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© Martina Berger

Round TableDen Kunden im Griff: Walter Lukner (Payback), Harald Rametsteiner (FH St. Pölten), Oliver Jonke (medianet), Günter Lischka (Hutchison Drei Austria).

Redaktion 13.09.2024

Wie man den Kunden vom Fremdgehen abhält

Online, offline, via Karte und Loyalty-Programm: Der Kunde soll sich angesprochen fühlen – und treu bleiben.

••• Von Oliver Jonke und Georg Sohler

 

Jedes Unternehmen hätte gerne treue Kunden. Schließlich sorgen oft 20% der Kunden für 80% des Umsatzes – zumindest wenn es nach dem berühmtgewordenen gleichnamigen Prinzip des italienischen Ökonomen Vilfredo Pareto geht. Die große Frage in Sachen Kundenbindung ist aber, wie Marken aus „normalen” eben treue Kunden machen. Nicht wenige setzen auf Rabatte, wie man sie hierzulande vielfach kennt. Minus 70% auf Möbel hier, 25%-Pickerl da, 1+1 gratis dort. Herr und Frau Österreicher sind durch diese Aktionen verwöhnt und es stellt sich die Frage, ob Billigangebote reichen, um loyale Kunden zu bekommen.

Harald Rametsteiner (Dozent FH St. Pölten), Günter Lischka (CCO Drei) und Walter Lukner (Geschäftsführer Payback Österreich) diskutierten mit medianet-Herausgeber Oliver Jonke über das eingangs erwähnte Pareto-Prinzip und darüber, wie Loyalty gegen die „Rabattitis” helfen kann bzw. muss.

Emotionen wecken

Ausgangspunkt der Diskussion war die Annahme, dass es bei Sammelprogrammen, Kundenkarten und Co. – sprich Loyalty – um mehr gehen sollte, als um reine Schnäppchenjagd. Loyalty bedeutet Markentreue auf Basis der angebotenen Produkte und Dienstleistungen, nicht nur, weil etwas einfach billig ist.

„Loyalität bedeutet Emotion”, bringt es Lischka auf den Punkt. Diese empfinde man aber in erster Linie gegenüber Menschen, vielleicht Künstlern oder Sportvereinen, aber eher selten gegenüber Marken. Rametsteiner stimmt auf Basis seiner langjährigen Arbeit in der Forschung zu und meint, dass „sich alle Emotionalität auf die Fahne schreiben, auch Marken, die ihre Kunden gar nicht kennen”. Loyalty-Programme versuchen, dies zu ändern und wollen die Kunden kennenlernen. Umgelegt auf Wirtschaftlichkeit, ist der nächste Schritt für Lukner klar: „Loyalty heißt Zweit- und Drittkauf.” Was spricht für eine Marke, wenn es nicht nur der Preis sein soll? Oftmals wird an dieser Stelle das Unternehmen Apple angeführt: Kunden kaufen die Produkte, weil sie von dieser Marke überzeugt sind, obwohl es definitiv günstigere Angebote gibt.

Billig, wertvoll und Co.

Viele wollen so sein wie Apple, den wenigsten gelingt es aber. Gewohnheit spielt, wenn der Service passt, auch eine Rolle, wie der CCO des Mobilfunkanbieters weiter anführt. „Kundenbindung besteht nicht nur, wenn Leute etwas öfter kaufen”, so Lischka, „sondern dann, wenn sie weiter bei mir kaufen, obwohl es woanders günstiger wäre.” Obwohl die Drogeriemarktfiliale A weiter vom Wohnort entfernt ist, nimmt man den längeren Weg zu B in Kauf, weil das Shampoo dort so gut für die Haare ist.

Oftmals incentivieren Unternehmen diesen Umstand mittels Kundenbindungsprogrammen oder einer Einbindung in ein Multipartnerprogramm. Letzteres hat für Lukner gegenüber der klassischen Kundenkarte eines Unternehmens oder einer Marken-App einige Vorteile. Payback bietet mit seinen 3,2 Mio. Kunden zunächst einmal eine Reichweite, die ein einzelner Händler kaum schaffen würde. Zudem kennt man den Kunden sehr genau – von präferierten Produkten bis hin zum Wohnortwechsel – und kann somit online, offline und immer öfter mobil via Payback-App spezifische Angebote ausspielen und somit zielgerichteter arbeiten.
Das Entscheidende sei, dass die Unternehmen, die sich für Loyalty-Programme entscheiden, die richtige Frage stellen. Es gehe nicht um die Frage „Wie viele Neukunden bekomme ich?”, sondern „Wie kann ich Kunden weiterentwickeln?”.

