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Rechtlich kommt es bei der Kündigung zur Fristwahrung auf die tatsächliche Vorlage des physischen Kündigungsschreibens an.

Samy Ali 01.04.2016

Bitte lieber schriftlich!

Ist die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses über WhatsApp möglich beziehungsweise rechtmäßig?

Gastkommentar ••• Von Samy Ali

WIEN. Smartphone-Applikationen wie WhatsApp oder andere Kommunikationsdienste wie Facebook, Twitter und Co spielen eine immer größere Rolle. Die Nachrichten erreichen binnen weniger Sekunden ihren Adressaten, können abfotografierte Anlagen enthalten, und nach der Versendung gibt es sogar zumeist eine Lesebestätigung. Doch darf man eine Kündigung eines Arbeitsverhältnisses in dieser Form aussprechen?

Eine Zahnärztin hat dies versucht – der Oberste Gerichtshof (OGH) hat nun (OGH 28.10.2015, 9 ObA 110/15i) erstmals darüber entschieden, ob ein abfotografiertes Kündigungsschreiben, das elektronisch übermittelt wird, einem kollektivvertraglich normierten Schriftformgebot entspricht.

Zur Rechtslage

Da für Kündigungen grundsätzlich Formfreiheit gilt, kann diese ausdrücklich (schriftlich oder mündlich) oder auch konkludent und sogar prinzipiell auch via Kommunikationsdienste wie Facebook, Twitter, WhatsApp oder per SMS wirksam erklärt werden. Dieser allgemeine Grundsatz findet jedoch seine Grenzen dort, wo sich aus gesetzlichen Sonderbestimmungen, anzuwendenden Kollektivverträgen oder Dienstverträgen eine Schriftlichkeit der Kündigung oder sonstigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses ergibt.

Im konkreten Fall sprach die beklagte Zahnärztin gegenüber der vormals beschäftigten Klägerin zunächst die Kündigung mündlich aus und verfasste am gleichen Tag, 31.10.2014, ein eigenhändig unterfertigtes Kündigungsschreiben, das sie fotografierte und als Foto über WhatsApp an ihre Mitarbeiterin versendete. Diese erhielt die Nachricht samt fotografierten Kündigungsschreiben und las sie zur Gänze noch am selben Tag durch.
Die mit der Post verschickte Kündigung erhielt die Arbeitnehmerin allerdings erst einige Tage später im Folgemonat, am 4.11.2014.
Vor Gericht stritten die beiden Parteien dann um die Kündigungsfrist. Die gekündigte Arbeitnehmerin argumentierte, dass die über WhatsApp übermittelte Fotografie des Kündigungsschreibens nicht das auf das Dienstverhältnis anwendbare kollektivvertraglich normierte Formerfordernis der Schriftlichkeit erfülle.
Sie forderte Kündigungsentschädigung bis zum nächstmöglichen Kündigungstermin, berechnet ab dem Zugang des postalisch übermittelten Schriftstücks.

Schriftform nicht erfüllt

Während das Erstgericht der Mitarbeiterin Recht gab, entschied die Berufungsinstanz für die Arbeitgeberin. Der OGH stellte nunmehr aber klar: Die Schriftform einer Kündigung besitzt eine wichtige Beweisfunktion. Ein bloß über WhatsApp auf das Smartphone des Empfängers übermitteltes Foto der Kündigungserklärung erfüllt diesen Zweck schon deshalb nicht, weil es für den Empfänger der Nachricht ohne weitere Ausstattungen und technisches Wissen nicht möglich ist, das auf dem Smartphone übermittelte Foto des Kündigungsschreibens auszudrucken. Erhält der Empfänger einer Kündigung aber keinen Ausdruck der Kündigung und ist auch das Foto des Dokuments nicht auf leichte Weise auszudrucken, um sich damit selbst ein physisches Schriftstück herzustellen, so ist auch nicht ausreichend gewährleistet, dass der Empfänger den Inhalt der Erklärung und ihren Absender zuverlässig erkennen kann. Die Kündigung über den Smartphone-Messenger war im konkreten Fall daher ungültig. Erst durch das postalisch zugegangene Schriftstück wurde diese wirksam, so die Höchstrichter.

Fazit: Ausgehend von der gegenständlichen Entscheidung, sollten zur Fristwahrung bei einer Kündigung, für welche das Schriftformgebot vereinbart oder kollektivvertraglich vorgeschrieben ist, nicht bloß eingescannte oder fotografierte Dokumente, sondern eigenhändig unterfertigte Schriftstücke in physischer Form übermittelt werden. Zur Fristwahrung kommt es auf den Zugang des physischen Kündigungsschreibens an.

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