INDUSTRIAL TECHNOLOGY
© TU Wien

Die neue Anlage soll dazu beitragen, die führende Rolle Österreichs im Bereich der Biomasseverwertung weiter auszubauen.

27.11.2015

Biomasse noch effektiver nutzen

Nach zweijähriger Vorbereitungsarbeit hat die TU Wien eine weiter verbesserte Versuchsanlage für die innovative ­Zweibett-Wirbelschicht-Vergasung in Betrieb genommen.

••• Von Britta Biron

WIEN. An der TU Wien forscht man seit mittlerweile mehr als 20 Jahren daran, sowohl die Wärmeenergie von Biomasse oder Restmüll zu nutzen als auch die darin enthaltenen Stoffe für die Wiederverwendung aufzubereiten. Anfang der 1990er-Jahre hat das Team um Professor Hermann Hofbauer das Wirbelschicht-Vergasungs-Verfahren entwickelt. Anders als in herkömmlichen Verbrennungsöfen, arbeitet es mit zwei getrennten Gaskreisläufen: Einen Abgasstrom aus der Verbrennungskammer und einen Produktgasstrom aus der Vergasungskammer, der dann weiter genutzt werden kann.

Das bereits etablierte Verfahren (Großanlagen stehen unter anderem in Güssing, Villach und Göteborg) wird laufend verbessert.
Umfangreiche wissenschaftliche Erkenntnisse aus den Forschungsarbeiten der letzten Jahre gingen in das Design der neuen Versuchs-Anlage ein, die vor Kurzem in Betrieb genommen wurde.

Höhere Flexibilität

Im Fokus der Wissenschafter stand vor allem, das Verfahren flexbibler hinsichtlich der verwendeten Biomasse zu machen. Denn in den meisten Verbrennunganlagen wird hauptsächlich hochqualitatives, homogenes Holzhackgut verwertet.

Die neue Anlage dagegen kommt auch mit minderwertigen Reststoffen zurecht.

Wichtige Erkenntnisse

„Abfälle aus der Papier- und Holzindustrie kommen infrage. Wir werden aber auch Abfallfraktionen oder andere biogene Reststoffe wie Zuckerrohr- und Olivenbagasse testen. Auch Biomasse-Kohle-Mischungen oder sogar Klärschlamm können auf diese Weise verwertet werden”, sagt Johannes Schmid vom Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und Technische Biowissenschaften der TU Wien und erklärt die Besonderheit der neuen Anlage: „Durch eine neuartige Reaktorkonstruktion kommt der Brennstoff und dessen Produktgas viel intensiver in Kontakt mit dem wirbelnden heißen Sand, daher funktioniert die Vergasung nun auch mit schwierigen, alternativen Brennstoffen besser.”

Bereits sieben Versuchsreihen sind auf der neuen Anlage durchgeführt worden, die ersten Messergebnisse wurden intern validiert und ausgewertet.
„Wir werden nun viele weitere Versuchsreihen mit ganz unterschiedlichen Brennstoffen durchführen”, so Schmid zu den weiteren Plänen, „aber schon jetzt sehen wir, dass die neue Anlage herausragende wissenschaftliche Erkenntnisse generieren wird.”

Energielösung der Zukunft

Die Forscher sehen auch großes wirtschaftliches Potenzial in diesem neuen Wirbelschicht-Vergasungskonzept, da der Trend in der Energieversorgung von großen zentralen Kraftwerksanlagen zu kleineren, lokalen Lösungen geht.

„Interessant könnten solche Anlagen für große Unternehmen sein, in denen viel verwertbare Reststoffe anfallen. Die Nutzung von am jeweiligen Standort anfallenden Reststoffen kann fossile CO2-Emissionen reduzieren und den Anteil erneuerbarer Energie für den betreffenden Industriestandort erhöhen. Wir sind überzeugt davon, dass unsere Technologie eine Schlüsseltechnologie darstellen kann, die das Potenzial mitbringt, einen wesentlichen Beitrag zu einer sauberen, nachhaltigen und klimafreundlichen Energieversorgung zu leisten”, meint Schmids Forscherkollege Stefan Müller.
Die Anlage der TU Wien soll jedenfalls dazu beitragen, die weltweit führende Rolle Österreichs im Bereich der Biomasseverwertung weiter auszubauen.

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL