Mailand. Licht und Beleuchtung spielen in puncto Umwelt, Digitalisierung oder im ganzheitlichen Denken rund um das Wohlbefinden der Menschen eine immer wichtigere Rolle. Licht beeinflusst Wahrnehmung, Leistung, unser Verhalten und unsere Stimmung sowohl negativ als auch positiv. In der Beleuchtungsbranche geht es heute nicht nur um technologische Entwicklungen, sondern zunehmend um philosophische Reflexion, vor allem aber um Emotionen. Die Euroluce in Mailand ist der Ort, an dem all diese Aspekte umfassend veranschaulicht werden.
Gefühl trifft Funktion
Fast die Hälfte der Euroluce-Aussteller auf dem Rho Fiera-Gelände kam aus dem Ausland. So präsentierte etwa der tschechische Glas- und Beleuchtungsspezialist Lasvit eine neue Kollektion mit dem Namen „Loomo”. Designt von Art Director Maxim Velčovský ist sie von Textilkunst inspiriert und übersetzt die zarte Textur gewebter Stoffe in eine sehr stimmungsvolle Beleuchtungsoption. Der ebenfalls tschechische Hersteller Brokis zeigte in Mailand unter anderem die Neuheit „Comet” (Design: Simona Sbordone). Jede Leuchte wird aus mundgeblasenem Verbundglas hergestellt, wobei zwischen den Schichten Quarzsandkörner eingearbeitet werden, um einen „himmlischen” Effekt zu erzielen, was sich auf die Lichtstreuung vorteilhaft auswirkt.
Die von Giulia Foscari entworfene Kollektion „Criosfera” (2024) für Artemide wird in diesem Jahr um eine Pendelleuchte erweitert. Inspiriert vom Bohrprozess im antarktischen Eis besteht sie aus mundgeblasenem Glas und verfügt über einen optischen Kern, der das Licht bricht und so an die natürlichen Schichten des Polareises erinnern will. Eine besondere Re-Edition präsentierte Artemide mit der „Sintesi”-Tischleuchte. Es war das erste Design von Gründer Ernesto Gismondi und wurde 1975 vorgestellt. Sie verkörpert Gismondis praxisorientierten Designansatz. Zwei C-förmige Metallprofile bilden die Y-förmige Halterung, die durch Öffnen und Schließen des Rahmens eine dynamische Neigung der Leuchte ermöglicht.
Der spanische Leuchtenhersteller Vibia stellte seinen Auftritt unter das Motto „Shaping Atmospheres”. Mit seinem umfassenden Portfolio aus über 60 Kollektionen möchte das Unternehmen die Werkzeuge bereitstellen, um emotionale Atmosphären zu erschaffen. Es geht um die Gestaltung spezifischer Szenarien, in die Themen wie der menschliche Biorhythmus, der auf Licht reagiert, einfließen oder die genaue Steuerung von Farbtemperatur und -intensität. Geht es um stimmungsvolle Atmosphären, hat die australische Marke Articolo ihre Nase weit vorne. Gründerin Nicci Kavals feiert heuer das zehnjährige Jubiläum ihrer Firma. „Swivel” ist der neue Höhepunkt dieser Reise. Es ist eine Leuchte, die durch ihren raffinierten drehbaren Körper unterschiedliche Lebenssituationen unterstützen kann.
Rückgriff auf die Geschichte
Contardi arbeitete für „Alma” erstmals mit dem Designstudio Controvento zusammen. Mitgründer und Kreativdirektor Gabriele Chiave sagt darüber: „Wir wollten zwei handwerkliche Elemente – den Lampenschirm aus Stoff und die mundgeblasene Glaskugel – miteinander verbinden.” Die Idee war, die besondere Magie zweier klassischer Materialien hervorzuheben, sie zu transformieren und damit neu zu entdecken. Flos erinnerte nach der Rückkehr von Piero Gandini als Executive Chairman und Artistic Supervisor der Flos B&B Italia Group an seine reiche Geschichte und zeigte die„Biagio Onyx Edition”. Es ist eine auf 150 Exemplare limitierte Ausgabe der Marmor-Tischleuchte des legendären Tobia Scarpa (1968). 2025 besteht sie aus honigfarbenem Onyx. Eine weitere Re-Edition präsentierte Venini mit Alessandro Mendinis wundervoller „Idalion Luminoso”.
Licht für draußen
Die römische Marke Slamp zeigt in diesem Jahr zum ersten Mal Leuchtenkreationen für den Außenbereich. Im Zentrum der neuen Kollektion steht „Nuvem Outdoor” von Miguel Arruda, eine leuchtende Skulptur, die dieser Bezeichnung auch gerecht wird. Das modulare System aus V0-Polycarbonat-Elementen ist enorm erweiterbar und kann sich als eine Art technologischer Efeu sogar an Gebäudefassaden heften.
Poesie und Ironie
Zu guter Letzt ein Ausblick mit Humor: Die poetische Ironie von Ingo Maurer (1932–2019) hat das Münchner Unternehmen nun in das Objekt „Shhh!” gegossen, einer Hängeleuchte in – wie könnte es anders sein – Glühbirnenform, kombiniert mit einem Ohr umschließenden Kopfhörer. Paradoxerweise gibt diese Glühbirne (obwohl es so scheint) kein Licht ab, denn die eigentliche Lichtquelle befindet sich im Inneren des schalldichten Kopfhörers. Die Glühbirne sorgt nur dafür, dass sich das Licht im Raum stimmungsvoll ausbreitet. Zwei Richtstrahler an der Unterseite des Kopfhörers projizieren Akzentlicht auf die darunter liegenden Flächen.
