••• Von Martin Rümmele
WIEN. Der Standort Österreich wird für den deutschen Pharmakonzern Boehringer Ingelheim immer wichtiger. Gerade erst hat man den rund 700 Mio. € teuren Ausbau des Standorts Wien abgeschlossen, jetzt kommt die Ankündigung für eine komplett neue Fabrik in Bruck an der Leitha in Niederösterreich.
Präsentation am Freitag
Boehringer Ingelheim wird rund 1,2 Mrd. € in eine biopharmazeutische Anlage investieren und mehr als 800 neue Arbeitsplätze schaffen. Details dazu werden am heutigen Freitag (1. April 2022) präsentiert. Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hat das Projekt schon vorangekündigt und ortet darin „das größte Ansiedlungsprojekt in der Geschichte unseres Bundeslandes”. Matthias Sturm, Sprecher von Boehringer Ingelheim RCV, wollte sich im Detail vor der Präsentation am 1. April nicht äußern. In der Einladung ist die Rede von einer der größten jemals in Österreich getätigten Unternehmensinvestitionen. Boehringer Ingelheim baue damit seine Kapazitäten bei der Herstellung von biopharmazeutischen Medikamenten weiter aus und trage zur Versorgungssicherheit mit diesen innovativen Arzneien bei. Nach Angaben des Landes wird sich das Unternehmen im ecoplus Wirtschaftspark in Bruck an der Leitha ansiedeln, wo bereits ein Grundstück gekauft worden ist.
Werk in Wien eröffnet
Erst im vergangenen Oktober hatte Boehringer Ingelheim in Wien nach vier Jahren Bauzeit eine neue Biotech-Anlage eröffnet und rund 500 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen. Aufgrund des großen Erfolgs habe die Konzernleitung beschlossen, eine weitere Produktionsanlage ähnlicher Natur in Österreich zu errichten, teilt der Konzern mit.
Auf großen Anklang stößt das Vorhaben jedenfalls in Niederösterreich. Das Bundesland habe sich „um diese Produktionsstätte in einem aufwendigen Verfahren beworben und gegen Standorte in Amerika, Deutschland und Spanien durchgesetzt”, betonte Mikl-Leitner in einer Aussendung. Landesrat Jochen Danninger (ÖVP) sprach im Hinblick auf die Ansiedlung im ecoplus Wirtschaftspark davon, dass Pharmafirmen in Niederösterreich ein „perfektes Umfeld” geboten werde.
„Mit der Ansiedlung von Boehringer-Ingelheim ist uns ein Meilenstein in Richtung Positionierung als innovativer Wirtschaftsstandort in der Ostregion gelungen”, betonte der Bürgermeister von Bruck an der Leitha, Gerhard Weil (SPÖ). Es würden sich alle Räder in Richtung einer nachhaltigen Entwicklung der Stadt drehen, teilte er in einer Stellungnahme mit.
Produktion in Europa
Der Österreich-Chef von Boehringer Ingelheim, Philipp von Lattorff, betonte bereits im Oktober bei der Inbetriebnahme des Werks in Wien die Bedeutung der Medikamentenproduktion „im Herzen Europas”. Die Anfälligkeit internationaler Lieferketten habe sich nicht zuletzt in der Coronakrise gezeigt. Die Anlage in Wien umfasst 48 Bioreaktoren mit insgesamt 185.000 l sowie weitere neun Bioreaktoren mit je 15.000 l. Der für die Biologika-Fertigung in Wien zuständige Manager Christian Eckermann sprach von einer Produktionsanlage für die Zukunft, die extreme schnelle Produktwechsel und die simultane Fertigung unterschiedlicher Produkte ermögliche. Es gebe weltweit nicht viele Anlagen dieser Art – nun soll eine weitere in Niederösterreich entstehen.
Biopharmazeutika sind im Vergleich zu herkömmlichen Arzneimitteln deutlich aufwendiger herzustellen. Boehringer-Ingelheim produziert Biologika gegen Krebs, Herzinfarkte, Rheuma und Multiple Sklerose für andere Pharmafirmen wie Pfizer oder GlaxoSmithKline. Der Biotech-Markt ist stark wachsend und dürfte sich in den nächsten fünf Jahren verdoppeln. Wien ist für die Deutschen eine wichtige Regionalzentrale. Bisher werden hier rund 4.100 Mitarbeiter beschäftigt und 1,09 Mrd. € umgesetzt.