••• Von Reinhard Krémer
Rund 1,8 Mio. Österreicher sind derzeit in Kurzarbeit oder arbeitslos. Die damit einhergehenden veränderten Einkommenssituationen belasten die Betroffenen zunehmend.
Viele müssen sich finanziell bereits nach der Decke strecken. „Wenn das Geld schon vorher knapp war, kann man schnell in eine finanzielle Schieflage geraten.
Spätestens in dieser Situation muss man schnellstmöglich einen Überblick über sein Budget bekommen”, sagt Nina von Gayl, Kuratorin des Erste Financial Life Park (kurz FLiP).
Die Finanzbildungsexpertin rät, sich mittels einesHaushaltsplans die eigene finanzielle Lage bewusst vor Augen zu führen.
Ratschläge zum Finanzwohl
Hier die wichtigsten Tipps der Experten des Erste Financial Life Parks:
1. Zeit investieren und sich intensiv mit den eigenen Einnahmen und Ausgaben beschäftigen sowie diese detailliert festhalten. „Schlussendlich ist ein Haushaltsplan eine Investition in die eigene finanzielle Stabilität. Denn je besser man vorbereitet ist, desto besser wird man in der Zukunft bestehen können”, so Nina von Gayl. Sie rät, sich diese unliebsame private Buchhaltungsstunde im Kalender einzutragen und alle notwendigen Unterlagen und Zugänge vorzubereiten.
2. Version des Haushaltsbuchs wählen – auf Papier, in einer Excel-Liste, im Internetbanking oder in einer der zahlreichen Apps. Es sollte keinesfalls ein Einmal-Projekt bleiben, sondern regelmäßig aktualisiert werden.
3. Einkünfte erheben – die Einnahmenseite ist in den meisten Fällen leicht und schnell auszufüllen. Hier scheinen alle Einkünfte auf, z.B. Gehalt, Trinkgelder, Kindergeld, Alimente.
Bar oder mit Karte?
4. Die Ausgabenseite ist aufwendiger: Miete, Strom bzw. Gas, Internet, Streamingdienste, Abos, Versicherungen, Sparpläne, etc. Bei dieser Auflistung ist zu beachten, dass einige Ausgaben nicht monatlich, sondern vielleicht quartalsweise auftreten. Gayl: „Am leichtesten ist es, sich im Internetbanking ein ganzes Jahr anzuschauen, um genau zu sehen, welche Abbuchungen es gegeben hat. Zahlt man generell eher mit Karte, kann auch das aus dem Internetbanking entnommen werden.” Bei Barzahlung alle Belege aufheben und diese zu Hause erfassen.
Sparen, wo’s geht
5. Einsparungspotenziale erkennen – diese genaue Auflistung zeigt ganz schnell, ob man mehr einnimmt als ausgibt oder anders herum. Und das Wesentlichste daran: „Einsparungspotenziale sind sofort erkennbar, das kann in einer finanziell angespannten Situation die erhoffte Erleichterung bringen”, so Gayl. Mögliche Resultate: Abos kündigen, die man nicht braucht, Stromanbieter oder Internetprovider überdenken und eventuell wechseln, Versicherungen überprüfen.
6. Eintragungen zum „Ritual” machen – der Haushaltsplan sollte regelmäßig aktualisiert und die täglichen Ausgaben über einen längeren Zeitraum konsequent erfasst werden. Das ist zwar mühsam, aber nur wenn man auch weiß, wie viel man für was und wo bezahlt, kann man sein Budget planen.
Ehrlichkeit & Disziplin
„Oberstes Gebot dabei ist absolute Ehrlichkeit und Disziplin sich selbst gegenüber. Nur wenn alle Ausgaben erfasst werden, bekommt man einen genauen Überblick. Dann kann man Einsparpotenziale identifizieren und das Budget für seine eigenen Bedürfnisse anpassen. Anschließend sollte jeder an die eigene finanzielle Absicherung in der Zukunft denken”, so die Expertin.
7. Eigene finanzielle Vorsorge angehen – sobald sich die finanzielle Situation bessert und am Monatsende Geld übrig bleibt, empfiehlt es sich, einen Notgroschen anzusparen. Dieser sollte drei Monatsgehälter umfassen.
Erst danach sollte man sich mit anderen Formen der Vorsorge beschäftigen. Das klassische Sparen am Sparkonto als Vorsorge ist derzeit keine gute Idee, weil die Zinsen weit niedriger sind als die Inflation.
Raus aus den Schulden
8. Schuldenfalle vermeiden – Schulden und Kredite können zu einer hohen, oft auch psychischen, Belastung werden. Wenn man Probleme hat, die fälligen Beträge oder auch die Miete zu zahlen, ist es wichtig, sich mit jenen Unternehmen oder Personen sofort in Verbindung zu setzen. Viele zeigen sich immer wieder sehr kulant, wenn frühzeitig das Gespräch gesucht wird. Keinesfalls sollte man fällige Zahlungen einfach ignorieren – damit wird ein Prozess von Mahnungen bis hin zu allfälligen Pfändungen in Gang gesetzt.
Dieser Prozess kann nur sehr frühzeitig gebremst werden. „Auch wenn es schwerfällt, fremden Personen gegenüber einzugestehen, dass man im Moment nicht zahlen kann, so ist dies ein wichtiger erster Schritt”, appelliert Nina von Gayl.
Wissen ist Macht
9. Finanzwissen aneignen. „Wir leben momentan in einer Welt, in der die Gesundheit oberste Priorität hat und nach der physischen Gesundheit vor allem die finanzielle Gesundheit zählt. Und um bei Letzterem fit zu sein, ist das Aneignen von Wirtschafts- und Finanzwissen so wichtig”, so Gayl. Deshalb ist auch der Erste Financial Life Park, kurz das FLiP, entstanden. Ziel ist es, das Interesse an wirtschaftlichen und finanziellen Zusammenhängen bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen zu verbessern und die finanzielle Selbstverantwortung zu unterstützen und stärken.