gestalten: sozial, ökologisch und ökonomisch. Unserer Erfahrung nach sind Unternehmen, die nachhaltiges Engagement zeigen, auch krisenresistenter. Als Unternehmen müssen wir Teil der Lösung sein. Unser aller Engagement ist wichtig, um eine lebenswerte Welt für nachfolgende Generationen zu ermöglichen. Wir werden nicht müde, dies zu betonen.
medianet: Angenommen, die Wirtschaft würde ein weiteres Mal heruntergefahren – welche Auswirkungen hätte das auf den Betrieb?
Aichinger: Selbstverständlich wünscht sich das in vielerlei Hinsicht niemand. Wir würden als Versorgerunternehmen weiterhin unsere Produktion aufrechterhalten und weiterführen. Aber ein erneuter kompletter Wegfall der Gastronomie, der Hotellerie, des Event-, Schulungs- und Kongressbereichs, der Stillstand des Tourismus, etc., das wäre für viele nicht mehr machbar und hätte infolgedessen auch Auswirkungen auf uns und unseren Betrieb.
medianet: Vöslauer versucht, auch als Arbeitgeber ein Vorbild zu sein und die Gleichbehandlung von Frauen und Männern sowie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu forcieren. Welche Maßnahmen funktionieren besonders gut? Wo sehen Sie Handlungsbedarf?
Aichinger: Gleiche Bezahlung für gleiche Arbeitsleistung ist für uns selbstverständlich. Lohngerechtigkeit dokumentieren wir alle zwei Jahre im Equal Pay-Bericht. Wir wissen, dass Unternehmen nur dann erfolgreich sein können, wenn sie die richtigen Menschen an Bord haben. Es ist uns wichtig, Rahmenbedingungen für eine ausgewogene Balance zwischen Beruf und Familie zu schaffen. Für flexible Lösungen sind wir als Arbeitgeber für alle offen. Für mehr Gesundheitsbewusstsein bieten wir unterschiedliche Sport- und Gesundheitsprogramme an. Als Nächstes planen wir, ein Diversity-Konzept zu erstellen; darin soll das Verständnis für Vielfalt und Chancengleichheit festgelegt werden.
medianet: Was können andere Unternehmen diesbezüglich von Ihnen lernen?
Aichinger: Es ist wichtig, zuzuhören und ein Gespür dafür zu entwickeln, was notwendig ist, um ein Arbeitsumfeld zu schaffen, das motiviert und auch Spaß macht. Unsere Kollegen sollen Freude an ihren Aufgaben und die Möglichkeit zur persönlichen und fachlichen Weiterentwicklung haben. Hinter jedem Unternehmen stehen Menschen, deren Einsatz es auch in schwierigen Zeiten möglich macht, am Markt zu bestehen. Es lohnt sich, in die Mitarbeiter, ihre Gesundheit, ihre Aus- und Fortbildung zu investieren. Das schafft Zufriedenheit und Engagement, wir sehen das beispielsweise auch an unseren langjährigen Arbeitsverhältnissen.
medianet: Welche Schwerpunkte setzt das Unternehmen für die Zukunft?
Aichinger: Was wir vor mehr als zehn Jahren begonnen haben, wollen wir nicht einfach nur fortsetzen, sondern verstärken und verbessern. Wir werden auch weiterhin beobachten, wie sich Lebensstile gestalten und verändern und uns mitverändern, denn wir gehen mit dem Durst der Zeit, sorgen für Wohlbefinden und tragen Verantwortung für unsere Ursprungsquelle und die Menschen, die unsere Produkte schätzen und kaufen. Nachhaltiges Engagement erfordert Mut, Weitsicht und Offenheit – diesen Herausforderungen stellen wir uns und setzen auf nachhaltige Innovationen und das beste Produkt in einer möglichst umweltfreundlichen Verpackung. Wir sind für unsere ‚Zuckerscheu' bekannt und sehen, dass auch unsere Konsumenten Mineralwasser ganz ohne oder mit wenig Zucker schätzen.
medianet: Wie lauten Ihre Umsatzerwartungen für das Jahr 2020?
Aichinger: Wir freuen uns, dass wir mit einem Jahresumsatz von rund 106 Millionen Euro ein gutes Jahr 2019 hatten. Wir haben unseren Marktanteil von über 40 Prozent verteidigt und sind einmal mehr unserer Pionierrolle am österreichischen Markt gerecht geworden. Unsere Exportquote lag bei rund 18 Prozent. Mit der Covid-19-Pandemie hat sich natürlich auch unsere Prognose für dieses Jahr verändert. Der Sommer verlief aufgrund des Wetters abwechslungsreich. Nach wie vor beschäftigt uns die große Frage, wie es in Bezug auf die Pandemie weitergeht und wie sich der Herbst gestaltet. Denn davon wird auch das zweite Halbjahr unseres Geschäfts und dessen Entwicklung beeinflusst sein.