••• Von Evelyn Holley-Spiess
WIEN. Es ist im wahrsten Sinne des Wortes eine schwerwiegende Herausforderung – gesundheitspolitisch und wirtschaftlich: Mehr als acht Prozent aller Todesfälle (unter 85 Jahre) und knapp fünf Prozent der Gesundheitsausgaben sind in Österreich auf Übergewicht und Adipositas zurückzuführen, Tendenz steigend.
Zu diesem Ergebnis kommt das Institut für Höhere Studien (IHS) in einer aktuellen Untersuchung, die auf den Daten der Statistik Austria aufbaut. „Wir ermitteln in unserem Modell die Kosten von Adipositas und deren Folgeerkrankungen für das Gesundheits- und Sozialsystem, aber auch für die Wirtschaft in Österreich”, fasst IHS-Gesundheitsökonom Thomas Czypionka zusammen. „Angesichts der Zahlen sehen wir dringenden Handlungsbedarf. Die Adipositas-Epidemie sollte nicht als Nebensächlichkeit abgetan werden. Sie ist ein zentrales Problem für die öffentliche Gesundheit und unsere Wirtschaft.”
Arbeitsmarkt betroffen
Konkret wurde auf Basis mehrerer Hundert klinisch-epidemiologischer Studien sowie aus Prävalenz- und Kostendaten die wirtschaftliche Belastung durch Adipositas berechnet. Unterm Strich schätzt der Experte den Aufwand auf etwa 2,3 Mrd. € pro Jahr. Dazu kommt etwa eine halbe Million Krankenhaustage, die auf Folgeerkrankungen von Adipositas zurückzuführen seien. Und auch die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt scheinen erheblich: Die Schätzungen gehen davon aus, dass Adipositas jährlich zu 1,2 Mio. Krankenstandstagen und zu 5,6 Prozent der neuen Invaliditätspensionen beiträgt.
Fokus auf Prävention
Florian Kiefer, Stoffwechselexperte an der MedUni Wien und am Allgemeinen Krankenhaus (AKH), sieht bislang „nur sehr wenige strukturierte Maßnahmen, um diesen Entwicklungen gegenzusteuern”. Die nächste Regierung werde sich diesem Problem stellen müssen. Gefordert wird die Anerkennung von Adipositas als eigenständige chronische Erkrankung, ein stärkerer Fokus auf Prävention sowie ein niederschwelliger Zugang zu leitliniengerechten Therapien für Betroffene.