WIEN. Die Pleite der Möbelhandelskette Kika/Leiner ist kein Anlass für den heimischen Marktführer XXXLutz, sich zurückzulehnen. Im Gegenteil, die Oberösterreicher bleiben weiter hungrig. Die Expansion im stationären wie Online-Handel soll fortgesetzt, die digitale und soziale Transformation mit Fokus auf Nachhaltigkeit vorangetrieben werden. Das sagte Unternehmenssprecher Thomas Saliger bei einem Executive Talk mit Horváth Associate Partner Christoph Kopp, das im Video aufgezeichnet wurde. https://youtu.be/MNM5ukvBgtk
Die XXXLutz-Gruppe erwirtschaftet in der DACH-Region und weiteren sieben Märkten mit rund 25.000 Mitarbeitern über 5 Mrd. Euro. Damit zählt das Unternehmen zu den größten Möbelhäusern weltweit. Befragt nach dem Erfolgsrezept sagt Saliger, dass man immer bodenständig geblieben ist und sehr hart gearbeitet hat. Sich jeden Tag neu zu beweisen und eine Idee zu haben, das sei die Richtschnur. "Bei Übernahmen kommen wir nicht, um alles besser zu wissen. Wir schauen uns an, was macht das Management gut und wo können wir was lernen, dann transformieren wir unser Know-how dorthin. So ist XXXLutz heute ein Best-of von 100 Möbelhäusern."
Jeder neue Markt sei spannend, erläutert Thomas Saliger im Gespräch mit Christoph Kopp von der Managementberatung Horváth in Wien, im Potenzial aber natürlich extremst unterschiedlich. "Dabei sind wir auch nicht so, dass wir zwingend überall sofort die Marke XXXLutz drüberstülpen. Das Spannende ist eigentlich, dass man in jedem neuen Land etwas lernen kann, was man in einem anderen Markt brauchen kann, und umgekehrt. Uns ist bewusst, dass jedes Land seine Besonderheiten hat, die es zu pflegen gilt. Und so ist auch unser Management vor Ort aufgestellt."
Die einzelnen Länder seien grundsätzlich für sich selbst verantwortlich, aus der Zentrale kommt das (unternehmenskritische) Know-how und Reporting. Neue Märkte werden von Österreich heraus entwickelt und in die Selbständigkeit entlassen. "Das macht es manchmal ein wenig ineffizient, aber wir sind dadurch immer am Puls des Geschehens und bei den Menschen. Auch das Management vor Ort besteht aus Einheimischen, die dort leben, und die jeden Tag den Markt spüren und fühlen."
Kika/Leiner-Insolvenz ohne Auswirkungen
Zur Insolvenz des Wettbewerbers Kika/Leiner sagt Saliger, XXXLutz hat sich eigentlich immer mit sich selbst beschäftigt, um sein Business jeden Tag besser zu machen. Auswirkungen auf das eigene Geschäft sehe er nicht. Zu beurteilen, was dort alles schiefgegangen ist, wäre unfair, aber: "Unsere Stärken sind vielleicht dort die Schwächen. Wir haben eine sehr konsequente Markenführung und eine strenge Kostenstruktur, wir waren immer hungrig, und wir haben den Heimmarkt Österreich immer konsequentest behandelt."
Kika/Leiner hingegen wollte nach Saudi-Arabien gehen, nach Israel, nach Russland. Das Management habe sich mit lauter Auslandsexperimenten beschäftigt, das sei extrem gefährlich. Wenn der Heimatmarkt nicht funktioniert, dann hat man ein Problem, denn das ist die Basis. "Da haben wir zur selben Zeit – bei aller Expansion, das kann man nachverfolgen – in Österreich das Filialnetz verdichtet, in bestehende Häuser investiert, renoviert und erneuert. Die Insolvenz auf Corona zu schieben, das kann ebenso nicht der Grund für die Insolvenz sein, weil es der Möbelbranche in der Zeit der Pandemie nicht schlecht gegangen ist."
