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sabine bretschneider 04.05.2018

Wurden der DSGVO die Zähne gezogen?

„Nein” sagt Robert Bodenstein, Obmann der ­Bundessparte ­Information und Consulting in der ­Wirtschaftskammer. Eine Analyse.

••• Von Sabine Bretschneider

Kurz vor Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung, (DSGVO) beschloss eine Mehrheit von ÖVP- und FPÖ-Mandataren im Nationalrat noch eine Entschärfung der Verfolgung im Fall von Verstößen.

Das „Datenschutz-Deregulierungs-Gesetz 2018” sieht vor, dass viele Strafen – anders als bisher kommuniziert – erst bei wiederholtem Verstoß schlagend werden. Die Datenschutzbehörde soll im Ernstfall vielmehr zuallererst nur eine Verwarnung aussprechen. Öffentliche und – hier beginnt es diffus zu werden – „privatrechtlich agierende Stellen mit gesetzlichem Auftrag” sind zudem von Geldbußen ausgenommen.

Spielraum gestattet

Auch für Unternehmen oder Organisationen wurde das Gesetz entschärft. Die Behörde wird den Strafkatalog der EU-DSGVO „so zur Anwendung bringen, dass die Verhältnismäßigkeit gewahrt wird”, heißt es im finalen Text.

Grundsätzlich gilt: Die EU-­DSGVO ist eine Verordnung, keine Richtlinie. Ihr Gerüst gilt für alle EU-Staaten, nur Spielräume sind den Ländern gestattet. Wurden der EU-DSGVO in Österreich nun also bereits die Zähne gezogen, wie Datenschützer befürchten?

„Kritik und Panikmache”

Als „Black Friday” der Privatsphäre bezeichnete Hans Zeger, Obmann der ARGE Daten, den 20. April als Publikationsdatum der DSGVO-Novelle. Österreich verliere damit „immer mehr sowohl den Anschluss an eine grundrechtskonforme Gesellschaft, als auch an die Herausforderungen der Informationsgesellschaft”.

Robert Bodenstein, Obmann der Bundessparte Information und Consulting in der Wirtschaftskammer (WKO), kann die Aufregung nicht nachvollziehen. „Dem muss ich deutlich widersprechen”, sagt Bodenstein. „Unsachliche Kritik und Panikmache führt nur zur Verunsicherung der Unternehmerschaft.”
Bei einem Pressegespräch am gestrigen Donnerstag bestätigte Bodenstein seine positive Einschätzung der DSGVO-Novelle. Mitnichten habe man die Verordnung „weichgespült”. Sie diene vielmehr einer „Klarstellung”. Die österreichische Wirtschaft sei derzeit „in den letzten Metern, bis alle Hausaufgaben erfüllt sein müssen” – und die Novelle zum Datenschutzgesetz bringe „rechtzeitig notwendige Klarstellungen, die die Rechtssicherheit in der komplexen Sachmaterie Datenschutz wesentlich verbessern”.
„Beraten statt strafen” stehe als wesentlicher Grundsatz im Mittelpunkt – und das sei auch gut so. Viele Details müssten erst in der Praxis „gelebt” und interpretiert werden. Bodenstein: „Die erfolgten Klarstellungen wie eben der Grundsatz ‚beraten statt strafen' befreit die Betriebe nicht von ihren Verpflichtungen. Es wurden einige Klarstellungen aufgenommen und Spielräume genutzt, die Basics und die Spielregeln gibt nach wie vor die DSGVO vor und die haben sich auch nicht geändert.”
So könne ein Tischler wohl argumentieren, dass er projektbezogene Kundendaten – etwa die Beschaffenheit von gelieferten Küchenmöbeln – 20 Jahre aufbewahrt, um langfristige Kundennachfragen beantworten zu können; das Geburtsdatum der Ehefrau müsse aber nicht im Akt sein. Ein Hotel habe hingegen wohl wenig Anlass, Kundendaten so lange zu bewahren.

Angleichung für NGOs …

Durch die Novelle gebe es jetzt auch eine Angleichung an EU-Recht bei den Klagsrechten für Nichtregierungsorganisationen: Sie dürften sehr wohl bei Datenschutzverletzungen klagen, aber nicht aus eigenem Antrieb; sie brauchen zumindest eine betroffene Person, die sich geschädigt fühlt. Und die dritte Veränderung durch die Novelle helfe Journalisten: Klargestellt wurde, dass Journalisten Daten über Personen speichern dürfen, über die sie gerade recherchieren: „Redaktionsgeheimnis sticht DSGVO”, so Bodenstein.

… und Sicherheit für Medien

„Mit dem Datenschutz-Anpassungsgesetz schafft die Bundesregierung Rechtssicherheit für Medien und setzt damit eine nachhaltige Maßnahme zur Stärkung der Presse- und Medienfreiheit”, reagierte VÖZ-Präsident Thomas Kralinger auf die Kompromisslösung zwischen Datenschutz einerseits und Medien- und Meinungsäußerungsfreiheit andererseits. Gerade „angesichts der aktuell aufgeheizten medienpolitischen Debatte” sei es ein „wichtiges und äußerst positives Signal”.

Ohne die geplanten Anpassungen hätte die DSGVO auch zu erheblichen Problemen für investi­gativen Journalismus geführt. Kralinger: „Der VÖZ hat stets davor gewarnt, dass unter dem Deckmantel des Datenschutzes eine Metternich-Medienbehörde entstehen könnte.” (sb/APA)

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