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christian novacek 25.11.2016

„Wir nehmen unsere Verantwortung ernst”

Als Unternehmenssprecherin manövriert Ines Schurin die Rewe durch ein spannendes Kommunikationsfeld.

••• Von Christian Novacek

Das war ein heißer Sommer, aber es muss ihm kein kalter Winter folgen: In der Kommunikation der Rewe International AG setzt man nach den Umstrukturierungen auf Evolution und nicht auf Revolution, meint jedenfalls die Unternehmenssprecherin Ines Schurin im großen medianet-Interview.

medianet: Umstrukturierungen, wie sie in der Unternehmenskommunikation bei der Rewe International AG im Sommer stattgefunden haben, sorgen oft für Missverständnisse. Gibt es ein aktuelles Missverständnis, das Sie aufklären möchten?
Ines Schurin: Tatsächlich gab es Missverständnisse. Da war von der Zerschlagung der Unternehmenskommunikation die Rede und dass diese in ihren Aufgabenbereichen reduziert worden sei – was nicht der Fall ist. Der Fachbereich Unternehmenskommunikation, also klassische Corporate Communications der Rewe International AG steht heute mit dem gleichen Aufgabenbereich da wie vor einem halben Jahr. Der RG Verlag und das Werbestudio – die jetzt einige Jahre lang der Unternehmenskommunikation zugeordnet waren – ­berichten nun aber wieder ­direkt an den Vorstand.

medianet: Wie eng ist die Zusammenarbeit mit der Unternehmenskommunikation in Deutschland? Oft ist das in internationalen Konzernen ja sehr streng geregelt.
Schurin: Wir hatten und haben in der Unternehmenskommunikation eine enge Anbindung – im Sinne einer guten Zusammenarbeit und eines konstruktiven Austauschs. Letztlich müssen die Botschaften der Rewe Group ja überall einheitlich und stimmig sein und in alle Richtungen zusammenpassen. Eine enge Zusammenarbeit ist daher notwendig, gut und fruchtbar – und abgesehen davon aus professioneller Sicht ganz selbstverständlich.

medianet: Wie ist Ihre Sicht der Rewe Unternehmenskommunikation und wie wird sich Ihre Arbeit von der Ihrer Vorgängerin unterscheiden?
Schurin: In den vergangenen zehn Jahren ist kommunikativ sehr viel aufgebaut worden. Das ist gut und stabil. Daher wird es sicher nicht so sein, dass jetzt ein radikaler Schnitt kommt. Es ist nach wie vor das gleiche Unternehmen, geändert hat sich die Person, die die Unternehmenskommunikation leitet. Und es ist meine Aufgabe, das Unternehmen zu positionieren und nicht meine Person. Darüber hinaus gibt es gerade viele gesellschaftliche, kommunikative und technische Umbrüche. Auch wir Kommunikationsexperten müssen versuchen, uns diesen neuen Entwicklungen möglichst gut anzupassen und darauf die richtigen Antworten zu finden – als Botschafter unseres Unternehmens ebenso wie als Vermittler zur und mit der Öffentlichkeit. Diesem Anspruch folgend, müssen wir uns laufend anpassen.

medianet: Könnten Sie dennoch die eine oder andere Änderung, die mit Ihrer Person einhergeht, etwas pointierter darstellen?
Schurin: Ich möchte jetzt nichts vorwegnehmen, wir arbeiten in einigen Bereichen an Weiterentwicklungen. Prinzipiell gilt aber der Grundsatz: Unser Rad muss nicht neu erfunden werden, wir leben einen evolutionären Zugang, keinen revolutionären.

medianet: Was würden Sie in der Rewe-Pressearbeit als verbesserungswürdig ansehen?
Schurin: Wir werden generell als wenig zugänglich wahrgenommen. Das ist natürlich teils auch der Größe des Unternehmens geschuldet. Wir versuchen daran zu arbeiten, eine gewisse Nahbarkeit und Zugänglichkeit für unsere Ansprechpartner zu schaffen – was aber manchmal wahnsinnig schwierig ist, weil wir in vielen Bereichen mit Anfragen regelrecht überschüttet werden. Wir sind Menschen und arbeiten bestmöglich mit den Ressourcen, die wir haben.

