••• Von Paul Christian Jezek
Die aktuelle Jubelmeldung beweist die Bedeutung des Automotive-Standorts Österreich: Ab 2017 wird Magna Steyr für BMW Autos der neuen 5er-Serie fertigen.
Damit werden nach sechsjähriger Pause erstmals wieder in Graz BMW-Modelle vom Band laufen, bestätigt BMW-Produktionsvorstand Oliver Zipse. Durch den Großauftrag an Magna Steyr erwartet sich BMW vor allem eines: hohe Flexibilität. Geplante Stückzahlen will Zipse nicht bekannt geben, da diese von der Nachfrage abhängen, aber es gebe eine feste Produktionsverteilung zwischen Dingolfing und Graz. „Ich bin mir sicher, dass der neue 5er ein großer Erfolg und Magna hohe Volumen fertigen wird.”
Tausende neue Arbeitsplätze
Die Partnerschaft zwischen Magna und BMW wurde 2001 initiiert, zwei Jahre später lief der erste von Magna in Graz gefertigte BMW X3 vom Band, später auch Mini Countryman und Mini Paceman. Bezüglich Entwicklung werde Magna „bei einigen Teilumfängen als Partner eingebunden sein”, BMW sieht laut Zipse „Magna Steyr definitiv langfristig als einen strategischen Partner”.
Mit den neuen Kundenaufträgen der BMW Group und von Jaguar Land Rover sowie der Vertragsverlängerung zum Bau der Mercedes-G-Klasse werden ab 2018 rund 200.000 Fahrzeuge die Grazer Werkshallen verlassen – doppelt so viele wie derzeit. Und dafür werden deutlich mehr Mitarbeiter gebraucht: Rund 3.000 sollen in den nächsten zwei Jahren dazukommen, vor allem in der Produktion. Konkret geht es um Montage, Lack und Logistik, präzisiert Magna-Steyr-Personalchef Hansjörg Tutner: „Die neuen Kollegen müssen körperliche Einsatzbereitschaft mitbringen, Bereitschaft für Schichtbetrieb, Deutschkenntnisse und Freude am Automobil.” Die Um- und Ausbauarbeiten für die neuen Aufträge laufen auf Hochtouren – Magna baut bereits mehrere Hallen in großem Umfang um.
Production Units
Auch in Karlstein an der Thaya wird gerade spektakulär ausgebaut, weil die internationale Kfz-Industrie „Made in Austria” in großem Umfang vertraut.
Pollmann Austria ist an seine Kapazitätsgrenzen gestoßen; mit dem Bau einer neuen Halle mit mehr als 1.200 m² wird die Produktionsfläche am Werksgelände erweitert. „Die Bauteile und Baugruppen, die wir für unsere Automotive-Kunden in Großserie herstellen, werden immer anspruchsvoller”, erklärt Geschäftsführer Erwin Negeli. Daher nehmen auch die Anforderungen an Fertigungsprozesse und die Komplexität der Fertigungsmaschinen weiter zu. Spritzgussmaschinen und deren nachgeschaltete Anlagen verschmelzen immer mehr zu „Production Units”, die einen entsprechenden Platzbedarf mit sich bringen.
Am Standort Karlstein ist Pollmann auf die Fertigung komplexer Kunststoff-Metall-Verbindungen in hoher Stückzahl und Know-how-Träger bei der Entwicklung und Produktion von Umspritz-Teilen spezialisiert. „Entscheidend ist dabei, dass wir hier nicht nur als Spritzgießer auftreten, sondern entlang der Wertschöpfungskette des Produkts nachgelagerte Prozesse mitanbieten können, z.B. das automatisierte Setzen von Mikroschaltern, das Löten von Dioden oder Verarbeitungsschritte wie Vergießen, Schweißen, Nieten oder Taumeln”, erläutert Negeli.
Top-Trend Vernetzung
Natürlich profitieren die österreichischen Autozulieferer von der stetig hoch bleibenden Anzahl an Neuzulassungen in Europa, den USA und Asien sowie auch den tiefen Rohstoff- und Energiepreisen.
Und wer meint, Abgasskandal, Lieferantenzwistigkeiten und Co. ließen die „Insel der Seligen” erzittern, irrt. Negative Folgen seien zumindest bis jetzt kaum bis gar nicht spürbar, es gebe weder Auswirkungen auf den Preis noch auf die Produktionsmengen. „Die Verträge laufen in der Regel über mehrere Jahre mit einer festen Bandbreite von Abnehmern”, weiß Ludwig Mertes, Markenvorstand für Prisma Die Kreditversicherung. „Auswirkungen wären daher frühestens in einem Jahr spürbar.”
Ein weiterer großer Pluspunkt: Österreich verfügt über eine gute Verteilung bei den Aufträgen unter den Erstausrüstern (OEM, Original Equipment Manufacturer). Diese sind aus Deutschland Volkswagen, BMW und Mercedes mit allen ihren Marken, aus Italien Fiat und aus Frankreich Peugeot/Citroen und Renault.
„Die Vernetzung mit Renault ist ein strategisch wichtiger Schritt in Hinblick auf mehr Internationalisierung der oberösterreichischen Automobilzulieferbranche”, sagt der oberösterreichische Wirtschaftslandesrat Michael Strugl. So waren im Sommer im Rahmen eines eigenen Lieferanteninnovationstags, den die beiden Automobil-Cluster OÖ und Stmk. in Kooperation mit dem AußenwirtschaftsCenter organisiert hatten, rund drei Dutzend Unternehmen in die Pariser Zentrale von Renault Nissan eingeladen worden. Dabei gab Renault Nissan die Themenbereiche vor, zu denen die Zulieferer ihre Innovationen und neuen Ansätze präsentieren konnten: Ideen und Technologien zu Connected Mobility, autonomes Fahren, Smart Materials und emissionsfreie Elektrofahrzeuge waren gefragt. Andreas Kuhn, Geschäftsführer der Andata Entwicklungstechnik GmbH, eines Kleinunternehmens, das sich intensiv mit intelligenten digitalen Lösungen für Verkehrsregelung und Fahrzeugsicherheit beschäftigt: „Die digitale Revolution wird nicht nur in den Fahrzeugen, sondern auch in den geschäftlichen Beziehungen zwischen Autoherstellern und deren Zulieferern stattfinden (müssen).” Miba Hightec Coatings konnte ebenfalls mit zwei neuen Technologien bei Renault Nissan Aufmerksamkeit wecken.
Auto trifft Smart Home
Und auch für Bosch Österreich sind Lösungen für vernetzte Mobilität ein strategisches Ziel: „In Zeiten der Vernetzung über das Internet der Dinge gehen wir mit unserer Vielseitigkeit in die Offensive”, berichtet Alleinvorstand Klaus Peter Fouquet.
„Und dabei werden wir nicht stehen bleiben. So können wir das Fahrzeug auch mit dem Smart Home vernetzen – sodass z.B. die Navigation die Heizung anweist, das Wohnzimmer rechtzeitig vorzuwärmen, bevor wir dorthin zurückkehren. Daraus entsteht eine neue Lebensqualität. Mit der Vielseitigkeit unseres Know-hows haben wir die besten Voraussetzungen für die Mobilität der Zukunft.”