••• Von Reinhard Krémer
WARSCHAU / PARIS / WIEN. Für die Exportnation Österreich ist die Befindlichkeit anderer EU-Staaten von essenzieller Bedeutung. Der Kreditversicherer Coface hat Polen und Frankreich unter die Lupe genommen.
Firmen wollen Geld früher …
Kurze Kreditlaufzeiten dominieren die polnische Unternehmenslandschaft, zeigt die jüngste Coface-Umfrage zu den Zahlungserfahrungen von Unternehmen: 54% der befragten Unternehmen bitten ihre Kunden innerhalb von bis zu 30 Tagen zur Kasse.
Die durchschnittliche Zahlungsfrist sank um 7,3 Tage – von 47,0 Tagen im Jahr 2019 auf 39,7 Tage im Jahr 2020. Die restriktivsten Branchen mit kurzen Zahlungsfristen von bis zu 30 Tagen sind Textil-Bekleidung (80%), Automobil (79%), Agrar- und Lebensmittel (75%) und Energie (69%). Zu den Sektoren, die am großzügigsten sind, gehören neben dem Baugewerbe (27% mit Kreditlaufzeiten von mehr als 90 Tagen) die Metallindustrie (17%) und der Transportsektor (15%).
Lediglich der Chemiesektor meldete eine Verlängerung der Zahlungsfristen im Vergleich zur letzten Umfrage.
… aber bezahlt wird später
Zahlungsverzögerungen bleiben in Polen gang und gäbe. Nur 2,4% der befragten Unternehmen erklärten, dass sie 2020 keine Zahlungsverzögerungen erlebt haben; im Jahr zuvor waren es 1,7%.
Die durchschnittliche Überziehung erreichte 48 Tage, was jedoch über neun Tage kürzer ist als bei der Umfrage im Jahr 2019. „Ein Grund hierfür sind die umfangreichen staatlichen Maßnahmen zur Stabilisierung der Wirtschaft, die sich positiv auf die Liquidität der Unternehmen ausgewirkt haben”, sagt Grzegorz Sielewicz, Coface-Volkswirt für Zentral- und Osteuropa.
Staatliche Hilfen gefragt
Von den befragten Unternehmen gab über die Hälfte (57%) an, bereits staatliche Hilfen wie Steuerbefreiungen, Darlehen oder Kurzarbeitergeld in Anspruch genommen zu haben.
Alle Branchen meldeten geringere Verzögerungen im Vergleich zu 2019. Die größte Verbesserung verzeichnete der Transportsektor mit einem Rückgang um 44 Tage auf durchschnittlich 77,7 Tage; die längsten Zahlungsverzögerungen verzeichneten der Energiesektor und das Baugewerbe mit durchschnittlich 80,5 Tagen bzw. 78,9 Tagen.
Die Situation in Frankreich ähnelt jener in Österreich: Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in der „Grande Nation” bleibt rückläufig. Die Pandemie hat zwar nicht alle Branchen gleichermaßen getroffen, aber die Zahl der Insolvenzen ist in Frankreich im vergangenen Jahr auf breiter Front gesunken.
Das gilt auch für Branchen, die bereits seit Monaten von Schließungen betroffen sind, wie etwa Bars, Hotels, Restaurants, Fitnessstudios. Selbst bei Kleinstbetrieben, die in der Regel in der Rezession besonders gefährdet sind, ist die Zahl der Insolvenzen zurückgegangen.
Pleiten im Bekleidungssektor
Einzige Ausnahme: Die Zahl der Insolvenzen von Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 100 Mio. € pro Jahr stieg von acht im Jahr 2019 auf 21 im Jahr 2020, wobei die vier größten Pleiten allesamt die Bekleidungsbranche trafen. Diese Entwicklung hat zur Folge, dass der durchschnittliche Umsatz der insolventen Unternehmen im Jahr 2020 bei 460.000 € lag, was einen Anstieg von 52% zum Vorjahr bedeutet.
Rückgang quer durchs Land
Alle Regionen verzeichneten einen deutlichen Rückgang der Insolvenzen, von 34% in der Bretagne bis hin zu 49% auf Korsika. Hauptgrund für die atypische Entwicklung der französischen Insolvenzzahlen ist, das beispiellose Ausmaß staatlicher Hilfsmaßnahmen.