WIEN. Der neue Ö1-Chef Martin Bernhofer legt 2020 den inhaltlichen Fokus auf das Thema Nachhaltigkeit und die Gesellschaft von morgen. Mit dem Jahresschwerpunkt „Reparatur der Zukunft” und einem neuen Ö1-Jugendclub will sich der Sender auch um ein jüngeres Publikum bemühen. Dem umstrittenen Umzug auf den Küniglberg sieht Bernhofer „pragmatisch-optimistisch” entgegen, wie er im Interview mit der Austria Presse Agentur sagte.
Angebot an Ö1-Nachwuchs
Ende September wurde der langjährige Leiter der Wissenschaftsabteilung zum Ö1-Programmleiter bestellt, davor führte er den Sender bereits einige Zeit interimistisch. Mit dem neuen Programmschwerpunkt „Reparatur der Zukunft”(oe1.orf.at/zukunft), ein „generationenverbindendes Projekt”, soll den Ideen der 20- bis 30-Jährigen mehr Raum gegeben werden. „Der Gedanke dahinter ist, dass diese Zukunftsthemen – vom Klimawandel bis zur digitalen Transformation – keine gesellschaftlichen Bruchlinien zusätzlich aufwerfen sollten.” Der Kick-off für die Initiative findet zwischen 20. und 30. Jänner statt – an diesen Tagen beschäftigen sich zahlreiche Ö1-Sendungen mit dem Themenfeld.
Am 20. Jänner startet auch das „Casting neuer Ideen”. Gesucht werden Projekte wie Podcasts, Blogs, Sharing-Initiativen, Geschäftsideen oder Apps, die sich Themen wie Klimaschutz, Armutsbekämpfung, Ernährung oder Lifestyle widmen. Auf einer multimedialen Plattform können sich die Initiativen vernetzen und präsentieren. So soll eine „Landkarte der Innovation” entstehen, erklärte Bernhofer. Eine Jury wählt 20 Projekte aus, die im Herbst zum „Markt der Zukunft”, einem mehrtägigen „Innovationsfestival” im Rahmen des Grazer Kulturjahres, eingeladen werden.
Man versuche nicht, ein Jugendsender zu werden, versicherte Bernhofer, wolle aber die Türen für ein jüngeres Publikum öffnen. „Wir sind überzeugt, dass die Themen, die wir im Programm haben, auch für weitere, jüngere Publikumsschichten sehr interessant sind, die wir noch besser erreichen wollen, als wir es bisher getan haben.”
Das soll auch durch den neuen Jugendclub „Ö1 intro” für alle Hörerinnen und Hörer unter 30 Jahren gelingen, mit dem Mitglieder unter anderem analog zum Ö1-Club Ermäßigungen bei Kulturpartnern erhalten. Ab 26. Jänner gibt es außerdem jeden Sonntag um 17:55 Uhr eine eigene „Ö1 intro”-Sendung, in der Kulturtipps für junge Menschen präsentiert werden.
Ein weiteres „Herzensprojekt”, das im ersten Halbjahr 2020 startet, ist das „Ö1 Botanikum”. Anlässlich des Jahrs der Pflanzengesundheit richtet der Sender den Blick auf den Umgang mit pflanzlichen Ressourcen, die Kulturgeschichte von Pflanzen und will „ohne erhobenen Zeigefinger” Impulse für eine klimabewusste Ernährungsweise leisten. Der Schwerpunkt soll online als anwachsendes „Ö1 Dossier” gestaltet werden, außerdem werden im Mai die „Ö1 Gartentage” veranstaltet. Auch auf neue digitale Ausspielwege – zum einen will der Sender verstärkt auf Podcasts setzen, zum anderen Radioinhalte für den geplanten ORF-Player produzieren – will Bernhofer einen Fokus legen und erhofft sich hier durch die neue Regierung mehr Möglichkeiten. Er wünscht sich, „die Programmstärken, die wir haben, über alle möglichen Ausspielwege zeitversetzt und multimedial aufbereitet an unser Publikum zu bringen”.
Ein weiterer Wunsch des Ö1-Chefs ist bereits im türkis-grünen Regierungsprogramm verankert – nämlich die Möglichkeit, das ORF-Archiv der Bevölkerung zugänglich zu machen. Er hofft auf gesetzliche Änderungen, die es erlauben, Archivcontent mit aktuellen Inhalten zu verknüpfen und länger anzubieten. „Ich bezeichne mich gern – auch ein bisschen selbstironisch – als Medienoptimist, insofern bin ich zuversichtlich”, sagte Bernhofer.
Vor dem Umzug
Bernhofer wird auch den Standortwechsel von der Stadt hinauf auf den Küniglberg organisieren. Denn 2022 soll Ö1 vom Funkhaus in der Argentinierstraße ins ORF-Zentrum übersiedeln; für den Radiosender wird dort ein eigenes Haus errichtet. „Wir sehen dem pragmatisch-optimistisch entgegen”, sagte Bernhofer. Die Nachbarschaft zu den anderen ORF-Abteilungen biete die Möglichkeit, multimedial gut zusammenzuarbeiten. „Also es stecken durchaus kreative Potenziale darin.” (APA/fej)