MARKETING & MEDIA
Redaktion 11.06.2021

Immer den falschen Baum anbellen

Die aktuellen Eurobarometer-Ergebnisse sind da; „generell” sind die Österreicher unzufrieden.

Leitartikel ••• Von Sabine Bretschneider

 

WATSCHENMANN. Eine Studie der an der Uni Tübingen beschäftigten Historikerin Constanze Jeitler, berichtet die APA, setzt sich mit dem Zusammenhang von Populismus und Verschwörungstheorien in Österreich auseinander – ein ambitioniertes Projekt. Die Anfälligkeit des Alpenrepublikaners für antisemitische Mythen muss man an dieser Stelle nicht weiter erörtern; auffällig ist die besondere Empfänglichkeit der Österreicher für Verschwörungstheorien über „EU-Diktatur” und „Brüsseler Eliten”. Rund 40 Prozent sind es laut einer Untersuchung der Gesellschaft für Europapolitik aus 2020; 2020 markierte übrigens, falls es Ihnen nicht aufgefallen sein sollte, das 25-jährige Jubiläum der österreichischen EU-Mitgliedschaft.

Vor einer Woche wurden wieder einmal die aktuellen Eurobarometer-Werte publiziert. Das Ergebnis: Die Österreicher sind europaweit am unzufriedensten; nur 34 Prozent haben hierzulande ein positives Bild von der EU, 14 Prozentpunkte unter dem EU-Durchschnitt. Gleichzeitig spricht sich eine Mehrheit, 61 Prozent, in dieser Umfrage für mehr EU-Kompetenzen z.B. bei der Überwindung der Coronakrise aus. Auf dem vorletzten Platz liegen die Öster­reicher bei der Frage, ob sie generell die EU befür­worten …
Könnte sein, dass die Anti-Brüssel-Mentalität der jeweiligen Regierenden – Motto: Was können die in Brüssel außer Gurken abmessen und unsere Nettobeiträge verprassen? – Wirkung zeigt. Die türkise Hälfte der aktuellen Regierung zeigt vor, wie’s geht – die EU als Watschenmann, der für alles ein- und geradestehen muss –, von den Finanznöten der Veranstalter des Feuerwehrfests in Grammatneusiedl bis zur Flüchtlingskrise in Griechenland.
Egal, wie viel Misswirtschaft ein Mitgliedsstaat betreibt: Sobald die Probleme akut werden, fordert man a) Geld „aus Brüssel” und b) keine damit verbundene Einmischung in innerstaatliche Angelegenheiten. Das ist unvernünftig, politisch und intellektuell unaufrichtig, aber es wirkt. Nach wie vor.

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL