Zürich/Wien. Wissenschaftler des IBM Thomas J. Watson Research Centers haben erfolgreich einen Schaltkreis aus vier, in einem quadratischen Gitter angeordneten Quantenbits entwickelt. Dieser entspricht der kleinsten vollständigen Einheit eines skalierbaren Quantencomputers mit Quantenfehlerkorrektur. Die Rechenleis-tung von Quantencomputern eröffnet viele neue Möglichkeiten, um hochkomplexe Optimierungs- und Simulationsprobleme zu lösen, die heute mit keinem Supercomputer berechenbar sind. Könnte man einen Quantencomputer mit nur 50 logischen Qubits bauen, so gäbe es keine Kombination aus Superrechnern der gegenwärtigen Top500-Liste, die dessen Rechenleistung nachahmen könnte. Logische Qubits sind durch Quantenfehler-korrektur frei von Dekohärenz und werden durch mehrere physikalische Qubits codiert.
Fehlerbeseitigungstechnik
„Quantencomputer haben das Potenzial, die computergestützten Wissenschaften zu transformieren”, sagt Arvind Krishna, Direktor von IBM Research. „Sie werden üblicherweise für die Kryptografie erforscht. Wir sehen jedoch auch ein bedeutendes Einsatzgebiet darin, bisher nicht lösbare Problemstellungen in der Physik oder Quantenchemie zu bearbeiten. Dies könnte etwa der Materialforschung oder Medikamentenentwicklung völlig neue Möglichkeiten eröffnen.” Eine der größten Herausforderungen bei der Realisierung von Quantencomputern ist die Kontrolle oder Beseitigung der Dekohärenz, die zu Rechenfehlern führt. Diese können z.B. durch Wärme, elektromagnetische Strahlung oder Störstellen im Material verursacht werden. Solche Fehler sind in der Quantenmechanik besonders gravierend, da Quanteninformationen sehr fragil sind. Um Bit-Flip- und Phase-Flip-Fehler gleichzeitig zu erkennen, haben die IBM-Wissenschaftler vier supraleitende Quantenbits (Qubits) in einem quadratischen Gitter auf einem rund ein Quadratzentimeter großen Chip verbunden. Dabei bildet die Anordnung in einem Viereck eine wichtige Neuerung, da eine lineare Kette von Qubits die gleichzeitige Detektion beider Quantenfehler-arten verhindert.
Grundlegende Zustände
Die grundlegendste Information, die ein Computer versteht, ist das Bit. Vergleichbar mit einem Lichtschalter, der ein- und ausgeschaltet werden kann, hat ein Bit die zwei Zustände 1 oder 0. Ein Quantenbit kann ebenfalls 1 oder 0, aber auch beide Zustände gleichzeitig annehmen. Dies wird als Superposition oder als 0+1 bezeichnet. Diese Superpositions-eigenschaft ermöglicht dem Quantencomputer, die richtige Lösung unter Millionen von Möglichkeiten viel schneller als konventionelle Computer herauszusuchen. Da das direkte Auslesen des Zustands eines Qubits diesen zerstört, verwendeten die Wissenschaftler zwei unterschiedliche Hilfsqubits, um zu bestimmen, ob zwei benachbarte Daten-Qubits identisch sind oder ein Fehler aufgetreten ist. Hierbei zeigt eines der Syndrom-Qubits an, ob ein Bit-Flip-Fehler in den Daten-Qubits auftgetreten ist, während das andere Syndrom-Qubit anzeigt, ob ein Phase-Flip-Fehler vorliegt. „Die gleichzeitige Bestimmung beider Fehler in den Daten-Qubits ist ein richtungsweisender Schritt für die Quantenfehlerkorrektur”, sagt Krishna.
Da zur Herstellung der Qubits Silizium-Halbleitertechnologie genutzt wird, geht IBM davon aus, dass, sobald einige supraleitende Qubits verlässlich und in größerer Zahl gefertigt werden können, keine grundlegenden Hindernisse mehr bestehen, um die Fehlerkorrektur in einem größeren Gitter aus Qubits zu demonstrieren.