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15.01.2016

Gutes Jahr für die Börse Wien

Der Leitindex ATX hat im Vorjahr um beachtliche 11,16% zugelegt – inkl. Dividenden waren es sogar mehr als 13%. Außerdem wurden 2015 um fast ein Viertel mehr österreichische Aktien gehandelt.

••• Von Paul Christian Jezek

WIEN. „Die Umsätze an der Börse haben im Vorjahr ein stabiles, nachhaltiges Niveau erreicht”, sagt Börse-Vorstand Birgit Kuras. „Im nächsten Jahr werden wir uns auf einem ähnlichen Niveau bewegen. Der ATX ist einer der führenden Indizes im europäischen Vergleich dank der guten Performance unserer österreichischen Unternehmen.”

Der Aufwärtstrend bei den Aktien­umsätzen hält mittlerweile seit mehr als zwei Jahren an – 2015 betrug der Zuwachs beim Handelsvolumen 24,27%. Aktuell beträgt die Marktkapitalisierung der Wiener Börse 86,28 Mrd. € – das ist ein Plus von 7,86% im Vergleich zum Jahresende 2014.

Im europäischen Spitzenfeld

Der ATX-Zuwachs um 11,2% (inkl. Dividenden +13,42%) im Vorjahr ist im europäischen Vergleich ein Spitzenwert z.B. deutlich vor dem DAX (+9,26%) oder dem Euro Stoxx (+6,86%).

Auf das ATX-Jahrestief im Jänner (Year-Low 14.1.2015: 2.122,08 Punkte) folgte im ersten Halbjahr 2015 eine Aufwärtsrallye. Den Höhepunkt erreichte der ATX Mitte Mai (Year-High: 15.5.2015: 2.681,44 Punkte). Diese Aufwärtsbewegung wurde unter anderem durch die Entspannung im Russland-Ukraine Konflikt, den niedrigen Ölpreis und die Abwertung des Euro begünstigt.
Gegen Ende des ersten Halbjahres trübte sich die positive Stimmung angesichts der Zahlungsschwierigkeiten Griechenlands etwas ein. Der Einbruch des Aktienmarkts in China sorgte für weitere Verunsicherung, von der sich der ATX allerdings im internationalen Vergleich gut erholen konnte. Seit Ende des dritten Quartals verzeichnet der ATX einen erneuten Aufwärtstrend, unterstützt durch die Ankündigung der EZB über Lockerungen der europäischen Geldpolitik. „Außerdem wird die Zinserhöhung in Amerika die Attraktivität von europäische Aktien im kommenden Jahr tendenziell erhöhen”, meint Kuras' Vorstandskollege Michael Buhl.

Mehr Umsatz und viele Bonds

Von Februar bis November verzeichnete die Börse in jedem einzelnen Monat ein Umsatzplus im Vergleich zum Vorjahr. Vor allem die Monate März, Juni und November waren außerordentlich stark: Im März wurde mit knapp 5,7 Mrd. € der höchste Monatsumsatz seit August 2011 erzielt. Im Juni verzeichnete die Wiener Börse den zweithöchsten Umsatz 2015 mit 5,48 Mrd. € (+ 60% ggü. 06/2014), der November-Umsatz lag bei 5,12 Mrd. € Umsatz (+ 65,8% ggü. 11/2014).