Investitionen konstant hoch
Mit dem Abflauen der Baukonjunktur, dem Krieg in der Ukraine, der Inflation und der steigenden Zinsbelastung wird es jedoch auch für XXXLutz schwieriger, konzediert Saliger. "Was wir daher jetzt machen, ist das wichtigste: Wir bleiben im Werbeauftritt und bei den Werbeausgaben konstant, wir machen Möbel zu einem spannenden Gut. Es ist ja ein WERT, sein Zuhause schön einzurichten. Da ist auch die Politik gefordert. Das Thema sich etwas zu schaffen, dass Eigentum wieder mehr Wert bekommt, das ist für viele Branchen wichtig. Das trifft zuerst den Bau, dann den Möbelhandel und dahinter auch viele weitere Zulieferfirmen."
Mit laut MediaFocus 220 Millionen Euro Brutto-Werbeausgaben 2022 steht XXXLutz an der Spitze der werbetreibenden Unternehmen Österreichs, mit der Familie Putz, die nächstes Jahr ihr 25-jähriges Jubiläum feiert, wurde Marketinggeschichte geschrieben – dennoch relativiert Saliger die Rolle der Werbung. "Man braucht auch einen super Einkauf, ein gutes Sortiment und eine effiziente Logistik – im Möbelhandel muss man 20 Dinge gut machen. Das ist wie ein Vorzug in der Schule – den kriegt man auch nicht, wenn man im Turnen gut ist, sondern weil man in allen Fächern überzeugt."
Das gilt auch für die Online-Aktivitäten des Unternehmens. "Wir sind überall dabei, auch weil wir Inhaber haben, die den Mut haben, zu investieren, denn das digitale Möbelhaus ist mindestens so wichtig wie jedes stationäre Möbelhaus, in das man Millionen investiert. Wir profitieren heute davon, dass wir eine gute Kombination von stationär und online haben, und es zeigt auch, dass wir dort investieren, wo der Konsument zuhause ist. Stationär regional kann man auch im Netz sein."
Nachhaltigkeit im Fokus
Das Thema Nachhaltigkeit ist für XXXLutz extrem spannend, wird aber nicht an die große Glocke gehängt, weil es immer nur ein Weg sein kann, den man beschreitet. "XXXL for tomorrow" sei keine Feststellung, sondern als Programm konzipiert. Das beginnt bei der Errichtung "grüner" Möbelhäuser und Lager und führt über massive Energiesparkonzepte bis hin zum Einkäufer, der beim Lieferanten sitzt und Vorgaben für mehr Nachhaltigkeit in der Lieferkette macht. "Nachhaltigkeitsberichte sind ein Riesenthema, wir sind da mitten drin, und freuen uns, diesen Weg zu gehen. Auch da können wir wieder XXXL oder besser sein."
Die Zukunft des Möbelhauses hat für Saliger bereits vor 20 Jahren begonnen. "Wir haben schon damals sehr, sehr ehrlich die Lehrlingsarbeit forciert und definiert, dass zehn Prozent aller Mitarbeiter Lehrlinge sein sollen. Diese Quote haben wir für jedes Möbelhaus und jede Fachabteilung vorgegeben und die Früchte umgehend geerntet. Heute profitieren wir noch mehr davon. Wir haben so viel Potenzial und können unseren Personalbedarf auch jetzt gut decken. Lediglich für die Online-Shops und den Bedarf an Programmierern müssen wir uns auf dem freien Markt matchen."
Formel 1 der Unternehmensführung
Saligers Fazit zum Horváth-Kernthema Unternehmensführung: "Corona hat uns gezeigt, dass man per Video beraten und verkaufen kann, der hohe Strompreis hat uns gezeigt, dass man Strom sparen kann. Immer neugierig bleiben, das Geschäftsmodell weiter entwickeln, den Know-how-Transfer zwischen den Ländern hochhalten, offen bleiben für Neues, dabei aber selbstkritisch und innovativ im Denken. Wir feiern einmal kurz, und entwickeln am nächsten Tag schon wieder neue Dinge. Das ist wie in der Formel 1: Da muss man auch jedes Jahr ein neues Auto bauen, wenn man sich über die vielen Jahre an der Spitze halten will."