Schon im Jahr 2017 gab es in Österreich bereits 440 bestehende Franchisesysteme, heute sind es etwa 500. 60% der aktiven Systeme wurden sogar in Österreich gegründet. Franchising ist hierzulande beliebt und ein weiteres Wachstum dieser Szene wird prognostiziert. Der Österreichische Franchise-Verband (ÖFV) ist der integrative Motor der Franchiseszene und vertritt unter anderem die Interessen seiner Mitglieder in der Öffentlichkeit. Im Interview sprach Andreas Haider, Präsident des Verbands, unter anderem über die Franchiseszene in Österreich und einen Irrglauben.
medianet: Herr Haider, wenn wir den österreichischen Franchisemarkt betrachten – wie gestaltet sich dieser im Vergleich zu anderen Ländern?
Andreas Haider: Ländervergleiche gibt es in diesem Sinn keine genauen. In Österreich sind wir beim Thema Franchise aufgrund der Einwohner und der Ländergröße gegenüber Deutschland sicherlich sehr weit vorn. Somit ist die Franchiselandschaft bei uns sehr begünstigt. Wenn wir uns allerdings mit Frankreich vergleichen, wird deutlich, dass wir noch sehr viel Potenzial an Systemen und Gründungen in der Franchiseszene hierzulande haben. In Frankreich ist der Anteil an selbstständig Erwerbstätigen generell deutlich höher als bei uns in Österreich.
medianet: Handelt es sich bei dem Erwerb einer Franchise-lizenz und der Eröffnung eines eigenen Unternehmens nicht um einen äußerst komplexen Vorgang?
Haider: Eines kann ich mit Sicherheit behaupten, dass eine Existenzgründung in einem Franchisesystem einfacher und risikoärmer ist als eine freie Existenzgründung – somit handelt es sich hierbei um einen Irrglauben.
In einem Franchisesystem hat der Franchisegeber profunde Kenntnisse im Gründungsprozess und Gründungsablauf. Somit wird der Franchisenehmer in einem exakten Einschulungsplan auf alle möglichen Herausforderungen und zu erbringende Leistungen sehr gut vorbereitet und unterstützt. Denn in einem System werden nach jeder Neueröffnung die Abläufe und Prozesse evaluiert und gegebenenfalls umgehend angepasst, damit die anderen Franchisenehmer von den Herausforderungen der Kollegen lernen können.
medianet: Wer sind denn die größten Franchisegeber in Österreich?
Haider: In Österreich steht die Szene für etwa 500 Systeme mit über 10.000 Standorten und einem Umsatzvolumen von über 9 Mrd. Euro. Darunter sind natürlich Global Player wie etwa McDonald’s und Re/Max, aber auch österreichische Unternehmen wie Unimarkt und VBC. Jung, dynamisch und erfolgreich: Das macht die österreichische Franchisewirtschaft aus. So kann man sagen, dass sich Franchising in Österreich durch Wachstum und Branchenvielfalt auszeichnet.
medianet: Welche rechtlichen Herausforderungen sehen Sie in Österreich?
Haider: Grundsätzlich wird das Thema Franchise in Österreich sehr partnerschaftlich zwischen den Gebern und Nehmern gelebt. Aufgrund unserer aktiven Verbandsarbeit und somit Aufklärung nach allen Seiten werden die gesetzlichen Regelungen und Rahmenbedingungen sehr gut eingehalten.
Der Verband ist unter anderem auch durch die Unterstützung eines eigenen Rechtsausschusses sehr nah an gesetzlichen Veränderungen auf europäischer und internationaler Ebene, um hier gegebenenfalls mit den Behörden in beratender Funktion tätig zu werden.
medianet: Wie unterstützen Sie als Verband denn Franchisenehmer und -geber noch?
Haider: Die Kernaufgaben des Verbandes sehen wir zum einen darin, die Öffentlichkeit über Franchising zu informieren und Lobbying dafür zu betreiben. Durch unseren ÖFV-System-Check fördern wir die Qualität der Franchisesysteme. Wir sehen uns selbst natürlich als Informationsplattform, bündeln Expertenwissen und erheben Franchisestatistiken. Uns ist es ein großes Anliegen, das Unternehmertum fördern. Wir organisieren zudem auch Franchiseveranstaltungen und Weiterbildungen, wie beispielsweise die Franchise Convention und die Verleihung der Franchise Awards (siehe Seite 46).
medianet: Beobachten Sie in der Franchiseszene Trends?
Haider: Ein Trend ist sicherlich, dass immer mehr Frauen in Franchisepartnerschaften einsteigen und sich selbstständig machen. Weiteres ist auch zu bemerken, dass die Investitionshöhen und Einstiegsgebühren niedriger werden. Einen spürbaren Zuwachs haben sicherlich Konzepte mit einem sozialen und nachhaltigen Wert. (gs)