PRIMENEWS
sabine bretschneider 09.06.2015

Die neugierigen großen Brüder


Die Datensammelwut treibt skurril leuchtende Blüten: Jetzt spricht sich ausgerechnet der Apple-CEO dagegen aus, die Privatsphäre kaufmännisch zu missbrauchen.

Stopp Apple-Chef Tim Cook habe sich kürzlich vehement gegen die rasant zunehmende Datensammelwut ausgesprochen, berichtet „The Verge”, ein US-amerikanisches Technikportal und Mediennetzwerk („Tim Cook: Silicon Valley's most successful companies are selling you out”). Es gehe nicht an, so Cook, strikt persönliche Daten der Konsumenten gegen ein bisschen Convenience eintauschen zu wollen … Wer je versucht hat, ein „Vögel-gegen-Schweinchen”-Game oder Ähnliches upzudaten, wundert sich ohnehin, warum Spiele-Apps Zugriff auf die gesamte auf dem Mobiltelefon gespeicherte menschliche Historie brauchen, um einen Weihnachts-Level zu installieren.

Egal. Cook jedenfalls sprach bei einem Dinner in Washington, DC, davon, dass unser aller Privatsphäre „an multiplen Fronten attackiert” werde. O-Ton: „I'm speaking to you from Silicon Valley, where some of the most prominent and successful companies have built their businesses by lulling their customers into complacency about their personal information.” Das jedenfalls sei nicht das Geschäftsmodell, das Apple vorschwebe. Und das ist wiederum eigenartig, bietet doch Apple selbst mit „iAds” ein Service an, das in iOS-Apps und per iTunes-Radio Unternehmen ermöglicht, Kunden gezielt dahingehend zu addressieren, als deren E-Mail-Adressen und Telefonnummern mit diversen anderen Daten, die Marketern zur Verfugung stehen, abge­glichen werden.
„Mit deinen exklusiven Analyse- und Segmentierungstools bringst du deine Botschaft an die richtigen Menschen”, heißt es offiziell in der Beschreibung der firmeneigenen Werbeplattform. Und: „Weltweit gibt es Hunderte Millionen iTunes Accounts, die alle überprüft und mit Zahlungsmethoden verknüpft sind. Ob dein Zielpublikum also aus Müttern oder Geschäftsreisenden besteht: Wir haben die passende Werbekampagne für dich.” Das klingt, ganz ohne Hohn und Bosheit, nicht nach Datenschutz und hehren Zielen … Recherchiert man allerdings die Reaktionen der werbetreibenden Wirtschaft, so gibt es tatsächlich mehr Kritik als Applaus: Man bemängelt Datengeiz und ungenutzte Potenziale der „reich gefüllten Schatztruhe für Marktforschungszwecke”. Die Frage, die sich faszinierenderweise jetzt stellt, ist: Macht der erfolgsverwöhnte Konzern ausgerechnet bei diesem lukrativen Businesszweig etwas falsch – oder ist das tatsächlich Absicht? Zeichen und Wunder …

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