INDUSTRIAL TECHNOLOGY
© Verbund Christian Redtenbacher

Manuel Beschliesser, Chief Operating Officer LAT Nitrogen, Michael Strugl, Vorstandsvorsitzender der Verbund AG, und Stefan Wagenhofer, Geschäftsführer Gas Connect Austria bei der Vorstellung der Initiative HIAA (v.l.)

Helga Krémer 12.07.2024

Fahrplan für grünen Wasserstoff

Frisch aus der Taufe gehobene Hydrogen Import Alliance Austria betont: „Industriestandort Österreich braucht grünen Wasserstoff!“

WIEN. Acht führende, österreichische Energie- und Industrieunternehmen, die einen wesentlichen Teil des derzeitigen und künftigen Wasserstoffbedarfs in Österreich repräsentieren, haben sich in der Hydrogen Import Alliance Austria (HIAA) zusammengefunden. Gemeinsam entwickeln die HIAA-Mitgliedsunternehmen einen Fahrplan, um den Import von grünem Wasserstoff zu wettbewerbsfähigen Konditionen nach Österreich voranzutreiben.

Die österreichische Industrie bekennt sich zu den globalen und europäischen Klimazielen und befindet sich bereits in der Umsetzung der ambitionierten Transformationspläne. Ausreichend verfügbarer grüner Wasserstoff zu wettbewerbsfähigen Preisen ist ein zentraler Baustein dafür und insbesondere für schwer zu transformierende Industrien als Prozessgas und Energieträger notwendig. Grüner Wasserstoff ermöglicht es, die Treibhausgasemissionen Österreichs, um rund 15% oder 10 Mio. Tonnen pro Jahr bis 20401 zu reduzieren. Zudem tragen Wasserstoffimporte zur Sicherung des Industriestandorts Österreich und damit von über 40.000 Arbeitsplätzen bei.

Grüner Wasserstoff als Schlüsselressource
Kostengünstiger grüner Wasserstoff ist die Schlüsselressource für eine dekarbonisierte und wettbewerbsfähige Industrie in Österreich. Die nationale Produktion von Wasserstoff wird jedoch nicht ausreichen, um die stark steigende Nachfrage zu decken. Aufgrund von erheblich besseren Voraussetzungen in Bezug auf meteorologische Bedingungen und Flächenverfügbarkeiten können in benachbarten Regionen erneuerbarer Strom und somit grüner Wasserstoff in deutlich größeren Mengen und zu niedrigeren Kosten als in Österreich produziert werden.

Ziel der HIAA-Mitglieder ist es, dass Wasserstoffimporte via Pipelines nach Österreich bis 2030 ermöglicht, die signifikant steigenden Bedarfe langfristig gedeckt und damit eine wettbewerbsfähige Versorgung der Abnehmer ab 2030 sichergestellt werden können.

Aufbau der Wasserstoff-Importwirtschaft
Mitglieder der HIAA sind AMAG Austria Metall, Gas Connect Austria, LAT Nitrogen, OMV, RHI Magnesita, Verbund, voestalpine und Wiener Stadtwerke. Die Unternehmen nehmen eine unterstützende Rolle beim Aufbau der österreichischen Wasserstoff-Importwirtschaft und bei der Koordination entlang der gesamten Wertschöpfungskette ein – von der Erzeugung über Infrastruktur bis zur Abnahme. Im Fokus steht die Lösung des so genannten „Henne-Ei-Problems“, das die zentrale Herausforderung beim Aufbau der Wasserstoffwirtschaft ist. Vor diesem Hintergrund treiben die HIAA-Unternehmen den Hochlauf in einer strukturierten und vor allem orchestrierten Form voran.

„Wir haben die HIAA ins Leben gerufen, um einen koordinierten und effizienten Hochlauf der Wasserstoff-Wirtschaft in Österreich zu ermöglichen. Die acht Mitglieder bündeln ihr Wissen und ihre Expertise aus der gesamten Wasserstoff-Wertschöpfungskette und schaffen damit Erfolgspotentiale für den Wirtschaftsstandort Österreich und die grüne Transformation unseres Energiesystems“, betont Michael Strugl, Vorstandsvorsitzender der Verbund AG.
Die HIAA-Mitglieder untersuchen die vielversprechendsten Transportrouten nach Österreich und forcieren die Anbindung an potenzielle Korridore, um für Österreich eine sichere und international wettbewerbsfähige Versorgung mit grünem Wasserstoff zu ermöglichen. Sie leisten mit ihren Aktivitäten einen Beitrag zur Umsetzung der nationalen Wasserstoffstrategie.

„Österreich verfügt über ein sicheres und leistungsfähiges Pipelinenetz, das in Teilen bereits jetzt den Transport von Wasserstoff ermöglicht. Mit gezielten Investitionen in die Infrastruktur könnte unser Land künftig als zentrale Drehscheibe im entstehenden europäischen Wasserstoff-Backbone fungieren. Damit schaffen wir die Grundlage für eine leistbare, zuverlässige und nachhaltige Energieversorgung der Zukunft“, unterstreicht Stefan Wagenhofer, Geschäftsführer Gas Connect Austria.

Schulterschluss zwischen Industrie und Politik nötig
Die Ermöglichung von Wasserstoffimporten ab 2030 erfordert bereits heute eine zentrale Weichenstellung, Planungs- und Investitionssicherheit sowie Unterstützung durch die Politik. Die Wertschöpfungsstufen weisen wechselseitige, zeitliche Abhängigkeiten auf. Finale Investitionsentscheidungen (FID) für Anlagen zur Produktion von Wasserstoff hängen beispielsweise von der Verfügbarkeit technischer Komponenten (z.B. Elektrolyseure etc.) und der relevanten Transportinfrastruktur sowie konkreten und frühzeitigen Zusagen der Abnehmer ab. Die relevante Infrastruktur benötigt für ihre FID ebenso frühzeitige Zusagen der Abnehmer und diese brauchen wiederum für ihr kostenintensive und riskante Umstellung ihrer Anlagen die FID der Produktion und der Infrastruktur.

Es sind erhebliche Investitionen erforderlich, um die Errichtung sowie den Betrieb von Anlagen für die Bereitstellung, den Transport, die Speicherung, die Abnahme und den Verbrauch von importiertem grünem Wasserstoff zu gewährleisten. Allerdings ist die Wirtschaftlichkeit von grünem Wasserstoff und darauf basierenden Produkten zu Beginn des Markthochlaufs noch nicht gegeben. Daher werden finanzielle Unterstützungen und Absicherungen durch den öffentlichen Sektor ausschlaggebend für Investitionsentscheidungen sein. Es bedarf rechtlicher und regulatorischer Klarheit.

„Für die Umsetzung unseres ambitionierten Zeitplans braucht es einen Schulterschluss zwischen Industrie und Politik, denn nur mit vereinten Kräften kann der Hochlauf der Wasserstoff-Wirtschaft gelingen – das ist unsere gemeinsame Verantwortung für die Gesellschaft. Es ist höchste Zeit, notwendige Maßnahmen und Investitionen zu beschließen, um attraktive Rahmenbedingungen für die industrielle Nutzung von Wasserstoff herzustellen, die der künftigen Bedarfslage gerecht werden“, hebt Manuel Beschliesser, Chief Operating Officer LAT Nitrogen, abschließend hervor.

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL