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© Fidelity International/Lawrence Studio

Keine PanikMatthew Sutherland, Kapitalmarktstratege bei Fidelity International in Hongkong, rät zur Besonnenheit.

15.01.2016

Die China-Grippe hat die Börsen im Griff

Die Börsen im Reich der Mitte crashen, die Aktienmärkte beben ­weltweit. Die Experten sind nicht einig, wie es weitergeht.

••• Von Reinhard Krémer

PEKING/HONGKONG. So mancher hat sich den Jahresauftakt an den Börsen schöner erträumt. Die nackte Realität riss die Bullen unsanft aus dem Schlaf: Die Märkte in China sackten dramatisch ab, die Regierung musste den Handel mehrmals aussetzen, um Schlimmeres zu verhindern.

Das Beben in China blieb nicht ohne Folgen: So gut wie alle großen Märkte zogen nach Süden. Besonders den deutschen DAX erwischte es mit Minus acht Prozent in der Spitze hart, denn die Industrie beim Nachbarn im Nordwesten erwirtschaftet ein Gutteil ihrer Umsätze im Reich der Mitte. Allein bei Volkswagen, ein Schwergewicht im Index und ohnehin von US-Klagsszenarien geplagt, sind es 30 Prozent des Umsatzes. Angst machte sich breit und ließ den Goldpreis steigen.

Börse zeigt nicht Wirtschaft

Matthew Sutherland, Kapitalmarktstratege bei Fidelity International in Hongkong, sieht die Sache differenziert: „Von den Schwankungen an den chinesischen A-Aktienmärkten in Shanghai und Shenzhen geht ein Ansteckungseffekt für die globalen Aktienmärkte aus – obwohl das eigentlich unbegründet ist.” Denn der A-Aktienmarkt ist im Wesentlichen ein innerchinesischer Markt, der von Privatanlegern genutzt wird. Daher wird er kurzfristig sehr stark von deren Stimmungen getrieben, weniger von wirtschaftlichen Fundamentaldaten, so Sutherland.

Die Regel, den Aktienhandel bei starken Korrekturen auszusetzen, ist kontraproduktiv: „Ironischerweise hat diese Maßnahme den Effekt, die Marktschwankungen zu beschleunigen”, bemerkt Sutherland. Mehrfach wurde der Markt bereits kurz nach dem Start vom Handel ausgesetzt. „In dieser Situation – und weil sie Angst haben, dass der Markt bald für den ganzen Tag geschlossen wird – beeilen sich die Anleger, ihre Positionen zu verkaufen”, sagt der Experte. In der aktuellen Situation sollten Anleger und Kommentatoren einen Fehler vermeiden: anzunehmen, dass die starken Schwankungen am chinesischen A-Aktienmarkt von einer neu erkannten Schwäche der chinesischen Wirtschaft getrieben ist, sagt Matthew Sutherland: „Denn das ist meiner Meinung nach nicht der Fall. Hat umgekehrt ernsthaft jemand geglaubt, dass die Kursverdopplung am A-Aktienmarkt im vergangenen Jahr auf einer entsprechend fantastischen Verbesserung der Fundamentaldaten der chinesischen Wirtschaft beruhte?”

Die Blase ist noch nicht leer

Aus der Spekulationsblase am A-Aktienmarkt ist die Luft noch nicht völlig raus: „Das Kurs-Gewinn-Verhältnis der Aktien des CSI300 Index liegt momentan bei 11,3, wohingegen der Wert für das Offshore MSCI China-Universum bei 9,5 liegt. Am Ende der Korrektur dürften die Kurs-Gewinn-Verhältnisse beider Indizes etwa gleich notieren.”

Und er rät: „Ich halte es für sinnvoll, Aktienpositionen auf dem aktuell niedrigen Level aufzubauen. Wenn Unsicherheit am Aktienmarkt Panik schürt, ist das in der Regel eine gute Kaufgelegenheit für langfristig orientierte Anleger.”

Börsenguru Soros warnt

Deutlich düsterer sieht der legendäre Altmeister der Börsen, George Soros, die Situation: „Ich würde sagen, das wächst sich zu einer Krise aus”, sagte Soros auf einer Veranstaltung in Sri Lanka. „Wenn ich mir die Finanzmärkte anschaue, dann gibt es dort ernste Probleme. Das erinnert mich an die Krise, die wir im Jahr 2008 hatten.”

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