In der Dauerschuld

Der Mobilfunk ist ein gutes Beispiel, da dessen breite Verfügbarkeit recht jung ist. So richtig durchgestartet ist man Anfang der 2000er-Jahre. Aber der Reihe nach: „Die Herausforderung der ersten Jahre war es, dass die Leute unser Produkt wollten, und wir waren mit der Frage konfrontiert, wie wir die Menschen onboarden”, erinnert sich Mobilfunkexperte Lischka. In den Anfangstagen brauchte es Shops für die Kreditchecks und Erklärungen. Das änderte sich mit den Jahren und ist heute viel einfacher. Wenn nichts Grobes passiert, bleiben die Menschen bei ihrem Anbieter, denn im Großen und Ganzen ähneln sich die Angebote ab einem gewissen Punkt. Sowohl im B2B-, als auch im B2C-Bereich gebe es vergleichbare Produkte zu ähnlichen Preisen. Beispiele für Innovationen im Mobilfunk sind die Smartphones, als jedermann ein „Wischhandy” wollte, Apps, die eine gewisse Leistung verlangen oder neue Netzstandards wie 5G. Solche Entwicklungen gebe es alle paar Jahre. „Wenn die Innovation stagniert, geht es stärker in die Preisschiene, und die Kunden wollen sich ein paar Euros sparen.”

Wachstum vs. Stabilität

Hier scheint auf den ersten Blick ein Unterschied zu anderen Konsumartikeln vorzuliegen. Das Dauerschuldverhältnis baut auf eine längere Vertragslaufzeit auf, der Kontakt zum Kunden besteht zwölf oder 24 Monate lang. Der Unterschied von FMCG-Produkten und einem derartigen Dauerschuldverhältnis oder Abo ist letztlich, dass der Kunde die entstandenen Kosten – das „geschenkte” Smartphone, die technische Infrastruktur eines Streamingdienstes – über die Vertragslaufzeit einspielen muss und das Geld nicht in der Sekunde am Tisch liegt.

In Sachen Loyalty liegt bei einem anderen Rhythmus eine ähnliche Logik vor. In allen Bereichen ähnelt sich im selben Preissegment die Qualität. Loyalty greift genau an dieser Stelle ein, wie Rametsteiner berichtet. „Wenn die Märkte gesättigt sind, muss ich mich gegenüber dem Wettbewerb wappnen, weil es weniger Neukunden gibt”, meint er. „Wir zitieren immer die 7-zu-1-Regel: Es ist siebenmal teurer, einen Neukunden zu gewinnen”. Das stimmt, auch wenn diese Relation in der Zwischenzeit noch gestiegen ist. Denn der Ursprung dieser Annahme datiert aus dem Jahr 2000, und die Autoren in der Harvard Business Review legten sich inzwischen darauf fest, dass die Akquise eines Neukunden bis 25 Mal so teuer sein kann, wie einen bestehenden zu behalten.
Letztlich, wirft Moderator Oliver Jonke ein, gehe es um den Customer Lifetime Value. „Die Frage ist, ob jemand meinen Rabatt oder mein Produkt kauft”, bringt es Lischka auf den Punkt. Schlecht nur, dass die Menschen längst daran gewöhnt sind, Produkte nicht zum UVP zu kaufen – dieser hat mit dem tatsächlichen Preis bekanntlich oft wenig zu tun.

Richtig ansprechen

Dennoch schließen Rabatte und Loyalität einander nicht aus, so Lukner: „Unsere Plattform steht für gezielten Einsatz von Rabatten und nicht für die Gießkanne. Jeder Haushalt kriegt das passende Angebot.” Auch Transparenz ist entscheidend, das Programm ist einfach und klar: Ein Punkt ist bei Payback einen Cent wert.

Drei wiederum baut eine Vorteilswelt rund um das eigene Produkt auf. Das reicht vom Drei Kino-Donnerstag (zwei Kinotickets zum Preis von einem) über die Verlosung von Führerscheinen oder Kurzurlauben bis hin zu vergünstigten Eintritten. Mit passenden Maßnahmen können Kunden angesprochen und gehalten werden.

Einfach und relevant

Gerade in für alle herausfordernden Zeiten ist es eine spannende Aufgabe. Rametsteiner glaubt nicht, dass sich viel ändern wird: „Wirtschaftliche Rahmenbedingungen spielen eine Rolle bei Rabatten. Die Situation ist angespannt, man schaut aufs Geld. Die Kombination aus Rabatten und Zufriedenheit wird in Zukunft genauso eine Rolle spielen”, erklärt er. Lukner stimmt zu: „Ich sehe es am Einsatz der Coupons. Das hat sich im letzten Jahr dramatisch gesteigert.”

Fazit: Kundenbindung und Rabatte schließen einander nicht aus, es braucht jedoch mehr als eine Incentivierung durch den Preis.

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