PRIMENEWS
sabine bretschneider 30.06.2015

Eine Ode an den Bock als Gärtner


Hellas sorgt weiter für Spannung. Dabei würden wir uns doch zwischendurch nach etwas gepflegter Langeweile sehnen.

Tragisch Die griechische Tragödie entwickelt sich jetzt schneller als erwartet. Plötzlich sind all die theoretischen Szenarien drohende Wirklichkeit geworden. Wussten Sie, dass die „Tragödie” vom „Tragos” (Bock) und der „Ode” (Gesang) hergeleitet wird? Der bockfüßige Gott des Weines, Dionysos, soll Pate gestanden haben. Das erklärt einiges: Dass die Griechen über Maßnahmen entscheiden sollen, die sie im Detail nicht kennen – und für deren Beurteilung sie sich eigentlich eine Regierung gewählt hätten. Dass der ganze Eiertanz nur deshalb so dermaßen in die Länge gezogen worden ist, um der Regierungspartei von Alexis Tsipras ein Ausstiegszenario zu bieten, ohne dafür zur Verantwortung gezogen werden zu können. So wie der Held der griechischen Tragödie durch sein eigenes Handeln den Lauf des Schicksals nicht verändern kann.

Ansichtssache

Wie sich ein eventueller Austritt Griechenlands aus der Währungsunion letztendlich auf die Eurozone, auf den Wirtschaftsraum EU – und damit insgesamt auf die ökonomische Entwicklung des Kontinents in den nächsten Jahren auswirken wird, ist einstweilen Interpretationssache. Dass der gemeinsame Währungsraum mit Vertrauensverlusten zu kämpfen haben wird, scheint gewiss. Allein die Möglichkeit, der gemeinsamen Währung überhaupt – willentlich oder nicht – zu entfliehen, ist Ansichtssache. Wurde doch vor einiger Zeit der EZB-Vizepräsident Vitor Constancio damit zitiert, der EU-Vertrag sehe gar nicht vor, „dass ein Land formal, rechtlich aus dem Euro ausgeschlossen werden kann”.
„Einmal Euro, immer Euro” ist die Devise. Daran ändert – grundsätzlich – auch ein Staatsbankrott des Landes offensichtlich nichts Gravierendes. In den großen Gläubigerländern wie etwa Deutschland und Frankreich werden bereits Verlustrechnungen angestellt, Ifo-Chef Hans-Werner Sinn etwa hat kürzlich für Deutschland einen maximalen Verlust in Höhe von 87 Milliarden Euro errechnet. Die Kosten für die deutsche Wiedervereigung beliefen sich im Vergleich dazu – das berechneten Wissenschafter vergangenes Jahr für Die Welt – auf zwei Billionen Euro, das ist eine Zahl mit zwölf Nullen.
Alles halb so schlimm? Die nächsten Tage werden spannend. „Mögest du interessante Zeiten erleben”, ist kolportiertermaßen ein horribler chinesischer Fluch …

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