medianet: Eine Frage der persönlichen Neugier: Wie viele Journalistenanfragen sind das pro Woche?
Schurin: Fünfzehn bis zwanzig, deren Beantwortung manchmal in zwei Sätzen erledigt ist, aber auch einen halben bis ganzen Tag in Anspruch nehmen kann.

medianet: Abgesehen von Journalistenagenden steht Rewe in einem gesellschaftspolitischen Spannungsfeld – und trägt eine gehörige Portion Verantwortung.
Schurin: In unseren Handelsunternehmen kaufen täglich 1,9 Millionen Menschen ein. Schon allein durch diese Präsenz im Alltag der Österreicherinnen und Österreicher, unsere Größe und die damit einhergehende Vielfalt an gesellschaftspolitisch relevanten Bereichen haben wir natürlich eine Verantwortung, die wir sehr ernst nehmen. Daraus kann man aber nicht automatisch schließen, dass wir zu allem und zu jedem etwas zu sagen haben oder sagen müssen.

medianet: Was wäre ein Beispiel, wo Sie sich nicht äußern?
Schurin: Wenn die Privatsphäre unserer Mitarbeiter dadurch verletzt würde – da bin ich der Meinung, dass eine Grenze zu ziehen ist. Oder wenn die Fragestellung über Gebühr tenden­ziös oder untergriffig ist. Ich bin aber immer für einen Dialog auf ­Augenhöhe zu haben.

medianet: Tragen Sie als Vertreterin des Handels mehr kommunikative Verantwortung als der Produzent?
Schurin: Lebensmittelhändler sind in der öffentlichen Wahrnehmung und im öffentlichen Interesse sehr präsent. Das macht naturgemäß umstritten. Zudem stehen wir am Marktplatz der verschiedensten Interessen mittendrin. Das ist ein kommunikatives Spannungsfeld. Man kann zum Beispiel nicht von jedem Kunden erwarten, dass er sich detailliert mit den komplexen Zusammenhängen in der Wertschöpfungskette auseinandersetzt – aber er hat den Anspruch, dass wir dazu etwas zu sagen haben oder ihm zumindest unsere Position erklären. Wir wollen mit der Öffentlichkeit über Zusammenhänge reden – im Dialog. Das wird uns abverlangt und damit muss man auch kommunikativ umgehen. Dabei gilt es, sich die unterschiedlichsten Interessen anzuhören, sich ihrer auch anzunehmen. Ob es um Landwirtschaft, Politik, Umweltschutz oder Konsumentenschutz geht – wichtig sind Austausch, Verständnis, aber auch, sich gegebenenfalls für die eigenen Interessen Gehör zu verschaffen.

medianet: Am Beispiel Milchpreis: Besteht hier nicht die Gefahr, dass Sie letztlich von verschiedenen Seiten Prügel beziehen?
Schurin: Das liegt in der Natur der Sache; deswegen spreche ich auch von einem Spannungsfeld, einem Marktplatz der Interessen, wo wir in der Mitte stehen und idealerweise ausgleichend wirken – unter Rücksichtnahme auf die Interessen der Kunden und Partner, aber eben nicht zuletzt auch die des Unternehmens.

medianet: Im Interesse des Unternehmens, das am Ende des Tages Gewinn machen soll.
Schurin: Ja, natürlich muss das Unternehmen Gewinn machen, das ist ganz klar und nichts Verwerfliches, sondern ein Grundprinzip von Unternehmertum. Die Frage ist, wie und mit welcher Grundhaltung man das tut. Betrachten Sie es aber einmal nur aus dieser Perspektive: Wir beschäftigen 41.000 Menschen allein in Österreich – das ist eine hohe Verantwortung.

medianet:
Bei so vielen Interessen – kann man als Händler überhaupt gewinnen?
Schurin: Da müsste man jetzt definieren, was ‚gewinnen' heißt. Kann man als Unternehmen glaubwürdig und sympathisch sein und trotzdem gut performen? Natürlich kann man das. Die Frage ist: Will ich es allen recht machen? Wenn ich das als Kommunikationsziel habe, werde ich scheitern.

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