Insgesamt belief sich das Handelsvolumen an der Wiener Börse bei Beteiligungswerten per 15. Dezember 2015 auf 56,69 Mrd. € (zum Vergleich: 1. Jänner 2014 bis 15. Dezember 2014: 45,62 Mrd. €).
Nach einem Rekordjahr bei Kapitalerhöhungen 2014 (Volumen rund 4 Mrd. €) waren die Unternehmen 2015 vorsichtiger: Es gab sechs Kapitalerhöhungen von vier Unternehmen um rund 320 Mio. €. Im mid market verzeichnete die Wiener Börse mit der WP AG, einem oberösterreichischen Zulieferer für die Motorrad- und Automobilindus­trie, einen Neuzugang. BF Holding firmierte um zu Cross Industries und konnte den Aktienkurs beinahe verdoppeln. Ein Wermutstropfen waren die Börse-Abgänge von ATB, Bene, Head und Miba, die aufgrund von Übernahmen, Unternehmenssanierung oder einer geänderten Eigentümerstrategie vom Kurszettel verschwanden.
Dafür lief die Unternehmensfinanzierung über Anleihen weiterhin gut. Nach einem besonders starken Jahr 2014 gab es 2015 weitere 30 neue Corporate Bonds mit einem Gesamtvolumen von rund 5,2 Mrd. € (2014: 7,2 Mrd., 39 CBs). Die größten österreichischen Neunotierungen unter den Corporate Bonds sind OMV mit 1,5 Mrd., Strabag mit 200 Mio. und CA Immo mit 175 Mio. €. Mit der Einführung des fortlaufenden Handels für ausgewählte Anleihen setzte die Börse auch eine Maßnahme, um den Sekundärmarkt zu beleben und transparenter zu gestalten.
„Strategieänderungen müssen langfristig ausgelegt sein, damit ein Unternehmen auch nachhaltig vom Kapitalmarkt profitiert – 2015 waren unsere Firmen sehr vorsichtig und mit Investitionen zurückhaltend”, bedauert Birgit Kuras die Bescheidenheit bei der Aufnahme von Eigenkapital. „Das Klima wird aber wieder drehen, dafür sehen wir erste Anzeichen. Ein Börsegang muss ohnehin langfristig vorbereitet werden. Wir beobachten in unseren maßgeschneiderten Info-Workshops für Unternehmen und bei laufenden Unternehmensbesuchen rege Nachfrage und Informationsbedarf.”

Die wichtigsten Themen für 2016

Der Wiener Börse-Vorstand erwartet für heuer ein anhaltend großes Interesse von Investoren und Handelsteilnehmern, vor allem weil die Qualität der österreichischen börsenotierten Unternehmen auch 2016 überzeugen wird. „Die Niedrigzinspolitik, ein schwächerer Euro und weiterhin niedrige Energiekosten können der Aufwärtsentwicklung des ATX im nächsten Jahr zuträglich sein”, schließt sich Buhl der Meinung von Analysten an.

Die Wiener Börse appelliert weiterhin an die Politik für eine Stärkung von Eigenkapitalfinanzierung und Aktienkultur in Österreich. „Einzelne Maßnahmen wie die Prospektrichtlinie im Rahmen der europäischen Kapitalmarkt­union versprechen Erleichterungen vor allem für KMU. Auf dieser Linie sollte in Österreich auf nationaler Ebene rasch weitergearbeitet werden. Konterkarierende Maßnahmen wie eine Finanztransaktionssteuer, die nicht einmal EU-weit unterstützt wird, sollten dringend von der Agenda gestrichen werden”, fordert Buhl.
Begonnen hat das neue Jahr ja mit der Umsetzung der im Zuge der Steuerreform beschlossenen Erhöhung der Kapitalertragsteuer, die bei Erträgen aus Kapitalvermögen auf 27,5% steigt. Dagegen bleiben Sparzinsen von der Erhöhung ausgenommen – dazu kommt, dass für private Investoren Verluste steuerlich nicht abzugsfähig sind.
„Die Erhöhung der Wertpapier-KESt ist für die Motivation des Privatanlegers, sich mit dem Kapitalmarkt auseinanderzusetzen, kontraproduktiv”, kritisiert Kuras. „Dabei wäre die Bereitstellung von Risikokapital durch langfristige Investments privater Investoren fördernswert und ein wichtiger Faktor für eine Volkswirtschaft. Ich wünsche mir eine Entschärfung der bitteren Pille – etwa durch eine Ausnahme für über fünfjährige Investments.”

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