INDUSTRIAL TECHNOLOGY
© TU Wien

Albana Ilo, Elektrotechnikerin an der TU Wien, zeigt, wie die einzelnen Links in den Stromnetzen organisiert sind.

04.03.2016

Neuer Ansatz für smarte Netze

Mit „Link” wurde an der TU Wien ein ganz neuer ­Lösungsansatz entwickelt, um die Stromnetze für die ­Herausforderungen der Zukunft zu rüsten.

••• Von Britta Biron

WIEN. Die wachsende Einspeisung Erneuerbarer Energien sowohl von großen Kraftwerken als auch privaten Anlagen stellt hohe Anforderungen an die Steuerung und verwaltung des Stromnetzes.

Große Herausforderungen

Eine Lösung, die in diesem Zusammenhang diskutiert wird, sind virtuelle Kraftwerke, deren Steuerung aber deutlich komplizierter ist wie jene großer zentraler Kraftwerke und den Austausch großer Datenmengen benötigt.

Eine zweite Möglichkeiten stellen Microgrids dar. Das sind Netz-Abschnitte, in denen sich Stromerzeugung und Verbrauch ungefähr die Waage halten. Das gesamte Stromnetz in solch überschaubare Einheiten zu unterteilen, ist allerdings undenkbar.
Für die ­Elektrotechnikerin ­Albana Ilo vom Institut für Energiesysteme und Elektrische An­triebe der TU Wien stellen diese Konzepte nur Notlösungen dar.
„Physikalisch sind die Stromnetze in ein Hochspannungsnetz, ein Mittelspannungsnetz und ein Niederspannungsnetz aufgeteilt. Dazu kommen Kraftwerke, Speicher und Konsumenten. Genau an solchen Trennlinien soll sich auch die Führung der Stromnetze orientieren”, sagt Ilo, die dafür einen neuen Ansatz namens Link ent­wickelt hat.

Konzept der Links

Er basiert darauf, das Gesamtsystem in einzelne Einheiten (sogenannte Links) aufzuteilen, die jeweils über ein eigenes Steuersystem verfügen und definierte Schnittstellen zu benachbarten Einheiten haben. Jeder Link erhält Input von benachbarten Elementen und entscheidet dann selbst, welche Maßnahmen ergriffen werden müssen. Dadurch ist es nicht nötig, große Datenmengen zu einer zentral koordinierenden Stelle zu schicken, und auch die Gefahr von Cyberattacken wird verringert.

„Heute kann es sein, dass Strom von der Nordsee nach Italien verkauft wird. Physikalisch fließt der Strom aber vielleicht über das polnische Netz, das dadurch überlastet werden kann – obwohl das Land an diesem Deal gar nicht beteiligt ist”, erklärt Ilo. „In einem Link-System wäre das einfach zu handhaben. Die einzelnen Hochspannungs-Links würden ganz automatisch alle Parameter so anpassen, dass solche Transaktionen problemlos ablaufen könnten.”

Erfolgreicher Praxistest

In einem Modellversuch in einer Testregion in Salzburg wurde bereits gezeigt, dass das Link-Konzept, für das bereits ein Patent vorliegt, funktioniert.

Ein schrittweiser Übergang vom heutigen System zu Link benötigt zwar Zeit, aber Ilo meint: „Der Umstieg auf ein smartes Stromnetz ist möglich, und wenn wir den Wunsch nach der Energiewende ernst nehmen, sollten wir jetzt damit beginnen.”
Präsentiert wird Link auf der diesjährigen Hannover Messe, wo die TU auch eine Reihe andere Neuheiten aus dem Bereich Energie vorstellen wird, darunter etwa eine neue und kostengünstige Bauweise für hohe Türme von Windenergieanlagen.

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